Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Albertinus, Aegidius: Der Landtstörtzer: Gusman von Alfarche oder Picaro genannt. Bd. 1. München, 1615.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Landtstörtzer.
sollicitire, vnd was sie für vnmügliche ding
sich vnderfahe. Damals sahe vnd befand ich/
wz massen vnsere mutter die natur sich mit gar
wenigen läst benügen/ vnd ob sie schon menigli-
chen vil gibt/ doch niemand zu friden ist/ sonder
sein noth vnd armut beklaget. Jch sahe klärlich
was gestalt das widerwertige Glück die Men-
schen fürsichtig machet: Damals gedunckte
mich/ daß ich ein newes Liecht sahe/ dann wie
in einem klaren Spiegel repraesentirte sich
mir das vergangne/ das gegenwertige/ vnd dz
zukünfftige: Biß dato war ich gleichsamb nur
ein junges Füllel/ einer Witfrawen Sohn vnd
ein verwent es vbel/ vnderwisenes Kindt ge-
west/ das Alter/ der verstand vnd die erfahren-
heit gingen mir ab/ vnd das aller ärgiste war/
daß ich keinen einigen Menschen hatte/ der
mir etwan einen guten Rath hette gegeben/
derwegen wuste ich je nit/ was ich thun solte/
Nicht gern wolte ich weiter fort reisen/ dann
ich hatte kein zehrung: Widerumb zu ruck zu
gehen/ schämte ich mich/ O wie vil Menschen
hab ich verderben sehen wegen deß blossen sche-
mens/ O wie vil feine Jungfrawen haben vnder-

lassen

Der Landtſtoͤrtzer.
ſollicitire, vnd was ſie fuͤr vnmuͤgliche ding
ſich vnderfahe. Damals ſahe vnd befand ich/
wz maſſẽ vnſere mutter die natur ſich mit gar
wenigẽ laͤſt benuͤgen/ vñ ob ſie ſchon menigli-
chẽ vil gibt/ doch niemand zu friden iſt/ ſonder
ſein noth vñ armut beklaget. Jch ſahe klaͤrlich
was geſtalt das widerwertige Gluͤck die Men-
ſchen fuͤrſichtig machet: Damals gedunckte
mich/ daß ich ein newes Liecht ſahe/ dann wie
in einem klaren Spiegel repræſentirte ſich
mir das vergangne/ das gegenwertige/ vnd dz
zukuͤnfftige: Biß dato war ich gleichſamb nur
ein junges Fuͤllel/ einer Witfrawen Sohn vñ
ein verwent es vbel/ vnderwiſenes Kindt ge-
weſt/ das Alter/ der verſtand vnd die erfahren-
heit gingen mir ab/ vnd das aller aͤrgiſte war/
daß ich keinen einigen Menſchen hatte/ der
mir etwan einen guten Rath hette gegeben/
derwegen wuſte ich je nit/ was ich thun ſolte/
Nicht gern wolte ich weiter fort reiſen/ dann
ich hatte kein zehrung: Widerumb zu ruck zu
gehen/ ſchaͤmte ich mich/ O wie vil Menſchen
hab ich verderbẽ ſehen wegen deß bloſſen ſche-
mens/ O wie vil feine Jungfrawẽ habẽ vnder-

laſſen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0069" n="47"/><fw place="top" type="header">Der Landt&#x017F;to&#x0364;rtzer.</fw><lb/><hi rendition="#aq">&#x017F;ollicitire,</hi> vnd was &#x017F;ie fu&#x0364;r vnmu&#x0364;gliche ding<lb/>
&#x017F;ich vnderfahe. Damals &#x017F;ahe vnd befand ich/<lb/>
wz ma&#x017F;&#x017F;e&#x0303; vn&#x017F;ere mutter die natur &#x017F;ich mit gar<lb/>
wenige&#x0303; la&#x0364;&#x017F;t benu&#x0364;gen/ vn&#x0303; ob &#x017F;ie &#x017F;chon menigli-<lb/>
che&#x0303; vil gibt/ doch niemand zu friden i&#x017F;t/ &#x017F;onder<lb/>
&#x017F;ein noth vn&#x0303; armut beklaget. Jch &#x017F;ahe kla&#x0364;rlich<lb/>
was ge&#x017F;talt das widerwertige Glu&#x0364;ck die Men-<lb/>
&#x017F;chen fu&#x0364;r&#x017F;ichtig machet: Damals gedunckte<lb/>
mich/ daß ich ein newes Liecht &#x017F;ahe/ dann wie<lb/>
in einem klaren Spiegel <hi rendition="#aq">repræ&#x017F;entirte</hi> &#x017F;ich<lb/>
mir das vergangne/ das gegenwertige/ vnd dz<lb/>
zuku&#x0364;nfftige: Biß dato war ich gleich&#x017F;amb nur<lb/>
ein junges Fu&#x0364;llel/ einer Witfrawen Sohn vn&#x0303;<lb/>
ein verwent es vbel/ vnderwi&#x017F;enes Kindt ge-<lb/>
we&#x017F;t/ das Alter/ der ver&#x017F;tand vnd die erfahren-<lb/>
heit gingen mir ab/ vnd das aller a&#x0364;rgi&#x017F;te war/<lb/>
daß ich keinen einigen Men&#x017F;chen hatte/ der<lb/>
mir etwan einen guten Rath hette gegeben/<lb/>
derwegen wu&#x017F;te ich je nit/ was ich thun &#x017F;olte/<lb/>
Nicht gern wolte ich weiter fort rei&#x017F;en/ dann<lb/>
ich hatte kein zehrung: Widerumb zu ruck zu<lb/>
gehen/ &#x017F;cha&#x0364;mte ich mich/ O wie vil Men&#x017F;chen<lb/>
hab ich verderbe&#x0303; &#x017F;ehen wegen deß blo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;che-<lb/>
mens/ O wie vil feine Jungfrawe&#x0303; habe&#x0303; vnder-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">la&#x017F;&#x017F;en</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[47/0069] Der Landtſtoͤrtzer. ſollicitire, vnd was ſie fuͤr vnmuͤgliche ding ſich vnderfahe. Damals ſahe vnd befand ich/ wz maſſẽ vnſere mutter die natur ſich mit gar wenigẽ laͤſt benuͤgen/ vñ ob ſie ſchon menigli- chẽ vil gibt/ doch niemand zu friden iſt/ ſonder ſein noth vñ armut beklaget. Jch ſahe klaͤrlich was geſtalt das widerwertige Gluͤck die Men- ſchen fuͤrſichtig machet: Damals gedunckte mich/ daß ich ein newes Liecht ſahe/ dann wie in einem klaren Spiegel repræſentirte ſich mir das vergangne/ das gegenwertige/ vnd dz zukuͤnfftige: Biß dato war ich gleichſamb nur ein junges Fuͤllel/ einer Witfrawen Sohn vñ ein verwent es vbel/ vnderwiſenes Kindt ge- weſt/ das Alter/ der verſtand vnd die erfahren- heit gingen mir ab/ vnd das aller aͤrgiſte war/ daß ich keinen einigen Menſchen hatte/ der mir etwan einen guten Rath hette gegeben/ derwegen wuſte ich je nit/ was ich thun ſolte/ Nicht gern wolte ich weiter fort reiſen/ dann ich hatte kein zehrung: Widerumb zu ruck zu gehen/ ſchaͤmte ich mich/ O wie vil Menſchen hab ich verderbẽ ſehen wegen deß bloſſen ſche- mens/ O wie vil feine Jungfrawẽ habẽ vnder- laſſen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_landtstoertzer01_1615
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_landtstoertzer01_1615/69
Zitationshilfe: Albertinus, Aegidius: Der Landtstörtzer: Gusman von Alfarche oder Picaro genannt. Bd. 1. München, 1615, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_landtstoertzer01_1615/69>, abgerufen am 24.11.2024.