Vater machte, war ein guter. Er hatte sich einen excentrischen jungen Mann gedacht, laut und viel sprechend, wie ihm die jungen Männer von der Schule geschildert worden, zu der er gehören sollte. Aber er war von bescheidenem, ernstem, gehaltenem Wesen. An seinem Benehmen sah man, daß er die Welt kannte. Seine Anrede war bestimmt, fest und kurz. Auch der Mutter mißfiel er nicht, aber die Frau Kriegsräthin glaubte sich doch einem solchen bloßen Privatlehrer gegenüber ein Air geben zu müssen, und sie fragte ihn, womit er seine Lectionen anzufan¬ gen denke?
"Dazu gehört, daß ich meine künftige Schülerin kenne," entgegnete er, die Handschuhe leicht in den Hut werfend, um den Stuhl einzunehmen, den der Vater ihm präsentirt.
Aber die Schülerin präsentirte sich schon selbst. Adelheid, die bei seinem Eintritt abwärts gestan¬ den, war unbefangen vorgetreten, und ohne die Vorstellung der Mutter abzuwarten, sprach sie, sich leicht neigend: "Ihre Schülerin ist schon hier, ich bin es."
Die Mutter wunderte sich über die plötzliche Dreistigkeit ihrer Tochter; aber sie bemerkte, daß der Lehrer erschrak. Er wich einen halben Schritt zurück und erröthete. Adelheid meinte später, die Mutter könne sich wohl getäuscht haben, da es schon anfing dunkel zu werden. Als die Jette das Licht gebracht, setzte man sich, und Herr van Asten schien so unbe¬
Vater machte, war ein guter. Er hatte ſich einen excentriſchen jungen Mann gedacht, laut und viel ſprechend, wie ihm die jungen Männer von der Schule geſchildert worden, zu der er gehören ſollte. Aber er war von beſcheidenem, ernſtem, gehaltenem Weſen. An ſeinem Benehmen ſah man, daß er die Welt kannte. Seine Anrede war beſtimmt, feſt und kurz. Auch der Mutter mißfiel er nicht, aber die Frau Kriegsräthin glaubte ſich doch einem ſolchen bloßen Privatlehrer gegenüber ein Air geben zu müſſen, und ſie fragte ihn, womit er ſeine Lectionen anzufan¬ gen denke?
„Dazu gehört, daß ich meine künftige Schülerin kenne,“ entgegnete er, die Handſchuhe leicht in den Hut werfend, um den Stuhl einzunehmen, den der Vater ihm präſentirt.
Aber die Schülerin präſentirte ſich ſchon ſelbſt. Adelheid, die bei ſeinem Eintritt abwärts geſtan¬ den, war unbefangen vorgetreten, und ohne die Vorſtellung der Mutter abzuwarten, ſprach ſie, ſich leicht neigend: „Ihre Schülerin iſt ſchon hier, ich bin es.“
Die Mutter wunderte ſich über die plötzliche Dreiſtigkeit ihrer Tochter; aber ſie bemerkte, daß der Lehrer erſchrak. Er wich einen halben Schritt zurück und erröthete. Adelheid meinte ſpäter, die Mutter könne ſich wohl getäuſcht haben, da es ſchon anfing dunkel zu werden. Als die Jette das Licht gebracht, ſetzte man ſich, und Herr van Aſten ſchien ſo unbe¬
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Vater machte, war ein guter. Er hatte ſich einen
excentriſchen jungen Mann gedacht, laut und viel
ſprechend, wie ihm die jungen Männer von der Schule
geſchildert worden, zu der er gehören ſollte. Aber
er war von beſcheidenem, ernſtem, gehaltenem Weſen.
An ſeinem Benehmen ſah man, daß er die Welt
kannte. Seine Anrede war beſtimmt, feſt und kurz.
Auch der Mutter mißfiel er nicht, aber die Frau
Kriegsräthin glaubte ſich doch einem ſolchen bloßen
Privatlehrer gegenüber ein Air geben zu müſſen, und
ſie fragte ihn, womit er ſeine Lectionen anzufan¬
gen denke?
„Dazu gehört, daß ich meine künftige Schülerin
kenne,“ entgegnete er, die Handſchuhe leicht in den
Hut werfend, um den Stuhl einzunehmen, den der
Vater ihm präſentirt.
Aber die Schülerin präſentirte ſich ſchon ſelbſt.
Adelheid, die bei ſeinem Eintritt abwärts geſtan¬
den, war unbefangen vorgetreten, und ohne die
Vorſtellung der Mutter abzuwarten, ſprach ſie, ſich
leicht neigend: „Ihre Schülerin iſt ſchon hier, ich
bin es.“
Die Mutter wunderte ſich über die plötzliche
Dreiſtigkeit ihrer Tochter; aber ſie bemerkte, daß der
Lehrer erſchrak. Er wich einen halben Schritt zurück
und erröthete. Adelheid meinte ſpäter, die Mutter
könne ſich wohl getäuſcht haben, da es ſchon anfing
dunkel zu werden. Als die Jette das Licht gebracht,
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/221>, abgerufen am 24.11.2024.
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