Jugend und Tugend. "Um Gottes Willen, Frau Obristin, jetzt keine Sylbe, sonst bricht es los."
Es schien aber schon jetzt loszubrechen, wenn auch nicht in Worten, als er den Hut aufstülpte, den Rock zuknöpfte und rief: "Nun, marsch nach Haus!"
Wir sehn die Familie auf dem Marsche. Es hatte jeder seine eignen Gedanken, darum war es heut Abend so still als es an manchem laut gewesen. Vergnügt war eigentlich nur die Kriegsräthin. Sie baute Schlösser in die Zukunft, und war ihr Wunsch nicht erfüllt, als ihr Mann der Obristin die Hand gedrückt und gesagt hatte: "Sie sind eine brave und praktische Frau. Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben." Eigentlich war das etwas un¬ schicklich zu einer so vornehmen Frau gesprochen, aber sie hatte es nicht übel genommen. Sie hatte die Hoffnung auf nähere Bekanntschaft ausgesprochen, aber nicht in der ordinairen Weise, daß sie gleich zum Kaffee gebeten, sondern sie hatte gesagt, das würde sich ja schon alles finden und der liebe Gott es fügen, daß die zusammen kämen, die zusammen gehörten. Aber beim Abschied -- denn sie wollte noch am Krug vorfahren und einen Blick hinein thun, weil sie Freunde ihres Mannes unter den Officieren zu sehen geglaubt -- hatte sie noch von dem rothen Umschlagetuch aus Malaya ein Wort fallen lassen, und daß sie nur wünsche, daß die Mamsell Adelheid es einmal um die Schultern nehme. Das Tuch
Jugend und Tugend. „Um Gottes Willen, Frau Obriſtin, jetzt keine Sylbe, ſonſt bricht es los.“
Es ſchien aber ſchon jetzt loszubrechen, wenn auch nicht in Worten, als er den Hut aufſtülpte, den Rock zuknöpfte und rief: „Nun, marſch nach Haus!“
Wir ſehn die Familie auf dem Marſche. Es hatte jeder ſeine eignen Gedanken, darum war es heut Abend ſo ſtill als es an manchem laut geweſen. Vergnügt war eigentlich nur die Kriegsräthin. Sie baute Schlöſſer in die Zukunft, und war ihr Wunſch nicht erfüllt, als ihr Mann der Obriſtin die Hand gedrückt und geſagt hatte: „Sie ſind eine brave und praktiſche Frau. Ich freue mich, Ihre Bekanntſchaft gemacht zu haben.“ Eigentlich war das etwas un¬ ſchicklich zu einer ſo vornehmen Frau geſprochen, aber ſie hatte es nicht übel genommen. Sie hatte die Hoffnung auf nähere Bekanntſchaft ausgeſprochen, aber nicht in der ordinairen Weiſe, daß ſie gleich zum Kaffee gebeten, ſondern ſie hatte geſagt, das würde ſich ja ſchon alles finden und der liebe Gott es fügen, daß die zuſammen kämen, die zuſammen gehörten. Aber beim Abſchied — denn ſie wollte noch am Krug vorfahren und einen Blick hinein thun, weil ſie Freunde ihres Mannes unter den Officieren zu ſehen geglaubt — hatte ſie noch von dem rothen Umſchlagetuch aus Malaya ein Wort fallen laſſen, und daß ſie nur wünſche, daß die Mamſell Adelheid es einmal um die Schultern nehme. Das Tuch
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Jugend und Tugend. „Um Gottes Willen, Frau
Obriſtin, jetzt keine Sylbe, ſonſt bricht es los.“
Es ſchien aber ſchon jetzt loszubrechen, wenn
auch nicht in Worten, als er den Hut aufſtülpte,
den Rock zuknöpfte und rief: „Nun, marſch nach
Haus!“
Wir ſehn die Familie auf dem Marſche. Es
hatte jeder ſeine eignen Gedanken, darum war es
heut Abend ſo ſtill als es an manchem laut geweſen.
Vergnügt war eigentlich nur die Kriegsräthin. Sie
baute Schlöſſer in die Zukunft, und war ihr Wunſch
nicht erfüllt, als ihr Mann der Obriſtin die Hand
gedrückt und geſagt hatte: „Sie ſind eine brave und
praktiſche Frau. Ich freue mich, Ihre Bekanntſchaft
gemacht zu haben.“ Eigentlich war das etwas un¬
ſchicklich zu einer ſo vornehmen Frau geſprochen, aber
ſie hatte es nicht übel genommen. Sie hatte die
Hoffnung auf nähere Bekanntſchaft ausgeſprochen,
aber nicht in der ordinairen Weiſe, daß ſie gleich
zum Kaffee gebeten, ſondern ſie hatte geſagt, das
würde ſich ja ſchon alles finden und der liebe Gott
es fügen, daß die zuſammen kämen, die zuſammen
gehörten. Aber beim Abſchied — denn ſie wollte noch
am Krug vorfahren und einen Blick hinein thun,
weil ſie Freunde ihres Mannes unter den Officieren
zu ſehen geglaubt — hatte ſie noch von dem rothen
Umſchlagetuch aus Malaya ein Wort fallen laſſen,
und daß ſie nur wünſche, daß die Mamſell Adelheid
es einmal um die Schultern nehme. Das Tuch
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/206>, abgerufen am 24.11.2024.
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