Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100.

Bild:
<< vorherige Seite

eben so viel Louis nicht aufwiegen wird. Sage ihm
das Alles, es wäre mein Ultimatum und seiner Be-
suche wäre ich überdrüssig, auch wollte ich keine Un-
terhändler -- Geld -- Geld! Nun Gott befohlen." --
Damit wandte er sich um, und erreichte grade das
Thor, als mich der Gefreite von meinem Posten ablöste.

Andere würden vielleicht an meiner Stelle, durch
die Anhäufung des Geheimnißvollen, dagegen abge-
stumpft worden seyn. Mir wurde, je mehr ich er-
fuhr, immer unheimlicher zu Muthe. Jch fühlte mich
nicht mehr gedrungen, irgend Jemandem, was auf mir la-
stete, mitzutheilen, aber es war mein sehnlicher Wunsch,
aus diesem Kreise herausgerissen zu werden. Die-
ser schien auch durch die angenehme Nachricht er-
füllt zu werden, daß unser Regiment die Winterquar-
tiere beziehen solle. Mit welcher Lust verbrannten wir
in der letzten Nacht unsere Hütten, und tanzten, Ab-
schied- und Spottlieder singend, um die himmelhohen
Strohflammen, bis das Horn zum Aufbruch rief. Aber
die Lust verrauchte bald wie jenes Strohfeuer. Jn
langwierigen, beschwerlichen Tagemärschen, durchirrten
wir die herbstlichen Ardennen, und es schien, als sollten
wir, gleich den Juden, durch eine Wüste geführt wer-
den, ehe wir gereinigt das gelobte Land der Cantonni-
rungen erreichten. Welch' ein mühsames Hinaufstei-
gen durch von Regen und Giesbächen durchwühlte

eben ſo viel Louis nicht aufwiegen wird. Sage ihm
das Alles, es wäre mein Ultimatum und ſeiner Be-
ſuche wäre ich überdrüſſig, auch wollte ich keine Un-
terhändler — Geld — Geld! Nun Gott befohlen.“ —
Damit wandte er ſich um, und erreichte grade das
Thor, als mich der Gefreite von meinem Poſten ablöſte.

Andere würden vielleicht an meiner Stelle, durch
die Anhäufung des Geheimnißvollen, dagegen abge-
ſtumpft worden ſeyn. Mir wurde, je mehr ich er-
fuhr, immer unheimlicher zu Muthe. Jch fühlte mich
nicht mehr gedrungen, irgend Jemandem, was auf mir la-
ſtete, mitzutheilen, aber es war mein ſehnlicher Wunſch,
aus dieſem Kreiſe herausgeriſſen zu werden. Die-
ſer ſchien auch durch die angenehme Nachricht er-
füllt zu werden, daß unſer Regiment die Winterquar-
tiere beziehen ſolle. Mit welcher Luſt verbrannten wir
in der letzten Nacht unſere Hütten, und tanzten, Ab-
ſchied- und Spottlieder ſingend, um die himmelhohen
Strohflammen, bis das Horn zum Aufbruch rief. Aber
die Luſt verrauchte bald wie jenes Strohfeuer. Jn
langwierigen, beſchwerlichen Tagemärſchen, durchirrten
wir die herbſtlichen Ardennen, und es ſchien, als ſollten
wir, gleich den Juden, durch eine Wüſte geführt wer-
den, ehe wir gereinigt das gelobte Land der Cantonni-
rungen erreichten. Welch’ ein mühſames Hinaufſtei-
gen durch von Regen und Giesbächen durchwühlte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0042"/>
eben &#x017F;o viel Louis nicht aufwiegen wird. Sage ihm<lb/>
das Alles, es wäre mein Ultimatum und &#x017F;einer Be-<lb/>
&#x017F;uche wäre ich überdrü&#x017F;&#x017F;ig, auch wollte ich keine Un-<lb/>
terhändler &#x2014; Geld &#x2014; Geld! Nun Gott befohlen.&#x201C; &#x2014;<lb/>
Damit wandte er &#x017F;ich um, und erreichte grade das<lb/>
Thor, als mich der Gefreite von meinem Po&#x017F;ten ablö&#x017F;te.</p><lb/>
        <p>Andere würden vielleicht an meiner Stelle, durch<lb/>
die Anhäufung des Geheimnißvollen, dagegen abge-<lb/>
&#x017F;tumpft worden &#x017F;eyn. Mir wurde, je mehr ich er-<lb/>
fuhr, immer unheimlicher zu Muthe. Jch fühlte mich<lb/>
nicht mehr gedrungen, irgend Jemandem, was auf mir la-<lb/>
&#x017F;tete, mitzutheilen, aber es war mein &#x017F;ehnlicher Wun&#x017F;ch,<lb/>
aus die&#x017F;em Krei&#x017F;e herausgeri&#x017F;&#x017F;en zu werden. Die-<lb/>
&#x017F;er &#x017F;chien auch durch die angenehme Nachricht er-<lb/>
füllt zu werden, daß un&#x017F;er Regiment die Winterquar-<lb/>
tiere beziehen &#x017F;olle. Mit welcher Lu&#x017F;t verbrannten wir<lb/>
in der letzten Nacht un&#x017F;ere Hütten, und tanzten, Ab-<lb/>
&#x017F;chied- und Spottlieder &#x017F;ingend, um die himmelhohen<lb/>
Strohflammen, bis das Horn zum Aufbruch rief. Aber<lb/>
die Lu&#x017F;t verrauchte bald wie jenes Strohfeuer. Jn<lb/>
langwierigen, be&#x017F;chwerlichen Tagemär&#x017F;chen, durchirrten<lb/>
wir die herb&#x017F;tlichen Ardennen, und es &#x017F;chien, als &#x017F;ollten<lb/>
wir, gleich den Juden, durch eine Wü&#x017F;te geführt wer-<lb/>
den, ehe wir gereinigt das gelobte Land der Cantonni-<lb/>
rungen erreichten. Welch&#x2019; ein müh&#x017F;ames Hinauf&#x017F;tei-<lb/>
gen durch von Regen und Giesbächen durchwühlte<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0042] eben ſo viel Louis nicht aufwiegen wird. Sage ihm das Alles, es wäre mein Ultimatum und ſeiner Be- ſuche wäre ich überdrüſſig, auch wollte ich keine Un- terhändler — Geld — Geld! Nun Gott befohlen.“ — Damit wandte er ſich um, und erreichte grade das Thor, als mich der Gefreite von meinem Poſten ablöſte. Andere würden vielleicht an meiner Stelle, durch die Anhäufung des Geheimnißvollen, dagegen abge- ſtumpft worden ſeyn. Mir wurde, je mehr ich er- fuhr, immer unheimlicher zu Muthe. Jch fühlte mich nicht mehr gedrungen, irgend Jemandem, was auf mir la- ſtete, mitzutheilen, aber es war mein ſehnlicher Wunſch, aus dieſem Kreiſe herausgeriſſen zu werden. Die- ſer ſchien auch durch die angenehme Nachricht er- füllt zu werden, daß unſer Regiment die Winterquar- tiere beziehen ſolle. Mit welcher Luſt verbrannten wir in der letzten Nacht unſere Hütten, und tanzten, Ab- ſchied- und Spottlieder ſingend, um die himmelhohen Strohflammen, bis das Horn zum Aufbruch rief. Aber die Luſt verrauchte bald wie jenes Strohfeuer. Jn langwierigen, beſchwerlichen Tagemärſchen, durchirrten wir die herbſtlichen Ardennen, und es ſchien, als ſollten wir, gleich den Juden, durch eine Wüſte geführt wer- den, ehe wir gereinigt das gelobte Land der Cantonni- rungen erreichten. Welch’ ein mühſames Hinaufſtei- gen durch von Regen und Giesbächen durchwühlte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Andreas Hungeling / https://www.stimm-los.de/: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-07-16T12:57:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-07-16T12:57:05Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830/42
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100, hier S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830/42>, abgerufen am 24.11.2024.