vom Nimmerwiederkehren in die Heimath, als mit ei- nem male alle Melancholie verschwand.
Jch hörte die Schweine im Stalle grunzen. Es war der Hunger gewesen, der so laut mitgesprochen. Mit dem Gedanken, eines zu schlachten und auf gut homerisch eine Mahlzeit zu bereiten, sprang ich auf und zog den Hirschfänger. Aber noch im selben Au- genblicke besann ich mich eines bessern: "Nein! so schwer dürfen die armen Leute doch auch nicht ihre Sorglosigkeit büßen. Jch will mich begnügen die Reb- hühner zu braten." Ein Koch würde über meine Ge- schicklichkeit gelacht haben; ich hätte aber meine ver- brannten Rebhühner nicht für das köstlichste Gericht vertauscht, denn ihre Zubereitung ließ während vier Stunden auch keinen einzigen trüben Gedanken auf- kommen.
Gegen fünf Uhr trat endlich die ganze Familie in das Haus, jeder mit einem kleinen angefüllten Korbe beladen. Sie waren von früh morgens an in den Wald gegangen, um die reifen Buchnüsse aufzusam- meln, die sie theils zur Mästung der Schweine, theils zur Bereitung ihres Oels gebrauchen. Unter dieser kümmerlichen Beschäftigung vergehn oft Wochen. Sie blickten mit schmerzlicher Verwunderung auf die Reste der Rebhühner. Der Capitain lächelte zur Mutter: "Er gehört zu dem Blute der ci-devant sieurs. Die
vom Nimmerwiederkehren in die Heimath, als mit ei- nem male alle Melancholie verſchwand.
Jch hörte die Schweine im Stalle grunzen. Es war der Hunger geweſen, der ſo laut mitgeſprochen. Mit dem Gedanken, eines zu ſchlachten und auf gut homeriſch eine Mahlzeit zu bereiten, ſprang ich auf und zog den Hirſchfänger. Aber noch im ſelben Au- genblicke beſann ich mich eines beſſern: „Nein! ſo ſchwer dürfen die armen Leute doch auch nicht ihre Sorgloſigkeit büßen. Jch will mich begnügen die Reb- hühner zu braten.“ Ein Koch würde über meine Ge- ſchicklichkeit gelacht haben; ich hätte aber meine ver- brannten Rebhühner nicht für das köſtlichſte Gericht vertauſcht, denn ihre Zubereitung ließ während vier Stunden auch keinen einzigen trüben Gedanken auf- kommen.
Gegen fünf Uhr trat endlich die ganze Familie in das Haus, jeder mit einem kleinen angefüllten Korbe beladen. Sie waren von früh morgens an in den Wald gegangen, um die reifen Buchnüſſe aufzuſam- meln, die ſie theils zur Mäſtung der Schweine, theils zur Bereitung ihres Oels gebrauchen. Unter dieſer kümmerlichen Beſchäftigung vergehn oft Wochen. Sie blickten mit ſchmerzlicher Verwunderung auf die Reſte der Rebhühner. Der Capitain lächelte zur Mutter: „Er gehört zu dem Blute der ci-devant sieurs. Die
<TEI><text><body><div><p><pbfacs="#f0051"/>
vom Nimmerwiederkehren in die Heimath, als mit ei-<lb/>
nem male alle Melancholie verſchwand.</p><lb/><p>Jch hörte die Schweine im Stalle grunzen. Es<lb/>
war der Hunger geweſen, der ſo laut mitgeſprochen.<lb/>
Mit dem Gedanken, eines zu ſchlachten und auf gut<lb/>
homeriſch eine Mahlzeit zu bereiten, ſprang ich auf<lb/>
und zog den Hirſchfänger. Aber noch im ſelben Au-<lb/>
genblicke beſann ich mich eines beſſern: „Nein! ſo<lb/>ſchwer dürfen die armen Leute doch auch nicht ihre<lb/>
Sorgloſigkeit büßen. Jch will mich begnügen die Reb-<lb/>
hühner zu braten.“ Ein Koch würde über meine Ge-<lb/>ſchicklichkeit gelacht haben; ich hätte aber meine ver-<lb/>
brannten Rebhühner nicht für das köſtlichſte Gericht<lb/>
vertauſcht, denn ihre Zubereitung ließ während vier<lb/>
Stunden auch keinen einzigen trüben Gedanken auf-<lb/>
kommen.</p><lb/><p>Gegen fünf Uhr trat endlich die ganze Familie<lb/>
in das Haus, jeder mit einem kleinen angefüllten Korbe<lb/>
beladen. Sie waren von früh morgens an in den<lb/>
Wald gegangen, um die reifen Buchnüſſe aufzuſam-<lb/>
meln, die ſie theils zur Mäſtung der Schweine, theils<lb/>
zur Bereitung ihres Oels gebrauchen. Unter dieſer<lb/>
kümmerlichen Beſchäftigung vergehn oft Wochen. Sie<lb/>
blickten mit ſchmerzlicher Verwunderung auf die Reſte<lb/>
der Rebhühner. Der Capitain lächelte zur Mutter:<lb/>„Er gehört zu dem Blute der <hirendition="#aq">ci-devant sieurs</hi>. Die<lb/></p></div></body></text></TEI>
[0051]
vom Nimmerwiederkehren in die Heimath, als mit ei-
nem male alle Melancholie verſchwand.
Jch hörte die Schweine im Stalle grunzen. Es
war der Hunger geweſen, der ſo laut mitgeſprochen.
Mit dem Gedanken, eines zu ſchlachten und auf gut
homeriſch eine Mahlzeit zu bereiten, ſprang ich auf
und zog den Hirſchfänger. Aber noch im ſelben Au-
genblicke beſann ich mich eines beſſern: „Nein! ſo
ſchwer dürfen die armen Leute doch auch nicht ihre
Sorgloſigkeit büßen. Jch will mich begnügen die Reb-
hühner zu braten.“ Ein Koch würde über meine Ge-
ſchicklichkeit gelacht haben; ich hätte aber meine ver-
brannten Rebhühner nicht für das köſtlichſte Gericht
vertauſcht, denn ihre Zubereitung ließ während vier
Stunden auch keinen einzigen trüben Gedanken auf-
kommen.
Gegen fünf Uhr trat endlich die ganze Familie
in das Haus, jeder mit einem kleinen angefüllten Korbe
beladen. Sie waren von früh morgens an in den
Wald gegangen, um die reifen Buchnüſſe aufzuſam-
meln, die ſie theils zur Mäſtung der Schweine, theils
zur Bereitung ihres Oels gebrauchen. Unter dieſer
kümmerlichen Beſchäftigung vergehn oft Wochen. Sie
blickten mit ſchmerzlicher Verwunderung auf die Reſte
der Rebhühner. Der Capitain lächelte zur Mutter:
„Er gehört zu dem Blute der ci-devant sieurs. Die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Andreas Hungeling / https://www.stimm-los.de/: Bereitstellung der Texttranskription.
(2020-07-16T12:57:05Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-07-16T12:57:05Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: nicht übernommen;
Druckfehler: dokumentiert;
fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
i/j in Fraktur: keine Angabe;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: gekennzeichnet;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: dokumentiert;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: wie Vorlage;
u/v bzw. U/V: keine Angabe;
Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: DTABf-getreu;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100, hier S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830/51>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.