einer nur von fern sich blicken läßt, wenn Ihr ihnen offen entgegenträtet, ein ernst Wort mit ihnen sprächet, so würdet Ihr manches anders finden, als Ihr denket. Sie sind auch Menschen, aber wenn Ihr sie nur als Vogelscheuche betrachtet, das macht sie wild und boshaft."
"Aber Du giebst mir doch recht, daß man ein jung Frauenzimmer vor den Officieren wahren muß. Vor allem eins, das noch unerfahren ist?"
"Da schlägst Du dich selbst. Ein jung Frauen¬ zimmer, das sich zu benehmen weiß, läuft weit we¬ niger Gefahr als eins, das schon vor Schrecken aufschreiet, wenn's einen Federbusch sieht, weil die Mama ihm gesagt, es soll sich davor in Acht nehmen, wie vor einem Raubthiere. Denn das sind unsere jungen Officiere, wenn's auch nicht mehr dieselben sind, doch nicht. Ich sag's grad heraus, Ihr Herren von der Feder und die anderen, Ihr habt sie ver¬ derben helfen. Warum macht Ihr ihnen überall Platz und weicht vor ihnen zurück, wo Ihr's nicht nöthig hattet. Ist's nicht eine Schande, wenn ein alter Kriegsrath oder ein ehrenwerther Kaufmann mit grauem Haar vor einem Lieutenant oder gar einem Fähnrich ausweicht. Wo steht's denn ge¬ schrieben, daß es so sein soll. Wenn Ihr ihnen nicht immer das Feld ließet, und das Maul schlösset, son¬ dern grad 'raus den jungen Herrchen die Wahrheit sagtet, nun je Einer oder der Andere würde ein Mal anlaufen, aber im Ganzen würde es anders, wenn
einer nur von fern ſich blicken läßt, wenn Ihr ihnen offen entgegenträtet, ein ernſt Wort mit ihnen ſprächet, ſo würdet Ihr manches anders finden, als Ihr denket. Sie ſind auch Menſchen, aber wenn Ihr ſie nur als Vogelſcheuche betrachtet, das macht ſie wild und boshaft.“
„Aber Du giebſt mir doch recht, daß man ein jung Frauenzimmer vor den Officieren wahren muß. Vor allem eins, das noch unerfahren iſt?“
„Da ſchlägſt Du dich ſelbſt. Ein jung Frauen¬ zimmer, das ſich zu benehmen weiß, läuft weit we¬ niger Gefahr als eins, das ſchon vor Schrecken aufſchreiet, wenn's einen Federbuſch ſieht, weil die Mama ihm geſagt, es ſoll ſich davor in Acht nehmen, wie vor einem Raubthiere. Denn das ſind unſere jungen Officiere, wenn's auch nicht mehr dieſelben ſind, doch nicht. Ich ſag's grad heraus, Ihr Herren von der Feder und die anderen, Ihr habt ſie ver¬ derben helfen. Warum macht Ihr ihnen überall Platz und weicht vor ihnen zurück, wo Ihr's nicht nöthig hattet. Iſt's nicht eine Schande, wenn ein alter Kriegsrath oder ein ehrenwerther Kaufmann mit grauem Haar vor einem Lieutenant oder gar einem Fähnrich ausweicht. Wo ſteht's denn ge¬ ſchrieben, daß es ſo ſein ſoll. Wenn Ihr ihnen nicht immer das Feld ließet, und das Maul ſchlöſſet, ſon¬ dern grad 'raus den jungen Herrchen die Wahrheit ſagtet, nun je Einer oder der Andere würde ein Mal anlaufen, aber im Ganzen würde es anders, wenn
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einer nur von fern ſich blicken läßt, wenn Ihr ihnen
offen entgegenträtet, ein ernſt Wort mit ihnen
ſprächet, ſo würdet Ihr manches anders finden, als
Ihr denket. Sie ſind auch Menſchen, aber wenn
Ihr ſie nur als Vogelſcheuche betrachtet, das macht
ſie wild und boshaft.“
„Aber Du giebſt mir doch recht, daß man ein
jung Frauenzimmer vor den Officieren wahren muß.
Vor allem eins, das noch unerfahren iſt?“
„Da ſchlägſt Du dich ſelbſt. Ein jung Frauen¬
zimmer, das ſich zu benehmen weiß, läuft weit we¬
niger Gefahr als eins, das ſchon vor Schrecken
aufſchreiet, wenn's einen Federbuſch ſieht, weil die
Mama ihm geſagt, es ſoll ſich davor in Acht nehmen,
wie vor einem Raubthiere. Denn das ſind unſere
jungen Officiere, wenn's auch nicht mehr dieſelben
ſind, doch nicht. Ich ſag's grad heraus, Ihr Herren
von der Feder und die anderen, Ihr habt ſie ver¬
derben helfen. Warum macht Ihr ihnen überall
Platz und weicht vor ihnen zurück, wo Ihr's nicht
nöthig hattet. Iſt's nicht eine Schande, wenn ein
alter Kriegsrath oder ein ehrenwerther Kaufmann
mit grauem Haar vor einem Lieutenant oder gar
einem Fähnrich ausweicht. Wo ſteht's denn ge¬
ſchrieben, daß es ſo ſein ſoll. Wenn Ihr ihnen nicht
immer das Feld ließet, und das Maul ſchlöſſet, ſon¬
dern grad 'raus den jungen Herrchen die Wahrheit
ſagtet, nun je Einer oder der Andere würde ein Mal
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/150>, abgerufen am 25.11.2024.
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