ausgegossen lag, und drückte die Hand der Königin an ihre Lippen.
"Herr Gott, rief die Königin, Du küssest mir die Hand, und ich glaube gar Du weinst." Sie zog erschrocken die Hand zurück.
Die Nußbraune lachte auf: "Die Jülli ist immer närrisch, und ich bin immer lustig. So sind wir, wir bleiben aber doch gute Freunde. Nicht wahr?"
"So wollen wir's alle drei sein, sagte die Kö¬ nigin. Ich komme mir nur so dumm unter Euch vor, Ihr seid in Leipzig gewesen. Das will mir gar nicht aus dem Kopf. Und Euer Onkel ist ein vornehmer Officier und gar in Indien. So was hätte ich in meinem Leben nicht geträumt."
Die Schwarzbraune schüttelte den Kopf: "Der ist nicht mein Onkel."
"Na, meiner auch nicht," lachte die Nußbraune.
Die Elfenkönigin bat die Gespielinnen nun ihr Wort zu halten und ihr recht viel, so viel sie könnten, von Leipzig zu erzählen. Die Nußbraune hatte auch Lust dazu, nur brachte sie die Herrlichkeiten, die sie gesehen, etwas confus heraus, und man wußte oft nicht, ob sie von den Menschen oder den Waaren sprach. Aber alles war herrlich dort gewesen, die Affen und die Seiltänzer, die Komödianten und die Buden auf den Straßen. Ueber die Griechen und die polnischen Juden und die Türken hätte sie sich bucklicht lachen mögen, und vor ihren langen Bärten hätte sie sich zuerst grausam gefürchtet, aber dann
I. 12
ausgegoſſen lag, und drückte die Hand der Königin an ihre Lippen.
„Herr Gott, rief die Königin, Du küſſeſt mir die Hand, und ich glaube gar Du weinſt.“ Sie zog erſchrocken die Hand zurück.
Die Nußbraune lachte auf: „Die Jülli iſt immer närriſch, und ich bin immer luſtig. So ſind wir, wir bleiben aber doch gute Freunde. Nicht wahr?“
„So wollen wir's alle drei ſein, ſagte die Kö¬ nigin. Ich komme mir nur ſo dumm unter Euch vor, Ihr ſeid in Leipzig geweſen. Das will mir gar nicht aus dem Kopf. Und Euer Onkel iſt ein vornehmer Officier und gar in Indien. So was hätte ich in meinem Leben nicht geträumt.“
Die Schwarzbraune ſchüttelte den Kopf: „Der iſt nicht mein Onkel.“
„Na, meiner auch nicht,“ lachte die Nußbraune.
Die Elfenkönigin bat die Geſpielinnen nun ihr Wort zu halten und ihr recht viel, ſo viel ſie könnten, von Leipzig zu erzählen. Die Nußbraune hatte auch Luſt dazu, nur brachte ſie die Herrlichkeiten, die ſie geſehen, etwas confus heraus, und man wußte oft nicht, ob ſie von den Menſchen oder den Waaren ſprach. Aber alles war herrlich dort geweſen, die Affen und die Seiltänzer, die Komödianten und die Buden auf den Straßen. Ueber die Griechen und die polniſchen Juden und die Türken hätte ſie ſich bucklicht lachen mögen, und vor ihren langen Bärten hätte ſie ſich zuerſt grauſam gefürchtet, aber dann
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ausgegoſſen lag, und drückte die Hand der Königin
an ihre Lippen.
„Herr Gott, rief die Königin, Du küſſeſt mir
die Hand, und ich glaube gar Du weinſt.“ Sie zog
erſchrocken die Hand zurück.
Die Nußbraune lachte auf: „Die Jülli iſt immer
närriſch, und ich bin immer luſtig. So ſind wir,
wir bleiben aber doch gute Freunde. Nicht wahr?“
„So wollen wir's alle drei ſein, ſagte die Kö¬
nigin. Ich komme mir nur ſo dumm unter Euch
vor, Ihr ſeid in Leipzig geweſen. Das will mir
gar nicht aus dem Kopf. Und Euer Onkel iſt ein
vornehmer Officier und gar in Indien. So was
hätte ich in meinem Leben nicht geträumt.“
Die Schwarzbraune ſchüttelte den Kopf: „Der
iſt nicht mein Onkel.“
„Na, meiner auch nicht,“ lachte die Nußbraune.
Die Elfenkönigin bat die Geſpielinnen nun ihr
Wort zu halten und ihr recht viel, ſo viel ſie könnten,
von Leipzig zu erzählen. Die Nußbraune hatte auch
Luſt dazu, nur brachte ſie die Herrlichkeiten, die ſie
geſehen, etwas confus heraus, und man wußte oft
nicht, ob ſie von den Menſchen oder den Waaren
ſprach. Aber alles war herrlich dort geweſen, die
Affen und die Seiltänzer, die Komödianten und die
Buden auf den Straßen. Ueber die Griechen und
die polniſchen Juden und die Türken hätte ſie ſich
bucklicht lachen mögen, und vor ihren langen Bärten
hätte ſie ſich zuerſt grauſam gefürchtet, aber dann
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/191>, abgerufen am 01.08.2024.
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