[Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618].

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Hirnschleiffer.

ren vnd der verbottnen lieb dienen/ diser vr-
sachen halben kan der Spiegel ein Rathge-
ber der schönheit genennt werden/ dann er ra-
thet den närrischen Weibern vnd Männern/
wie sie jhr Angesicht zieren/ anstreichen/
schmucken/ vnd jhre Haar vnd Bärth butzen
sollen: Solches aber ist nicht allein ein miß-
brauch/ sonder ein Hoffart vnd Sünd/ dann
keiner andern vrsachen halben seind die Spie-
gel erdacht vnd erfunden worden/ als/ damit
der Mensch sich selbst sehen vnnd erkennen
möchte. Ein schöner Mensch soll sich im
Spiegel beschawen/ damit er sich vor spott
vnnd schandt hüte: Ein Heßlicher/ damit
er seine mengel vnnd gebrechen deß Leibs
durch die tugent ersetze: Ein Junger/ damit
er durch sein blüende Jugent erinnert wer-
de/ daß solches ein zeit deß lernens vnnd tu-
gentsamen wirckens seye: Ein Alter aber
damit er sein Alter betrachte/ alle Kindt-
liche naigungen ablegen vnd auff den Todt
gedencken solle.

Vnder jenen alten siben Athenien-
sischen Weltweisen/ war meines erach-

tens/

Hirnſchleiffer.

ren vnd der verbottnen lieb dienen/ diſer vr-
ſachen halben kan der Spiegel ein Rathge-
ber der ſchoͤnheit genennt werden/ dann er ra-
thet den naͤrꝛiſchen Weibern vnd Maͤnnern/
wie ſie jhr Angeſicht zieren/ anſtreichen/
ſchmucken/ vnd jhre Haar vnd Baͤrth butzen
ſollen: Solches aber iſt nicht allein ein miß-
brauch/ ſonder ein Hoffart vnd Suͤnd/ dann
keiner andern vrſachen halben ſeind die Spie-
gel erdacht vnd erfunden worden/ als/ damit
der Menſch ſich ſelbſt ſehen vnnd erkennen
moͤchte. Ein ſchoͤner Menſch ſoll ſich im
Spiegel beſchawen/ damit er ſich vor ſpott
vnnd ſchandt huͤte: Ein Heßlicher/ damit
er ſeine mengel vnnd gebrechen deß Leibs
durch die tugent erſetze: Ein Junger/ damit
er durch ſein bluͤende Jugent erinnert wer-
de/ daß ſolches ein zeit deß lernens vnnd tu-
gentſamen wirckens ſeye: Ein Alter aber
damit er ſein Alter betrachte/ alle Kindt-
liche naigungen ablegen vnd auff den Todt
gedencken ſolle.

Vnder jenen alten ſiben Athenien-
ſiſchen Weltweiſen/ war meines erach-

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[86/0102] Hirnſchleiffer. ren vnd der verbottnen lieb dienen/ diſer vr- ſachen halben kan der Spiegel ein Rathge- ber der ſchoͤnheit genennt werden/ dann er ra- thet den naͤrꝛiſchen Weibern vnd Maͤnnern/ wie ſie jhr Angeſicht zieren/ anſtreichen/ ſchmucken/ vnd jhre Haar vnd Baͤrth butzen ſollen: Solches aber iſt nicht allein ein miß- brauch/ ſonder ein Hoffart vnd Suͤnd/ dann keiner andern vrſachen halben ſeind die Spie- gel erdacht vnd erfunden worden/ als/ damit der Menſch ſich ſelbſt ſehen vnnd erkennen moͤchte. Ein ſchoͤner Menſch ſoll ſich im Spiegel beſchawen/ damit er ſich vor ſpott vnnd ſchandt huͤte: Ein Heßlicher/ damit er ſeine mengel vnnd gebrechen deß Leibs durch die tugent erſetze: Ein Junger/ damit er durch ſein bluͤende Jugent erinnert wer- de/ daß ſolches ein zeit deß lernens vnnd tu- gentſamen wirckens ſeye: Ein Alter aber damit er ſein Alter betrachte/ alle Kindt- liche naigungen ablegen vnd auff den Todt gedencken ſolle. Vnder jenen alten ſiben Athenien- ſiſchen Weltweiſen/ war meines erach- tens/

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Zitationshilfe:	[Albertinus, Aegidius]: Hiren schleifer. München, [1618], S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/albertinus_hirnschleifer_1618/102>, abgerufen am 24.11.2024.

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