Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100.Der Wirth senkte seinen Blick, und antwortete Dazu faltete der Maire die Hände. Während Der Abend am Kaminfeuer verging heiter. Der Der Wirth ſenkte ſeinen Blick, und antwortete Dazu faltete der Maire die Hände. Während Der Abend am Kaminfeuer verging heiter. Der <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0061"/> <p>Der Wirth ſenkte ſeinen Blick, und antwortete<lb/> mit leiſer Stimme: „Sie iſt beſtimmt, den Schleier<lb/> zu ergreifen, und wünſcht in ſtiller Betrachtung die<lb/> Tage bis zu ihrer gelobten Einweihung zu verbringen.“</p><lb/> <p>Dazu faltete der Maire die Hände. Während<lb/> der Hauptmann entgegnete: „Jeder nach ſeinem Ge-<lb/> ſchmack“ und leiſe ein „Freut euch des Lebens“ an-<lb/> ſtimmte, worin allmählich die Deutſche Tiſchgeſellſchaft<lb/> einſtimmte, ſchnitt er bedächtig die Käſerinden in viele<lb/> künſtliche Theile, und es war, als ruhe in jedem Theil-<lb/> chen eine ſchwere, räthſelhafte Aufgabe, ſo emſig theilte<lb/> er und theilte wieder.</p><lb/> <p>Der Abend am Kaminfeuer verging heiter. Der<lb/> Wein hatte die deutſchen Gemüther aufgeräumt, und<lb/> der Maire war ein angenehmer Geſellſchafter, ſobald<lb/> er die ſteifern Förmlichkeiten ablegen zu dürfen glaubte.<lb/> Martin Jblou de St. A*** war näher den ſechzigern<lb/> als den funfzigern, von ſtarkem Körperbau, und, wie<lb/> es bei’m erſten Anblick ſchien, von ungeſchwächter Ge-<lb/> ſundheit, doch verrieth ſein Geſicht die Stürme früher<lb/> Leidenſchaften. Er trug ſich auf alt franzöſiſche Weiſe,<lb/> in einem geſtickten weit ausgeſchnittenen Rocke, langer<lb/> Weſte und Schnallenſchuhen. Die Perüke, wie es<lb/> ſchien gefärbte Augenbraunen, und die beſtändig auf<lb/> der Erde, oder auf den gefalteten Händen ruhenden<lb/> Augen verbargen die Kühnheit, welche wol zuweilen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0061]
Der Wirth ſenkte ſeinen Blick, und antwortete
mit leiſer Stimme: „Sie iſt beſtimmt, den Schleier
zu ergreifen, und wünſcht in ſtiller Betrachtung die
Tage bis zu ihrer gelobten Einweihung zu verbringen.“
Dazu faltete der Maire die Hände. Während
der Hauptmann entgegnete: „Jeder nach ſeinem Ge-
ſchmack“ und leiſe ein „Freut euch des Lebens“ an-
ſtimmte, worin allmählich die Deutſche Tiſchgeſellſchaft
einſtimmte, ſchnitt er bedächtig die Käſerinden in viele
künſtliche Theile, und es war, als ruhe in jedem Theil-
chen eine ſchwere, räthſelhafte Aufgabe, ſo emſig theilte
er und theilte wieder.
Der Abend am Kaminfeuer verging heiter. Der
Wein hatte die deutſchen Gemüther aufgeräumt, und
der Maire war ein angenehmer Geſellſchafter, ſobald
er die ſteifern Förmlichkeiten ablegen zu dürfen glaubte.
Martin Jblou de St. A*** war näher den ſechzigern
als den funfzigern, von ſtarkem Körperbau, und, wie
es bei’m erſten Anblick ſchien, von ungeſchwächter Ge-
ſundheit, doch verrieth ſein Geſicht die Stürme früher
Leidenſchaften. Er trug ſich auf alt franzöſiſche Weiſe,
in einem geſtickten weit ausgeſchnittenen Rocke, langer
Weſte und Schnallenſchuhen. Die Perüke, wie es
ſchien gefärbte Augenbraunen, und die beſtändig auf
der Erde, oder auf den gefalteten Händen ruhenden
Augen verbargen die Kühnheit, welche wol zuweilen
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