Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

kaufen. Das kostet auch Geld. Und das Ballkleid
und die Blumen und Schleifen. Lumpig will man
das Fleisch von seinem Fleische auch nicht gehn lassen.
Und beißt ein junger Herr an, da muß man Gesell¬
schaften geben, Spazierfahrten, wieder neue Kleider.
Kostet alles Geld. Und dann kommen die Ver¬
wandten, und erkundigen sich unter der Hand nach
der Aussteuer und Mitgift. Nu bitt ich Sie, von
seinen achthundert Thalern, oder zwölfhundert Tha¬
lern, oder kommts hoch fünfzehnhundert, soll er eine
Mitgift gespart haben! Ein guter Vater muß ja
alle seine Kinder ernähren. Und nun heirathen sie
sich. Pure Liebe heißt es. O ja, aber Schmalhans
ist Küchenmeister. Und nun kommen Kinder, eins
übers andere, und wollen getauft sein. Da kommt
die junge Frau zur Frau Mama und weint ihr das
Herz voll, und die Frau Mama weint dem Vater
das Herz voll. Geld soll er schaffen. Ja wovon!
Die andern Töchter sind auch 'ran gewachsen. Die
haben auch Sponsaden, möchten auch unter die Haube.
'Ne Haube kostet noch nicht alle Welt, aber das andre.
Na, ich sage doch, ein Vater mit vielen Töchtern und
'nem knappen Einkommen, das ist erschrecklich. Da
ist doch besser, er bringt sie unter, gute Menschen¬
herzen schlagen überall, und wer weiß, was den
Kindern da blüht, daß der Vater nicht mehr nöthig
hat für sie zu sorgen. 'S ist manche vornehm ge¬
worden, und hat ein schönes Sort gemacht, und am
Ende sich noch sehr anständig verheirathet, die ihr

kaufen. Das koſtet auch Geld. Und das Ballkleid
und die Blumen und Schleifen. Lumpig will man
das Fleiſch von ſeinem Fleiſche auch nicht gehn laſſen.
Und beißt ein junger Herr an, da muß man Geſell¬
ſchaften geben, Spazierfahrten, wieder neue Kleider.
Koſtet alles Geld. Und dann kommen die Ver¬
wandten, und erkundigen ſich unter der Hand nach
der Ausſteuer und Mitgift. Nu bitt ich Sie, von
ſeinen achthundert Thalern, oder zwölfhundert Tha¬
lern, oder kommts hoch fünfzehnhundert, ſoll er eine
Mitgift geſpart haben! Ein guter Vater muß ja
alle ſeine Kinder ernähren. Und nun heirathen ſie
ſich. Pure Liebe heißt es. O ja, aber Schmalhans
iſt Küchenmeiſter. Und nun kommen Kinder, eins
übers andere, und wollen getauft ſein. Da kommt
die junge Frau zur Frau Mama und weint ihr das
Herz voll, und die Frau Mama weint dem Vater
das Herz voll. Geld ſoll er ſchaffen. Ja wovon!
Die andern Töchter ſind auch 'ran gewachſen. Die
haben auch Sponſaden, möchten auch unter die Haube.
'Ne Haube koſtet noch nicht alle Welt, aber das andre.
Na, ich ſage doch, ein Vater mit vielen Töchtern und
'nem knappen Einkommen, das iſt erſchrecklich. Da
iſt doch beſſer, er bringt ſie unter, gute Menſchen¬
herzen ſchlagen überall, und wer weiß, was den
Kindern da blüht, daß der Vater nicht mehr nöthig
hat für ſie zu ſorgen. 'S iſt manche vornehm ge¬
worden, und hat ein ſchönes Sort gemacht, und am
Ende ſich noch ſehr anſtändig verheirathet, die ihr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0203" n="189"/>
kaufen. Das ko&#x017F;tet auch Geld. Und das Ballkleid<lb/>
und die Blumen und Schleifen. Lumpig will man<lb/>
das Flei&#x017F;ch von &#x017F;einem Flei&#x017F;che auch nicht gehn la&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Und beißt ein junger Herr an, da muß man Ge&#x017F;ell¬<lb/>
&#x017F;chaften geben, Spazierfahrten, wieder neue Kleider.<lb/>
Ko&#x017F;tet alles Geld. Und dann kommen die Ver¬<lb/>
wandten, und erkundigen &#x017F;ich unter der Hand nach<lb/>
der Aus&#x017F;teuer und Mitgift. Nu bitt ich Sie, von<lb/>
&#x017F;einen achthundert Thalern, oder zwölfhundert Tha¬<lb/>
lern, oder kommts hoch fünfzehnhundert, &#x017F;oll er eine<lb/>
Mitgift ge&#x017F;part haben! Ein guter Vater muß ja<lb/>
alle &#x017F;eine Kinder ernähren. Und nun heirathen &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich. Pure Liebe heißt es. O ja, aber Schmalhans<lb/>
i&#x017F;t Küchenmei&#x017F;ter. Und nun kommen Kinder, <choice><sic>e ins</sic><corr>eins</corr></choice><lb/>
übers andere, und wollen getauft &#x017F;ein. Da kommt<lb/>
die junge Frau zur Frau Mama und weint ihr das<lb/>
Herz voll, und die Frau Mama weint dem Vater<lb/>
das Herz voll. Geld &#x017F;oll er &#x017F;chaffen. Ja wovon!<lb/>
Die andern Töchter &#x017F;ind auch 'ran gewach&#x017F;en. Die<lb/>
haben auch Spon&#x017F;aden, möchten auch unter die Haube.<lb/>
'Ne Haube ko&#x017F;tet noch nicht alle Welt, aber das andre.<lb/>
Na, ich &#x017F;age doch, ein Vater mit vielen Töchtern und<lb/>
'nem knappen Einkommen, das i&#x017F;t er&#x017F;chrecklich. Da<lb/>
i&#x017F;t doch be&#x017F;&#x017F;er, er bringt &#x017F;ie unter, gute Men&#x017F;chen¬<lb/>
herzen &#x017F;chlagen überall, und wer weiß, was den<lb/>
Kindern da blüht, daß der Vater nicht mehr nöthig<lb/>
hat für &#x017F;ie zu &#x017F;orgen. 'S i&#x017F;t manche vornehm ge¬<lb/>
worden, und hat ein &#x017F;chönes Sort gemacht, und am<lb/>
Ende &#x017F;ich noch &#x017F;ehr an&#x017F;tändig verheirathet, die ihr<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[189/0203] kaufen. Das koſtet auch Geld. Und das Ballkleid und die Blumen und Schleifen. Lumpig will man das Fleiſch von ſeinem Fleiſche auch nicht gehn laſſen. Und beißt ein junger Herr an, da muß man Geſell¬ ſchaften geben, Spazierfahrten, wieder neue Kleider. Koſtet alles Geld. Und dann kommen die Ver¬ wandten, und erkundigen ſich unter der Hand nach der Ausſteuer und Mitgift. Nu bitt ich Sie, von ſeinen achthundert Thalern, oder zwölfhundert Tha¬ lern, oder kommts hoch fünfzehnhundert, ſoll er eine Mitgift geſpart haben! Ein guter Vater muß ja alle ſeine Kinder ernähren. Und nun heirathen ſie ſich. Pure Liebe heißt es. O ja, aber Schmalhans iſt Küchenmeiſter. Und nun kommen Kinder, eins übers andere, und wollen getauft ſein. Da kommt die junge Frau zur Frau Mama und weint ihr das Herz voll, und die Frau Mama weint dem Vater das Herz voll. Geld ſoll er ſchaffen. Ja wovon! Die andern Töchter ſind auch 'ran gewachſen. Die haben auch Sponſaden, möchten auch unter die Haube. 'Ne Haube koſtet noch nicht alle Welt, aber das andre. Na, ich ſage doch, ein Vater mit vielen Töchtern und 'nem knappen Einkommen, das iſt erſchrecklich. Da iſt doch beſſer, er bringt ſie unter, gute Menſchen¬ herzen ſchlagen überall, und wer weiß, was den Kindern da blüht, daß der Vater nicht mehr nöthig hat für ſie zu ſorgen. 'S iſt manche vornehm ge¬ worden, und hat ein ſchönes Sort gemacht, und am Ende ſich noch ſehr anſtändig verheirathet, die ihr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/203
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/203>, abgerufen am 24.11.2024.