und Völkerglück, wie nur meines, aber ich würdige vollkommen seine Lage, er ist jung, befangen, zu gewissenhaft, er weiß sich nicht zu helfen zwischen den guten und bösen Rathgebern. Zu viel Blutsbande verknüpfen ihn mit den Ungestümen, Rasenden, und man kann sich keines Augenblicks versehen, daß nicht eine Mine auffliegt und die Feinde der Humanität siegen."
"Und wird Mortier Hannover räumen? fragte der Rath mit scharfer Betonung. Wird die Sperrung der Weser- und Elbemündungen, auf die Preußen bestehen muß, aufgehoben werden? Unser Handel geht zu Grunde, wenn das nicht geschieht. Das ist schlimm, aber es giebt schlimmeres. Wir verfeinden uns Eng¬ land. Das ist aber noch nicht das Schlimmste. Ganz Deutschland aber blickt sehnsüchtig und erwartend auf Preußen, als die einzige Macht, die ungebrochen dasteht, frei noch von Frankreichs Einfluß, als die einzige Macht, welche die Ehre des Vaterlandes retten, der übermüthigen Gewaltthat eine Schranke entgegen¬ setzen kann. Wenn wir diese Aufgabe nicht erfüllen, nicht rettend einschreiten, attestiren wir unsre Ohn¬ macht, und wir laden die Schmach auf uns, daß eine Coalition fremder Mächte, die nicht ausbleiben kann, diese Aufgabe übernimmt. Ich wiederhole nur was die Tausende täglich sagen, die man Bieder¬ männer nennt, mich selbst, wie sich versteht, jedes Urtheils begebend."
"So! sagte der Geheimrath gedehnt. Diese Biedermänner werden sich gedulden müssen, bis Lom¬
und Völkerglück, wie nur meines, aber ich würdige vollkommen ſeine Lage, er iſt jung, befangen, zu gewiſſenhaft, er weiß ſich nicht zu helfen zwiſchen den guten und böſen Rathgebern. Zu viel Blutsbande verknüpfen ihn mit den Ungeſtümen, Raſenden, und man kann ſich keines Augenblicks verſehen, daß nicht eine Mine auffliegt und die Feinde der Humanität ſiegen.“
„Und wird Mortier Hannover räumen? fragte der Rath mit ſcharfer Betonung. Wird die Sperrung der Weſer- und Elbemündungen, auf die Preußen beſtehen muß, aufgehoben werden? Unſer Handel geht zu Grunde, wenn das nicht geſchieht. Das iſt ſchlimm, aber es giebt ſchlimmeres. Wir verfeinden uns Eng¬ land. Das iſt aber noch nicht das Schlimmſte. Ganz Deutſchland aber blickt ſehnſüchtig und erwartend auf Preußen, als die einzige Macht, die ungebrochen daſteht, frei noch von Frankreichs Einfluß, als die einzige Macht, welche die Ehre des Vaterlandes retten, der übermüthigen Gewaltthat eine Schranke entgegen¬ ſetzen kann. Wenn wir dieſe Aufgabe nicht erfüllen, nicht rettend einſchreiten, atteſtiren wir unſre Ohn¬ macht, und wir laden die Schmach auf uns, daß eine Coalition fremder Mächte, die nicht ausbleiben kann, dieſe Aufgabe übernimmt. Ich wiederhole nur was die Tauſende täglich ſagen, die man Bieder¬ männer nennt, mich ſelbſt, wie ſich verſteht, jedes Urtheils begebend.“
„So! ſagte der Geheimrath gedehnt. Dieſe Biedermänner werden ſich gedulden müſſen, bis Lom¬
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[96/0110]
und Völkerglück, wie nur meines, aber ich würdige
vollkommen ſeine Lage, er iſt jung, befangen, zu
gewiſſenhaft, er weiß ſich nicht zu helfen zwiſchen den
guten und böſen Rathgebern. Zu viel Blutsbande
verknüpfen ihn mit den Ungeſtümen, Raſenden, und
man kann ſich keines Augenblicks verſehen, daß nicht
eine Mine auffliegt und die Feinde der Humanität ſiegen.“
„Und wird Mortier Hannover räumen? fragte
der Rath mit ſcharfer Betonung. Wird die Sperrung
der Weſer- und Elbemündungen, auf die Preußen
beſtehen muß, aufgehoben werden? Unſer Handel geht
zu Grunde, wenn das nicht geſchieht. Das iſt ſchlimm,
aber es giebt ſchlimmeres. Wir verfeinden uns Eng¬
land. Das iſt aber noch nicht das Schlimmſte. Ganz
Deutſchland aber blickt ſehnſüchtig und erwartend auf
Preußen, als die einzige Macht, die ungebrochen
daſteht, frei noch von Frankreichs Einfluß, als die
einzige Macht, welche die Ehre des Vaterlandes retten,
der übermüthigen Gewaltthat eine Schranke entgegen¬
ſetzen kann. Wenn wir dieſe Aufgabe nicht erfüllen,
nicht rettend einſchreiten, atteſtiren wir unſre Ohn¬
macht, und wir laden die Schmach auf uns, daß
eine Coalition fremder Mächte, die nicht ausbleiben
kann, dieſe Aufgabe übernimmt. Ich wiederhole nur
was die Tauſende täglich ſagen, die man Bieder¬
männer nennt, mich ſelbſt, wie ſich verſteht, jedes
Urtheils begebend.“
„So! ſagte der Geheimrath gedehnt. Dieſe
Biedermänner werden ſich gedulden müſſen, bis Lom¬
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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/110>, abgerufen am 23.11.2024.
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