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[Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618].

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Hirnschleiffer.

Dise wort: nosce te ipsum: wurden da-
mals oben an die Kirchen Thür zu Delphis
mit guldinen Buchstaben geschriben/ dann
dermassen notwendig ist dieselbst eigne erkent-
nuß/ daß der Bräutigam zu seiner Braut in
den hohen Liedern am 1. capittel/ die sich selbst
nit kennte/ sagte: Kenstu dich nit/ du schö-
neste vnder den Weibern/ so gehe hin-
auß.
Er will sagen: ob schon du die aller-
schönste vnder allen Weibern bist/ jedoch/ wo-
ferrn du dich selbst nit kennest/ so troll dich auß
meinem Hauß vnd gehe mir auß den Gesicht.

Damit aber die Seel sich selbst kenne/ so
gibt jhr Elephas Themanites einen guten
rath vnnd sagt: wirstu dein schönheit besu-
chen/ so wirstu ohne Sünd bleiben: woferrn
du dich selbst in einem Spiegel beschawest/ so
wirstu dich niemaln versündigen. Die Al-
ten mahlten die Fürsichtigkeit in der gestalt
eines weisen Manns/ der sich in einem Spie-
gel beschawete/ dann deß Spiegels art vnnd
eigenschafft ist/ daß er den Menschen sein leib-
liche natürliche gestalt/ schönheit/ mengel vnd
gebrechen zeiget.

Im Exodo beualch Gott der HErr/ daß

im
Hirnſchleiffer.

Diſe wort: noſce te ipſum: wurden da-
mals oben an die Kirchen Thuͤr zu Delphis
mit guldinen Buchſtaben geſchriben/ dann
dermaſſen notwendig iſt dieſelbſt eigne erkent-
nuß/ daß der Braͤutigam zu ſeiner Braut in
den hohen Liedern am 1. capittel/ die ſich ſelbſt
nit keñte/ ſagte: Kenſtu dich nit/ du ſchoͤ-
neſte vnder den Weibern/ ſo gehe hin-
auß.
Er will ſagen: ob ſchon du die aller-
ſchoͤnſte vnder allen Weibern biſt/ jedoch/ wo-
ferꝛn du dich ſelbſt nit kenneſt/ ſo troll dich auß
meinem Hauß vnd gehe mir auß dẽ Geſicht.

Damit aber die Seel ſich ſelbſt kenne/ ſo
gibt jhr Elephas Themanites einen guten
rath vnnd ſagt: wirſtu dein ſchoͤnheit beſu-
chen/ ſo wirſtu ohne Suͤnd bleiben: woferꝛn
du dich ſelbſt in einem Spiegel beſchaweſt/ ſo
wirſtu dich niemaln verſuͤndigen. Die Al-
ten mahlten die Fürſichtigkeit in der geſtalt
eines weiſen Manns/ der ſich in einem Spie-
gel beſchawete/ dann deß Spiegels art vnnd
eigenſchafft iſt/ daß er den Menſchen ſein leib-
liche natuͤrliche geſtalt/ ſchoͤnheit/ mengel vnd
gebrechen zeiget.

Im Exodo beualch Gott der HErꝛ/ daß

im
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[88/0104] Hirnſchleiffer. Diſe wort: noſce te ipſum: wurden da- mals oben an die Kirchen Thuͤr zu Delphis mit guldinen Buchſtaben geſchriben/ dann dermaſſen notwendig iſt dieſelbſt eigne erkent- nuß/ daß der Braͤutigam zu ſeiner Braut in den hohen Liedern am 1. capittel/ die ſich ſelbſt nit keñte/ ſagte: Kenſtu dich nit/ du ſchoͤ- neſte vnder den Weibern/ ſo gehe hin- auß. Er will ſagen: ob ſchon du die aller- ſchoͤnſte vnder allen Weibern biſt/ jedoch/ wo- ferꝛn du dich ſelbſt nit kenneſt/ ſo troll dich auß meinem Hauß vnd gehe mir auß dẽ Geſicht. Damit aber die Seel ſich ſelbſt kenne/ ſo gibt jhr Elephas Themanites einen guten rath vnnd ſagt: wirſtu dein ſchoͤnheit beſu- chen/ ſo wirſtu ohne Suͤnd bleiben: woferꝛn du dich ſelbſt in einem Spiegel beſchaweſt/ ſo wirſtu dich niemaln verſuͤndigen. Die Al- ten mahlten die Fürſichtigkeit in der geſtalt eines weiſen Manns/ der ſich in einem Spie- gel beſchawete/ dann deß Spiegels art vnnd eigenſchafft iſt/ daß er den Menſchen ſein leib- liche natuͤrliche geſtalt/ ſchoͤnheit/ mengel vnd gebrechen zeiget. Im Exodo beualch Gott der HErꝛ/ daß im

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Zitationshilfe: [Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618], S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_hirnschleifer_1618/104>, abgerufen am 24.11.2024.