Mit einem Schlag auf die Schulter, rief eine Stimme hinter ihm: "Und warum keine Offiziere, alter Schwede! -- Willst am Ende auch mit mir nicht mehr umgehen? Meinst, ich könnte Deine Toch¬ ter verführen! So seid ihr Menschen am grünen Tisch und hinter den Büchern, laßt Euch einen Schreck vom ersten Besten einblasen und weil Ihr nicht die Augen aufzuschlagen wagt, um dem Ding in's Gesicht zu sehen, vermeint Ihr es sei Wunder was. Ich sage Dir, wer nicht der Gefahr entgegen geht, der ist schon halb verloren. Was wäre Preußen, wenn wir ab¬ gewartet hätten, bis die Oestreicher und die Fran¬ zosen und Russen den siebenjährigen Krieg anfingen? Daß wir nicht die Hände in den Schooß legten, daß wir nicht abwarteten, bis der liebe Gott es so schickte, daß wir in ihr Gespinnst drein schlugen eh's zum Netze ward, das hat uns Glück gegeben und stark gemacht und groß. Wäre der alte Fritz ein Duckmäuser gewesen, und hätte gewartet und gelauert,
Zehntes Kapitel. Die alte Zeit.
Mit einem Schlag auf die Schulter, rief eine Stimme hinter ihm: „Und warum keine Offiziere, alter Schwede! — Willſt am Ende auch mit mir nicht mehr umgehen? Meinſt, ich könnte Deine Toch¬ ter verführen! So ſeid ihr Menſchen am grünen Tiſch und hinter den Büchern, laßt Euch einen Schreck vom erſten Beſten einblaſen und weil Ihr nicht die Augen aufzuſchlagen wagt, um dem Ding in's Geſicht zu ſehen, vermeint Ihr es ſei Wunder was. Ich ſage Dir, wer nicht der Gefahr entgegen geht, der iſt ſchon halb verloren. Was wäre Preußen, wenn wir ab¬ gewartet hätten, bis die Oeſtreicher und die Fran¬ zoſen und Ruſſen den ſiebenjährigen Krieg anfingen? Daß wir nicht die Hände in den Schooß legten, daß wir nicht abwarteten, bis der liebe Gott es ſo ſchickte, daß wir in ihr Geſpinnſt drein ſchlugen eh's zum Netze ward, das hat uns Glück gegeben und ſtark gemacht und groß. Wäre der alte Fritz ein Duckmäuſer geweſen, und hätte gewartet und gelauert,
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[[134]/0148]
Zehntes Kapitel.
Die alte Zeit.
Mit einem Schlag auf die Schulter, rief eine
Stimme hinter ihm: „Und warum keine Offiziere,
alter Schwede! — Willſt am Ende auch mit mir
nicht mehr umgehen? Meinſt, ich könnte Deine Toch¬
ter verführen! So ſeid ihr Menſchen am grünen Tiſch
und hinter den Büchern, laßt Euch einen Schreck vom
erſten Beſten einblaſen und weil Ihr nicht die Augen
aufzuſchlagen wagt, um dem Ding in's Geſicht zu
ſehen, vermeint Ihr es ſei Wunder was. Ich ſage
Dir, wer nicht der Gefahr entgegen geht, der iſt ſchon
halb verloren. Was wäre Preußen, wenn wir ab¬
gewartet hätten, bis die Oeſtreicher und die Fran¬
zoſen und Ruſſen den ſiebenjährigen Krieg anfingen?
Daß wir nicht die Hände in den Schooß legten, daß
wir nicht abwarteten, bis der liebe Gott es ſo ſchickte,
daß wir in ihr Geſpinnſt drein ſchlugen eh's zum
Netze ward, das hat uns Glück gegeben und
ſtark gemacht und groß. Wäre der alte Fritz ein
Duckmäuſer geweſen, und hätte gewartet und gelauert,
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. [134]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/148>, abgerufen am 22.11.2024.
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