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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

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übergehen, aber rasch sich besinnend fuhr er in dem
vorigen süß flötenden Tone fort:

"Wenn ich sagen dürfte, wie anständig es dort
hergeht! Ich kann betheuern, daß alles Unmoralische
davon entfernt ist. In den untern Zimmern ver¬
sammelt sich abendlich, gelegentlich eine Gesellschaft
von frohen Menschen. Man trinkt Thee, man läßt
sich eine Bowle brauen; in heitern Gesprächen ver¬
gehen die Stunden. Wie mancher Geschäftsmann,
erdrückt von der Last des Tages, der keine Familie
hat, oder in ihrem Kreise nicht das rechte Soulagement
findet, sucht die Zerstreuung, die nothwendige Erholung,
um sich wieder zu erfrischen für die Sorgen und die
Arbeit des nächsten Tages. Der Staat fordert von
uns ungeheure Opfer, er muß uns doch auch etwas
Erholung gönnen. Einige machen auch ein Spielchen,
die Räume sind so gemüthlich und hell. Muß man
denn immer Arges denken! Diese leichten, anmuthigen
Kinder der Natur -- ich will im entferntesten nicht
für ihre vertu sonst einstehen -- aber in diesen Reunions,
wenn doch auch nur ein Mal etwas Unsittliches vor¬
gefallen wäre! Hüpfende Gazellen, Hebe's mit der
rauchenden Schaale, mischen sie sich in das Gespräch,
man hält sie fest, wenn sie entschlüpfen wollen, man
richtet Fragen an sie, und freut sich ihrer schalkhaften
Antworten. Sie wissen oft den Nagel auf den Kopf
zu treffen. Ich will auch nicht dafür einstehen, daß
man nicht einmal, überrascht von einer naiven Ant¬
wort, den losen Schalk auf den Schooß zieht, und

übergehen, aber raſch ſich beſinnend fuhr er in dem
vorigen ſüß flötenden Tone fort:

„Wenn ich ſagen dürfte, wie anſtändig es dort
hergeht! Ich kann betheuern, daß alles Unmoraliſche
davon entfernt iſt. In den untern Zimmern ver¬
ſammelt ſich abendlich, gelegentlich eine Geſellſchaft
von frohen Menſchen. Man trinkt Thee, man läßt
ſich eine Bowle brauen; in heitern Geſprächen ver¬
gehen die Stunden. Wie mancher Geſchäftsmann,
erdrückt von der Laſt des Tages, der keine Familie
hat, oder in ihrem Kreiſe nicht das rechte Soulagement
findet, ſucht die Zerſtreuung, die nothwendige Erholung,
um ſich wieder zu erfriſchen für die Sorgen und die
Arbeit des nächſten Tages. Der Staat fordert von
uns ungeheure Opfer, er muß uns doch auch etwas
Erholung gönnen. Einige machen auch ein Spielchen,
die Räume ſind ſo gemüthlich und hell. Muß man
denn immer Arges denken! Dieſe leichten, anmuthigen
Kinder der Natur — ich will im entfernteſten nicht
für ihre vertu ſonſt einſtehen — aber in dieſen Reunions,
wenn doch auch nur ein Mal etwas Unſittliches vor¬
gefallen wäre! Hüpfende Gazellen, Hebe's mit der
rauchenden Schaale, miſchen ſie ſich in das Geſpräch,
man hält ſie feſt, wenn ſie entſchlüpfen wollen, man
richtet Fragen an ſie, und freut ſich ihrer ſchalkhaften
Antworten. Sie wiſſen oft den Nagel auf den Kopf
zu treffen. Ich will auch nicht dafür einſtehen, daß
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[107/0121] übergehen, aber raſch ſich beſinnend fuhr er in dem vorigen ſüß flötenden Tone fort: „Wenn ich ſagen dürfte, wie anſtändig es dort hergeht! Ich kann betheuern, daß alles Unmoraliſche davon entfernt iſt. In den untern Zimmern ver¬ ſammelt ſich abendlich, gelegentlich eine Geſellſchaft von frohen Menſchen. Man trinkt Thee, man läßt ſich eine Bowle brauen; in heitern Geſprächen ver¬ gehen die Stunden. Wie mancher Geſchäftsmann, erdrückt von der Laſt des Tages, der keine Familie hat, oder in ihrem Kreiſe nicht das rechte Soulagement findet, ſucht die Zerſtreuung, die nothwendige Erholung, um ſich wieder zu erfriſchen für die Sorgen und die Arbeit des nächſten Tages. Der Staat fordert von uns ungeheure Opfer, er muß uns doch auch etwas Erholung gönnen. Einige machen auch ein Spielchen, die Räume ſind ſo gemüthlich und hell. Muß man denn immer Arges denken! Dieſe leichten, anmuthigen Kinder der Natur — ich will im entfernteſten nicht für ihre vertu ſonſt einſtehen — aber in dieſen Reunions, wenn doch auch nur ein Mal etwas Unſittliches vor¬ gefallen wäre! Hüpfende Gazellen, Hebe's mit der rauchenden Schaale, miſchen ſie ſich in das Geſpräch, man hält ſie feſt, wenn ſie entſchlüpfen wollen, man richtet Fragen an ſie, und freut ſich ihrer ſchalkhaften Antworten. Sie wiſſen oft den Nagel auf den Kopf zu treffen. Ich will auch nicht dafür einſtehen, daß man nicht einmal, überraſcht von einer naiven Ant¬ wort, den loſen Schalk auf den Schooß zieht, und

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/121>, abgerufen am 25.11.2024.