Agricola, Johann Jacob: Schau-Platz deß Allgemeinen Hauß-Halten. Bd. 1. Nördlingen, 1677.Pontische Wermuth (absinthium ponticum) wie Galenus sie nennet/ diese ist an Blättern/ Blumen/ Stengeln kleiner/ die Blätterlein seyn weiß und linde/ wird an sandichten Hügeln gefunden: Wenn man nun diß Kraut gebrauchen will/ solle man/ wo sie sonst zu kriegen/ fürnemlich der Berg. Wermuth sich bedienen/ wo nicht/ muß man die erste Art dafür nehmen/ so von sich selbft hin und wider wächset/ nicht die/ so man im Garten ziehet/ (es sey dann/ daß es die Römische sey/ und von dem Kirchhoff sammlet / massen dieselbe viele widerwilligere Eigenschaffe in den Garten und Kirchhöfen an sich zeuch. Die Natur/ Krafft und Eigenschafft betreffend/ so seyn sonderlich die beyden erste Arten im ersten Grad warm/ und im dritten trocken/ warum sie etwär met / saubert und stärcket. Sie sollen eingesammlet werden zum Ende deß Heu-Monats/ wann es schön / klar und trucken Wetter ist umb Mittag/ man soll sie im Schatten truckenen und auff dürren/ denn in einem saubern Kasten oder in einem Beutel verwahren/ und jährlich erfrischen/ und werden von diesem herrlichen Kraute sehr viel köstliche Stücke inner und ausserhalb deß Liebes zu gebrauchen berettei: Nemlich so man die abgestreiffete Blätter und Blumen in Wein/ oder wer den nicht hat / im Wasser (eine gute oder auch zwey kleine Hand voll auf eine Kanne) kocher und durch sichtet/ einen Trunck ein oder mehrmal deß Tages davon thut/ stärcket es den Magen/ befördert die Däuung/ erwärmet den Leib/ stillet dessen und andere Schmertzen/ erhält das Blut für aller Fäulniß/ treibet die Gallen auß dem Leibe durch Stulgang/ und auß den Adern durch den Urin/ benimmt die Blesten (Winde) und das Grimmen deß Leibes/ treibet die Würmer auß/ öffnet die Verstopffung/ zerthelit die Gelbsucht/ beweget die geftandene Mond-Zeit/ und widerstehet (sonterlich der Gafft) allem kalten Gifft/ von Biisen-Kraut (hyoscyamus) Wermuth in Essig gesotten/ und getruncken/ widerstehet den gisseigen Schwämmen/ so man die gegessen hat; Was er in den Fiebern allerley Art/ im verschleimten Magen/ in stinck endem Athem/ im Aufftossen der Mutter / und sonsten vermüge/ ist mehr als bekannt; Ich will nicht gedencken deß edlen Wermuth-Weins/ allen nassen Nasen und Zech-Brüdern wohl bekannt/ der Wermuth conservae, deß Saltzes in Verhütung der Peste/ deß destillirten Wassers/ deß Oels deß Extracts, so in einem geringen Gewichte in allen Zufällen derer gedacht ist/ ohne sondern Eckel kan genossen werden/ und was sonst die sinnreiche Welt für angenehme und kostbare Mittel dieser Zeit darauß zugerichtet. Nichts weniger thut diß edle Kraut äusserlich das seine; In kalten Flüssen/ und dahero entstandener Haupt-Wehe/ nimm Wermuth/ koche es im Wasser/ schlage es zwischen Tücher/ und binde es umbs Haupt/ so warm als zu leyden ist/ es wird allen Schmertzen und Stiche fli[unleserliches Material]en/ und einen sanfften Schlaff bren- Pontische Wermuth (absinthium ponticum) wie Galenus sie nennet/ diese ist an Blättern/ Blumen/ Stengeln kleiner/ die Blätterlein seyn weiß und linde/ wird an sandichten Hügeln gefunden: Wenn man nun diß Kraut gebrauchen will/ solle man/ wo sie sonst zu kriegen/ fürnemlich der Berg. Wermuth sich bedienen/ wo nicht/ muß man die erste Art dafür nehmen/ so von sich selbft hin und wider wächset/ nicht die/ so man im Garten ziehet/ (es sey dann/ daß es die Römische sey/ und von dem Kirchhoff sam̃let / massen dieselbe viele widerwilligere Eigenschaffe in den Garten und Kirchhöfen an sich zeuch. Die Natur/ Krafft und Eigenschafft betreffend/ so seyn sonderlich die beyden erste Arten im ersten Grad warm/ und im dritten trocken/ warum sie etwär met / saubert und stärcket. Sie sollen eingesam̃let werden zum Ende deß Heu-Monats/ wann es schön / klar und trucken Wetter ist umb Mittag/ man soll sie im Schatten truckenen und auff dürren/ denn in einem saubern Kasten oder in einem Beutel verwahren/ und jährlich erfrischen/ und werden von diesem herrlichen Kraute sehr viel köstliche Stücke inner und ausserhalb deß Liebes zu gebrauchen berettei: Nemlich so man die abgestreiffete Blätter und Blumen in Wein/ oder wer den nicht hat / im Wasser (eine gute oder auch zwey kleine Hand voll auf eine Kanne) kocher und durch sichtet/ einen Trunck ein oder mehrmal deß Tages davon thut/ stärcket es den Magen/ befördert die Däuung/ erwärmet den Leib/ stillet dessen und andere Schmertzen/ erhält das Blut für aller Fäulniß/ treibet die Gallen auß dem Leibe durch Stulgang/ und auß den Adern durch den Urin/ benimmt die Blesten (Winde) und das Grim̃en deß Leibes/ treibet die Würmer auß/ öffnet die Verstopffung/ zerthelit die Gelbsucht/ beweget die geftandene Mond-Zeit/ und widerstehet (sonterlich der Gafft) allem kalten Gifft/ von Biisen-Kraut (hyoscyamus) Wermuth in Essig gesotten/ und getruncken/ widerstehet den gisseigen Schwämmen/ so man die gegessen hat; Was er in den Fiebern allerley Art/ im verschleimten Magen/ in stinck endem Athem/ im Aufftossen der Mutter / und sonsten vermüge/ ist mehr als bekannt; Ich will nicht gedencken deß edlen Wermuth-Weins/ allen nassen Nasen und Zech-Brüdern wohl bekannt/ der Wermuth conservae, deß Saltzes in Verhütung der Peste/ deß destillirten Wassers/ deß Oels deß Extracts, so in einem geringen Gewichte in allen Zufällen derer gedacht ist/ ohne sondern Eckel kan genossen werden/ und was sonst die sinnreiche Welt für angenehme und kostbare Mittel dieser Zeit darauß zugerichtet. Nichts weniger thut diß edle Kraut äusserlich das seine; In kalten Flüssen/ und dahero entstandener Haupt-Wehe/ nimm Wermuth/ koche es im Wasser/ schlage es zwischen Tücher/ und binde es umbs Haupt/ so warm als zu leyden ist/ es wird allen Schmertzen und Stiche fli[unleserliches Material]en/ und einen sanfften Schlaff bren- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0104" n="70"/> Pontische Wermuth (absinthium ponticum) wie Galenus sie nennet/ diese ist an Blättern/ Blumen/ Stengeln kleiner/ die Blätterlein seyn weiß und linde/ wird an sandichten Hügeln gefunden: Wenn man nun diß Kraut gebrauchen will/ solle man/ wo sie sonst zu kriegen/ fürnemlich der Berg. Wermuth sich bedienen/ wo nicht/ muß man die erste Art dafür nehmen/ so von sich selbft hin und wider wächset/ nicht die/ so man im Garten ziehet/ (es sey dann/ daß es die Römische sey/ und von dem Kirchhoff sam̃let / massen dieselbe viele widerwilligere Eigenschaffe in den Garten und Kirchhöfen an sich zeuch.</p> <p>Die Natur/ Krafft und Eigenschafft betreffend/ so seyn sonderlich die beyden erste Arten im ersten Grad warm/ und im dritten trocken/ warum sie etwär met / saubert und stärcket.</p> <p>Sie sollen eingesam̃let werden zum Ende deß Heu-Monats/ wann es schön / klar und trucken Wetter ist umb Mittag/ man soll sie im Schatten truckenen und auff dürren/ denn in einem saubern Kasten oder in einem Beutel verwahren/ und jährlich erfrischen/ und werden von diesem herrlichen Kraute sehr viel köstliche Stücke inner und ausserhalb deß Liebes zu gebrauchen berettei: Nemlich so man die abgestreiffete Blätter und Blumen in Wein/ oder wer den nicht hat / im Wasser (eine gute oder auch zwey kleine Hand voll auf eine Kanne) kocher und durch sichtet/ einen Trunck ein oder mehrmal deß Tages davon thut/ stärcket es den Magen/ befördert die Däuung/ erwärmet den Leib/ stillet dessen und andere Schmertzen/ erhält das Blut für aller Fäulniß/ treibet die Gallen auß dem Leibe durch Stulgang/ und auß den Adern durch den Urin/ benimmt die Blesten (Winde) und das Grim̃en deß Leibes/ treibet die Würmer auß/ öffnet die Verstopffung/ zerthelit die Gelbsucht/ beweget die geftandene Mond-Zeit/ und widerstehet (sonterlich der Gafft) allem kalten Gifft/ von Biisen-Kraut (hyoscyamus) Wermuth in Essig gesotten/ und getruncken/ widerstehet den gisseigen Schwämmen/ so man die gegessen hat; Was er in den Fiebern allerley Art/ im verschleimten Magen/ in stinck endem Athem/ im Aufftossen der Mutter / und sonsten vermüge/ ist mehr als bekannt; Ich will nicht gedencken deß edlen Wermuth-Weins/ allen nassen Nasen und Zech-Brüdern wohl bekannt/ der Wermuth conservae, deß Saltzes in Verhütung der Peste/ deß destillirten Wassers/ deß Oels deß Extracts, so in einem geringen Gewichte in allen Zufällen derer gedacht ist/ ohne sondern Eckel kan genossen werden/ und was sonst die sinnreiche Welt für angenehme und kostbare Mittel dieser Zeit darauß zugerichtet.</p> <p>Nichts weniger thut diß edle Kraut äusserlich das seine; In kalten Flüssen/ und dahero entstandener Haupt-Wehe/ nimm Wermuth/ koche es im Wasser/ schlage es zwischen Tücher/ und binde es umbs Haupt/ so warm als zu leyden ist/ es wird allen Schmertzen und Stiche fli<gap reason="illegible"/>en/ und einen sanfften Schlaff bren- </p> </div> </body> </text> </TEI> [70/0104]
Pontische Wermuth (absinthium ponticum) wie Galenus sie nennet/ diese ist an Blättern/ Blumen/ Stengeln kleiner/ die Blätterlein seyn weiß und linde/ wird an sandichten Hügeln gefunden: Wenn man nun diß Kraut gebrauchen will/ solle man/ wo sie sonst zu kriegen/ fürnemlich der Berg. Wermuth sich bedienen/ wo nicht/ muß man die erste Art dafür nehmen/ so von sich selbft hin und wider wächset/ nicht die/ so man im Garten ziehet/ (es sey dann/ daß es die Römische sey/ und von dem Kirchhoff sam̃let / massen dieselbe viele widerwilligere Eigenschaffe in den Garten und Kirchhöfen an sich zeuch.
Die Natur/ Krafft und Eigenschafft betreffend/ so seyn sonderlich die beyden erste Arten im ersten Grad warm/ und im dritten trocken/ warum sie etwär met / saubert und stärcket.
Sie sollen eingesam̃let werden zum Ende deß Heu-Monats/ wann es schön / klar und trucken Wetter ist umb Mittag/ man soll sie im Schatten truckenen und auff dürren/ denn in einem saubern Kasten oder in einem Beutel verwahren/ und jährlich erfrischen/ und werden von diesem herrlichen Kraute sehr viel köstliche Stücke inner und ausserhalb deß Liebes zu gebrauchen berettei: Nemlich so man die abgestreiffete Blätter und Blumen in Wein/ oder wer den nicht hat / im Wasser (eine gute oder auch zwey kleine Hand voll auf eine Kanne) kocher und durch sichtet/ einen Trunck ein oder mehrmal deß Tages davon thut/ stärcket es den Magen/ befördert die Däuung/ erwärmet den Leib/ stillet dessen und andere Schmertzen/ erhält das Blut für aller Fäulniß/ treibet die Gallen auß dem Leibe durch Stulgang/ und auß den Adern durch den Urin/ benimmt die Blesten (Winde) und das Grim̃en deß Leibes/ treibet die Würmer auß/ öffnet die Verstopffung/ zerthelit die Gelbsucht/ beweget die geftandene Mond-Zeit/ und widerstehet (sonterlich der Gafft) allem kalten Gifft/ von Biisen-Kraut (hyoscyamus) Wermuth in Essig gesotten/ und getruncken/ widerstehet den gisseigen Schwämmen/ so man die gegessen hat; Was er in den Fiebern allerley Art/ im verschleimten Magen/ in stinck endem Athem/ im Aufftossen der Mutter / und sonsten vermüge/ ist mehr als bekannt; Ich will nicht gedencken deß edlen Wermuth-Weins/ allen nassen Nasen und Zech-Brüdern wohl bekannt/ der Wermuth conservae, deß Saltzes in Verhütung der Peste/ deß destillirten Wassers/ deß Oels deß Extracts, so in einem geringen Gewichte in allen Zufällen derer gedacht ist/ ohne sondern Eckel kan genossen werden/ und was sonst die sinnreiche Welt für angenehme und kostbare Mittel dieser Zeit darauß zugerichtet.
Nichts weniger thut diß edle Kraut äusserlich das seine; In kalten Flüssen/ und dahero entstandener Haupt-Wehe/ nimm Wermuth/ koche es im Wasser/ schlage es zwischen Tücher/ und binde es umbs Haupt/ so warm als zu leyden ist/ es wird allen Schmertzen und Stiche fli_ en/ und einen sanfften Schlaff bren-
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Zitationshilfe: | Agricola, Johann Jacob: Schau-Platz deß Allgemeinen Hauß-Halten. Bd. 1. Nördlingen, 1677, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/agricola_schauplatz01_1677/104>, abgerufen am 27.07.2024. |