teln ausgerüstet; neben der Kriegskameradschaft herrschte ein gesellschaftlicher Verband. Diesmal lieh der Staat jedem, der es verlangte, und in irgend einer Truppen- gattung schon gedient, Jägerrock und Waffen. Hoff- nung bürgerlicher Vortheile hatte viele Menschen von sehr roher, ja selbst verdächtiger Sinnesart in unsre Reihen geführt. Der Gebildetere mußte daher, statt zu wählen, seinen Umgang suchen. Er mußte es mit Vor- sicht thun, um nicht zu beleidigen. Nirgends stößt der Aristocratismus, auf welche Art er sich zeige, mehr an als im Soldatenstand, den der nothwendige Despotis- mus an eine strenge Gleichheit gewöhnt hat. Schon der Vorzug der Bildung, wenn man ihn nicht geflis- sentlich verbarg, setzte dem Hohn und Spott aus. Meine Freude war daher nicht gering, als mir beim Eintreten in den Lagerplatz des Pikets, mein Freund ***, wel- chen ich krank im Lazareth vermuthete, entgegen trat. So viel mir der Flammenschein zu sehn erlaubte, schien er noch blaß und verstört. Er drückte mir die Hand, und sagte, er habe mir viel zu erzählen. --
Der Lagerplatz unseres Pikets war ein zerstörtes ehemaliges Kloster, auf einem hüglichten Abhange, der sich nach der Maas zusenkt. Wenn ich nicht in der Schreibart irre, hieß es Felixpre. Auch unsere Lands- leute waren nicht immer wie Tauben im Feindeslande.
teln ausgerüſtet; neben der Kriegskameradſchaft herrſchte ein geſellſchaftlicher Verband. Diesmal lieh der Staat jedem, der es verlangte, und in irgend einer Truppen- gattung ſchon gedient, Jägerrock und Waffen. Hoff- nung bürgerlicher Vortheile hatte viele Menſchen von ſehr roher, ja ſelbſt verdächtiger Sinnesart in unſre Reihen geführt. Der Gebildetere mußte daher, ſtatt zu wählen, ſeinen Umgang ſuchen. Er mußte es mit Vor- ſicht thun, um nicht zu beleidigen. Nirgends ſtößt der Ariſtocratismus, auf welche Art er ſich zeige, mehr an als im Soldatenſtand, den der nothwendige Despotis- mus an eine ſtrenge Gleichheit gewöhnt hat. Schon der Vorzug der Bildung, wenn man ihn nicht gefliſ- ſentlich verbarg, ſetzte dem Hohn und Spott aus. Meine Freude war daher nicht gering, als mir beim Eintreten in den Lagerplatz des Pikets, mein Freund ***, wel- chen ich krank im Lazareth vermuthete, entgegen trat. So viel mir der Flammenſchein zu ſehn erlaubte, ſchien er noch blaß und verſtört. Er drückte mir die Hand, und ſagte, er habe mir viel zu erzählen. —
Der Lagerplatz unſeres Pikets war ein zerſtörtes ehemaliges Kloſter, auf einem hüglichten Abhange, der ſich nach der Maas zuſenkt. Wenn ich nicht in der Schreibart irre, hieß es Felixpré. Auch unſere Lands- leute waren nicht immer wie Tauben im Feindeslande.
<TEI><text><body><div><p><pbfacs="#f0012"/>
teln ausgerüſtet; neben der Kriegskameradſchaft herrſchte<lb/>
ein geſellſchaftlicher Verband. Diesmal lieh der Staat<lb/>
jedem, der es verlangte, und in irgend einer Truppen-<lb/>
gattung ſchon gedient, Jägerrock und Waffen. Hoff-<lb/>
nung bürgerlicher Vortheile hatte viele Menſchen von<lb/>ſehr roher, ja ſelbſt verdächtiger Sinnesart in unſre<lb/>
Reihen geführt. Der Gebildetere mußte daher, ſtatt zu<lb/>
wählen, ſeinen Umgang ſuchen. Er mußte es mit Vor-<lb/>ſicht thun, um nicht zu beleidigen. Nirgends ſtößt der<lb/>
Ariſtocratismus, auf welche Art er ſich zeige, mehr an<lb/>
als im Soldatenſtand, den der nothwendige Despotis-<lb/>
mus an eine ſtrenge Gleichheit gewöhnt hat. Schon<lb/>
der Vorzug der Bildung, wenn man ihn nicht gefliſ-<lb/>ſentlich verbarg, ſetzte dem Hohn und Spott aus. Meine<lb/>
Freude war daher nicht gering, als mir beim Eintreten<lb/>
in den Lagerplatz des Pikets, mein Freund ***, wel-<lb/>
chen ich krank im Lazareth vermuthete, entgegen trat.<lb/>
So viel mir der Flammenſchein zu ſehn erlaubte, ſchien<lb/>
er noch blaß und verſtört. Er drückte mir die Hand,<lb/>
und ſagte, er habe mir viel zu erzählen. —</p><lb/><p>Der Lagerplatz unſeres Pikets war ein zerſtörtes<lb/>
ehemaliges Kloſter, auf einem hüglichten Abhange, der<lb/>ſich nach der Maas zuſenkt. Wenn ich nicht in der<lb/>
Schreibart irre, hieß es Felixpré. Auch unſere Lands-<lb/>
leute waren nicht immer wie Tauben im Feindeslande.<lb/></p></div></body></text></TEI>
[0012]
teln ausgerüſtet; neben der Kriegskameradſchaft herrſchte
ein geſellſchaftlicher Verband. Diesmal lieh der Staat
jedem, der es verlangte, und in irgend einer Truppen-
gattung ſchon gedient, Jägerrock und Waffen. Hoff-
nung bürgerlicher Vortheile hatte viele Menſchen von
ſehr roher, ja ſelbſt verdächtiger Sinnesart in unſre
Reihen geführt. Der Gebildetere mußte daher, ſtatt zu
wählen, ſeinen Umgang ſuchen. Er mußte es mit Vor-
ſicht thun, um nicht zu beleidigen. Nirgends ſtößt der
Ariſtocratismus, auf welche Art er ſich zeige, mehr an
als im Soldatenſtand, den der nothwendige Despotis-
mus an eine ſtrenge Gleichheit gewöhnt hat. Schon
der Vorzug der Bildung, wenn man ihn nicht gefliſ-
ſentlich verbarg, ſetzte dem Hohn und Spott aus. Meine
Freude war daher nicht gering, als mir beim Eintreten
in den Lagerplatz des Pikets, mein Freund ***, wel-
chen ich krank im Lazareth vermuthete, entgegen trat.
So viel mir der Flammenſchein zu ſehn erlaubte, ſchien
er noch blaß und verſtört. Er drückte mir die Hand,
und ſagte, er habe mir viel zu erzählen. —
Der Lagerplatz unſeres Pikets war ein zerſtörtes
ehemaliges Kloſter, auf einem hüglichten Abhange, der
ſich nach der Maas zuſenkt. Wenn ich nicht in der
Schreibart irre, hieß es Felixpré. Auch unſere Lands-
leute waren nicht immer wie Tauben im Feindeslande.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Andreas Hungeling / https://www.stimm-los.de/: Bereitstellung der Texttranskription.
(2020-07-16T12:57:05Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-07-16T12:57:05Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: nicht übernommen;
Druckfehler: dokumentiert;
fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
i/j in Fraktur: keine Angabe;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: gekennzeichnet;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: dokumentiert;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: wie Vorlage;
u/v bzw. U/V: keine Angabe;
Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: DTABf-getreu;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Alexis, Willibald: Iblou. In: Ders.: Gesammelte Novellen. Erster Band. Berlin, 1830, S. 1–100, hier S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_iblou_1830/12>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.