trug und sich Freiwilliger nannte, hier war er mir ein willkommener Freund.
Schon zwei Stunden hatte der Mensch fortge- schwatzt, um so beredter, je weniger er von der Sache verstand. Auch hier in den öden Felsschluchten der Maas war das Theater ein unerschöpflicher Gegenstand, und dieser Marqueur war nicht der einzige Freiwillige, der Mitglied eines Liebhabertheaters gewesen, "weil das am leichtesten Bildung verschafft." Er hoffte bestimmt auf eine Anstellung bei'm Nationaltheater, wie Jffland ihm schon versprochen. Ein kleiner Dienst für's Va- terland mußte ihm die noch fehlende Künstlerqualifica- tion geben, und nach seinen Militairzeugnissen hoffte er als Carl Moor auftreten zu dürfen. Jch weiß nicht, ob es ihm gelungen ist. Er war aber auch ein großer Reformator. Jn die Räuber wollte er durch- aus ein glückliches Ende bringen. Carl sollte nach ihm mit gebundenen Augen zum Rade geschleift werden. Dann wurde die Binde abgerissen und ein Pardon des Kaisers versetzte ihn vom Galgen zu einem Gränzre- giment, und zwar als Gouverneur. Er hegte die ge- wisse Zuversicht, daß man einem gedienten Soldaten einen so billigen Wunsch nicht versagen dürfe. Waren doch die Ansprüche vieler Cameraden auf Berücksichti- gung ihrer freiwilligen Verdienste nicht geringer, wenn auch das Lächerliche weniger in's Auge fiel. Wie Viele
trug und ſich Freiwilliger nannte, hier war er mir ein willkommener Freund.
Schon zwei Stunden hatte der Menſch fortge- ſchwatzt, um ſo beredter, je weniger er von der Sache verſtand. Auch hier in den öden Felsſchluchten der Maas war das Theater ein unerſchöpflicher Gegenſtand, und dieſer Marqueur war nicht der einzige Freiwillige, der Mitglied eines Liebhabertheaters geweſen, „weil das am leichteſten Bildung verſchafft.“ Er hoffte beſtimmt auf eine Anſtellung bei’m Nationaltheater, wie Jffland ihm ſchon verſprochen. Ein kleiner Dienſt für’s Va- terland mußte ihm die noch fehlende Künſtlerqualifica- tion geben, und nach ſeinen Militairzeugniſſen hoffte er als Carl Moor auftreten zu dürfen. Jch weiß nicht, ob es ihm gelungen iſt. Er war aber auch ein großer Reformator. Jn die Räuber wollte er durch- aus ein glückliches Ende bringen. Carl ſollte nach ihm mit gebundenen Augen zum Rade geſchleift werden. Dann wurde die Binde abgeriſſen und ein Pardon des Kaiſers verſetzte ihn vom Galgen zu einem Gränzre- giment, und zwar als Gouverneur. Er hegte die ge- wiſſe Zuverſicht, daß man einem gedienten Soldaten einen ſo billigen Wunſch nicht verſagen dürfe. Waren doch die Anſprüche vieler Cameraden auf Berückſichti- gung ihrer freiwilligen Verdienſte nicht geringer, wenn auch das Lächerliche weniger in’s Auge fiel. Wie Viele
<TEI><text><body><div><p><pbfacs="#f0024"/>
trug und ſich Freiwilliger nannte, hier war er mir<lb/>
ein willkommener Freund.</p><lb/><p>Schon zwei Stunden hatte der Menſch fortge-<lb/>ſchwatzt, um ſo beredter, je weniger er von der Sache<lb/>
verſtand. Auch hier in den öden Felsſchluchten der<lb/>
Maas war das Theater ein unerſchöpflicher Gegenſtand,<lb/>
und dieſer Marqueur war nicht der einzige Freiwillige,<lb/>
der Mitglied eines Liebhabertheaters geweſen, „weil das<lb/>
am leichteſten Bildung verſchafft.“ Er hoffte beſtimmt<lb/>
auf eine Anſtellung bei’m Nationaltheater, wie Jffland<lb/>
ihm ſchon verſprochen. Ein kleiner Dienſt für’s Va-<lb/>
terland mußte ihm die noch fehlende Künſtlerqualifica-<lb/>
tion geben, und nach ſeinen Militairzeugniſſen hoffte<lb/>
er als Carl Moor auftreten zu dürfen. Jch weiß<lb/>
nicht, ob es ihm gelungen iſt. Er war aber auch ein<lb/>
großer Reformator. Jn die Räuber wollte er durch-<lb/>
aus ein glückliches Ende bringen. Carl ſollte nach ihm<lb/>
mit gebundenen Augen zum Rade geſchleift werden.<lb/>
Dann wurde die Binde abgeriſſen und ein Pardon des<lb/>
Kaiſers verſetzte ihn vom Galgen zu einem Gränzre-<lb/>
giment, und zwar als Gouverneur. Er hegte die ge-<lb/>
wiſſe Zuverſicht, daß man einem gedienten Soldaten<lb/>
einen ſo billigen Wunſch nicht verſagen dürfe. Waren<lb/>
doch die Anſprüche vieler Cameraden auf Berückſichti-<lb/>
gung ihrer freiwilligen Verdienſte nicht geringer, wenn<lb/>
auch das Lächerliche weniger in’s Auge fiel. Wie Viele<lb/></p></div></body></text></TEI>
[0024]
trug und ſich Freiwilliger nannte, hier war er mir
ein willkommener Freund.
Schon zwei Stunden hatte der Menſch fortge-
ſchwatzt, um ſo beredter, je weniger er von der Sache
verſtand. Auch hier in den öden Felsſchluchten der
Maas war das Theater ein unerſchöpflicher Gegenſtand,
und dieſer Marqueur war nicht der einzige Freiwillige,
der Mitglied eines Liebhabertheaters geweſen, „weil das
am leichteſten Bildung verſchafft.“ Er hoffte beſtimmt
auf eine Anſtellung bei’m Nationaltheater, wie Jffland
ihm ſchon verſprochen. Ein kleiner Dienſt für’s Va-
terland mußte ihm die noch fehlende Künſtlerqualifica-
tion geben, und nach ſeinen Militairzeugniſſen hoffte
er als Carl Moor auftreten zu dürfen. Jch weiß
nicht, ob es ihm gelungen iſt. Er war aber auch ein
großer Reformator. Jn die Räuber wollte er durch-
aus ein glückliches Ende bringen. Carl ſollte nach ihm
mit gebundenen Augen zum Rade geſchleift werden.
Dann wurde die Binde abgeriſſen und ein Pardon des
Kaiſers verſetzte ihn vom Galgen zu einem Gränzre-
giment, und zwar als Gouverneur. Er hegte die ge-
wiſſe Zuverſicht, daß man einem gedienten Soldaten
einen ſo billigen Wunſch nicht verſagen dürfe. Waren
doch die Anſprüche vieler Cameraden auf Berückſichti-
gung ihrer freiwilligen Verdienſte nicht geringer, wenn
auch das Lächerliche weniger in’s Auge fiel. Wie Viele
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Andreas Hungeling / https://www.stimm-los.de/: Bereitstellung der Texttranskription.
(2020-07-16T12:57:05Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-07-16T12:57:05Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: nicht übernommen;
Druckfehler: dokumentiert;
fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
i/j in Fraktur: keine Angabe;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: gekennzeichnet;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: dokumentiert;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: wie Vorlage;
u/v bzw. U/V: keine Angabe;
Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: DTABf-getreu;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100, hier S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830/24>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.