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[Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618].

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Hirnschleiffer.
nachfolgen/ so werden wir für besessne gehal-
ten: Hergegen helt man vns für Engel/
woferrn wir der Engel natur vnnd rainigkeit
nachfolgen.

Als der H. Ioannes zuuerstehen geben
wolte/ ob einer die Lieb hette oder nit/ sprach
er in der 1. Ioan. am 3. Cap. Wann jemand
diser Welt güter hat/ vnd sihet seinen Bru-
der not leiden vnd schleust sein Hertz vor jhm
zu/ wie bleibt die Lieb Gottes in jhm? Als
wolte er sagen: ob schon du sagst/ du suchest
Gottes vnd deines Nechsten Lieb/ jedoch/ wo-
ferrn du deines Nechsten notturfftigkeit nicht
zu hilff kombst/ so sihe ich nit/ wie du dich der
Liebbillich berühmen könnest: Eben dises kön-
nen auch wir von denen sagen/ so da jhr Geld
mit vilen/ mit köstlichem Haußrath/ mit
panchtiren vnnd mit schönen Frawen ver-
schwe[nd]en/ vnd aber den armen nichts geben/
in denseben ist durchauß kein Liebe verhan-
den/ Darn wie ein verborgnes Feur im busen
nit lang kar verborgen bleiben/ sonder sein hitz
herfürlest/ also/ woferrn ein Lieb im Menschen
ist/ so muß sie durch die Werck erscheinen:
dann nur den Wercken glaubt man.

Vor
G 2

Hirnſchleiffer.
nachfolgen/ ſo werden wir fuͤr beſeſſne gehal-
ten: Hergegen helt man vns fuͤr Engel/
woferꝛn wir der Engel natur vnnd rainigkeit
nachfolgen.

Als der H. Ioannes zuuerſtehen geben
wolte/ ob einer die Lieb hette oder nit/ ſprach
er in der 1. Ioan. am 3. Cap. Wann jemand
diſer Welt guͤter hat/ vnd ſihet ſeinen Bru-
der not leiden vnd ſchleuſt ſein Hertz vor jhm
zu/ wie bleibt die Lieb Gottes in jhm? Als
wolte er ſagen: ob ſchon du ſagſt/ du ſucheſt
Gottes vnd deines Nechſten Lieb/ jedoch/ wo-
ferꝛn du deines Nechſten notturfftigkeit nicht
zu hilff kombſt/ ſo ſihe ich nit/ wie du dich der
Liebbillich beruͤhmen koͤnneſt: Eben diſes koͤn-
nen auch wir von denen ſagen/ ſo da jhr Geld
mit vilen/ mit koͤſtlichem Haußrath/ mit
panchtiren vnnd mit ſchoͤnen Frawen ver-
ſchwe[nd]en/ vnd aber den armen nichts geben/
in denſeben iſt durchauß kein Liebe verhan-
den/ Darn wie ein verborgnes Feur im buſen
nit lang kar verborgen bleiben/ ſonder ſein hitz
herfuͤrleſt/ alſo/ woferꝛn ein Lieb im Menſchen
iſt/ ſo muß ſie durch die Werck erſcheinen:
dann nur den Wercken glaubt man.

Vor
G 2
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[99/0115] Hirnſchleiffer. nachfolgen/ ſo werden wir fuͤr beſeſſne gehal- ten: Hergegen helt man vns fuͤr Engel/ woferꝛn wir der Engel natur vnnd rainigkeit nachfolgen. Als der H. Ioannes zuuerſtehen geben wolte/ ob einer die Lieb hette oder nit/ ſprach er in der 1. Ioan. am 3. Cap. Wann jemand diſer Welt guͤter hat/ vnd ſihet ſeinen Bru- der not leiden vnd ſchleuſt ſein Hertz vor jhm zu/ wie bleibt die Lieb Gottes in jhm? Als wolte er ſagen: ob ſchon du ſagſt/ du ſucheſt Gottes vnd deines Nechſten Lieb/ jedoch/ wo- ferꝛn du deines Nechſten notturfftigkeit nicht zu hilff kombſt/ ſo ſihe ich nit/ wie du dich der Liebbillich beruͤhmen koͤnneſt: Eben diſes koͤn- nen auch wir von denen ſagen/ ſo da jhr Geld mit vilen/ mit koͤſtlichem Haußrath/ mit panchtiren vnnd mit ſchoͤnen Frawen ver- ſchwenden/ vnd aber den armen nichts geben/ in denſeben iſt durchauß kein Liebe verhan- den/ Darn wie ein verborgnes Feur im buſen nit lang kar verborgen bleiben/ ſonder ſein hitz herfuͤrleſt/ alſo/ woferꝛn ein Lieb im Menſchen iſt/ ſo muß ſie durch die Werck erſcheinen: dann nur den Wercken glaubt man. Vor G 2

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Zitationshilfe: [Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618], S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_hirnschleifer_1618/115>, abgerufen am 24.11.2024.