Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100.wollte, als sie mit krampfhafter Heftigkeit ausrief: "Er "Ob Jhr Oheim diese Gesinnungen theilt?" rief "Der ist mir ganz fremd, -- blieb er doch Etwas Verzerrtes, ein krankhafter Schmerz schwebte wollte, als ſie mit krampfhafter Heftigkeit ausrief: „Er „Ob Jhr Oheim dieſe Geſinnungen theilt?“ rief „Der iſt mir ganz fremd, — blieb er doch Etwas Verzerrtes, ein krankhafter Schmerz ſchwebte <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0086"/> wollte, als ſie mit krampfhafter Heftigkeit ausrief: „Er<lb/> würde die Contribution, die die Fremden in Gold und<lb/> Silber ausſchreiben, in Blei bezahlen.“</p><lb/> <p>„Ob Jhr Oheim dieſe Geſinnungen theilt?“ rief<lb/> ich etwas empfindlich, bereuete es aber ſogleich, denn<lb/> der ganze Unwille der nervös Gereizten brach aus,<lb/> indem ſie entgegnete:</p><lb/> <p>„Der iſt mir <hi rendition="#g">ganz fremd</hi>, — blieb er doch<lb/> auch ganz fremd als in den Schreckenstagen mein Va-<lb/> ter an ſein Haus klopfte, und bat: „„Vertheidige mich<lb/> vor ungerechter Anklage, Bruder, Du vermagſt Alles<lb/> vor Gericht.““ Mein Oheim rief hinaus: „Bür-<lb/> ger, ich kenne Dich nicht,““ und ſchlug das Fenſter<lb/> zu. Erſt nach dem Tode hat er ihn wieder erkannt,<lb/> als er ſeine Güter meiner Mutter entriß.“</p><lb/> <p>Etwas Verzerrtes, ein krankhafter Schmerz ſchwebte<lb/> über dem ſchönen Geſichte — ſie ſchien auch um ei-<lb/> nige Jahre älter als ſie war — aber dennoch liehen<lb/> die Runzeln des Zorns auf der hohen blaſſen Stirn<lb/> ihr einen ganz eigenthümlichen Reiz. Selten ſah ich<lb/> bei Franzöſinnen einen verwandten geiſtigen Ausdruck<lb/> des Geſichts, wo der Schmerz ſo durchgedrungen wäre,<lb/> ohne Eintrag der eigenthümlichen Lebendigkeit und Schön-<lb/> heit. Und doch hatte ſelbſt die Bitterkeit ihren ver-<lb/> jährten Sitz auf dieſen Lippen. Aber wie ſchnell es<lb/> in ihr aufflammte, eben ſo ſchnell war ſie zur Einſicht<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0086]
wollte, als ſie mit krampfhafter Heftigkeit ausrief: „Er
würde die Contribution, die die Fremden in Gold und
Silber ausſchreiben, in Blei bezahlen.“
„Ob Jhr Oheim dieſe Geſinnungen theilt?“ rief
ich etwas empfindlich, bereuete es aber ſogleich, denn
der ganze Unwille der nervös Gereizten brach aus,
indem ſie entgegnete:
„Der iſt mir ganz fremd, — blieb er doch
auch ganz fremd als in den Schreckenstagen mein Va-
ter an ſein Haus klopfte, und bat: „„Vertheidige mich
vor ungerechter Anklage, Bruder, Du vermagſt Alles
vor Gericht.““ Mein Oheim rief hinaus: „Bür-
ger, ich kenne Dich nicht,““ und ſchlug das Fenſter
zu. Erſt nach dem Tode hat er ihn wieder erkannt,
als er ſeine Güter meiner Mutter entriß.“
Etwas Verzerrtes, ein krankhafter Schmerz ſchwebte
über dem ſchönen Geſichte — ſie ſchien auch um ei-
nige Jahre älter als ſie war — aber dennoch liehen
die Runzeln des Zorns auf der hohen blaſſen Stirn
ihr einen ganz eigenthümlichen Reiz. Selten ſah ich
bei Franzöſinnen einen verwandten geiſtigen Ausdruck
des Geſichts, wo der Schmerz ſo durchgedrungen wäre,
ohne Eintrag der eigenthümlichen Lebendigkeit und Schön-
heit. Und doch hatte ſelbſt die Bitterkeit ihren ver-
jährten Sitz auf dieſen Lippen. Aber wie ſchnell es
in ihr aufflammte, eben ſo ſchnell war ſie zur Einſicht
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Zitationshilfe: | Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100, hier S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830/86>, abgerufen am 07.07.2024. |