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Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.

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Hof zu erscheinen. Ihre fortschrittlichen Ideen hatten ihnen manchen Salon versperrt. Die Gesellschaft von 1789 konnte ihnen ihre republikanischen Ideen nicht verzeihen. Malesherbes sagte einmal: "Wenn es in meiner Macht stünde, würde ich Condorcet umbringen, und mir darüber gar keine Gewissensbisse machen."

Condorcet war mit einem Schlage populär geworden. Fünf Departements wählten ihn in den Nationalkonvent. Je mehr er in der Volksgunst stieg, desto verhasster machte er sich bei seinen Kollegen der Wissenschaft. Die Akademien der Wissenschaften in Berlin, St. Petersburg hatten seinen Namen in ihren Mitgliederlisten gestrichen! Trotz aller Angriffe wurde Condorcet am 1. Oktober 1791 von den Parisern zum Abgeordneten der gesetzgebenden Versammlung gewählt. Eine wichtige Aufgabe erwartete ihn hier. Er redigierte die Erklärung vom 29. Dezember, die an die Regierung gerichtet war, die Frankreich bedrohte; wie er auch am 20. April 1792, dem Tag der Kriegserklärung an Oesterreich, jenen berühmten Bericht über den politischen Aufstand auf den Tisch der gesetzgebenden Versammlung niederlegte, der sein grösstes Anrecht auf Ruhm bleiben wird.

Seiner Fürsprache zu gunsten Dantons war es zu danken, diesen zum Minister ernannt zu sehen. Sein Expose über die Einberufung einer Nationalversammlung und über die Aufhebung der königlichen Gewalt ist bekannt.

Noch am 16. Februar 1793 hatte Condorcet einen grossen Einfluss im Nationalkonvent. Seine Vorschläge einer neuen Staatsverfassung schienen günstig aufgenommen zu werden. Am 26. März 1793 wurde er zum Mitglied des ersten Komitees der öffentlichen Wohlfahrt ernannt. Aber die Ereignisse überstürzten sich. Die Tage vom 31. Mai und 2. Juni, gegen die er Einspruch erhob, verschlossen ihm die Türen des Nationalkonventes. Er wollte noch einmal seine Vorschläge für eine neue Staatsverfassung verteidigen, indem er seinen "Aufruf an die französischen Mitbürger

Hof zu erscheinen. Ihre fortschrittlichen Ideen hatten ihnen manchen Salon versperrt. Die Gesellschaft von 1789 konnte ihnen ihre republikanischen Ideen nicht verzeihen. Malesherbes sagte einmal: „Wenn es in meiner Macht stünde, würde ich Condorcet umbringen, und mir darüber gar keine Gewissensbisse machen.“

Condorcet war mit einem Schlage populär geworden. Fünf Departements wählten ihn in den Nationalkonvent. Je mehr er in der Volksgunst stieg, desto verhasster machte er sich bei seinen Kollegen der Wissenschaft. Die Akademien der Wissenschaften in Berlin, St. Petersburg hatten seinen Namen in ihren Mitgliederlisten gestrichen! Trotz aller Angriffe wurde Condorcet am 1. Oktober 1791 von den Parisern zum Abgeordneten der gesetzgebenden Versammlung gewählt. Eine wichtige Aufgabe erwartete ihn hier. Er redigierte die Erklärung vom 29. Dezember, die an die Regierung gerichtet war, die Frankreich bedrohte; wie er auch am 20. April 1792, dem Tag der Kriegserklärung an Oesterreich, jenen berühmten Bericht über den politischen Aufstand auf den Tisch der gesetzgebenden Versammlung niederlegte, der sein grösstes Anrecht auf Ruhm bleiben wird.

Seiner Fürsprache zu gunsten Dantons war es zu danken, diesen zum Minister ernannt zu sehen. Sein Exposé über die Einberufung einer Nationalversammlung und über die Aufhebung der königlichen Gewalt ist bekannt.

Noch am 16. Februar 1793 hatte Condorcet einen grossen Einfluss im Nationalkonvent. Seine Vorschläge einer neuen Staatsverfassung schienen günstig aufgenommen zu werden. Am 26. März 1793 wurde er zum Mitglied des ersten Komitees der öffentlichen Wohlfahrt ernannt. Aber die Ereignisse überstürzten sich. Die Tage vom 31. Mai und 2. Juni, gegen die er Einspruch erhob, verschlossen ihm die Türen des Nationalkonventes. Er wollte noch einmal seine Vorschläge für eine neue Staatsverfassung verteidigen, indem er seinen „Aufruf an die französischen Mitbürger

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[233/0257] Hof zu erscheinen. Ihre fortschrittlichen Ideen hatten ihnen manchen Salon versperrt. Die Gesellschaft von 1789 konnte ihnen ihre republikanischen Ideen nicht verzeihen. Malesherbes sagte einmal: „Wenn es in meiner Macht stünde, würde ich Condorcet umbringen, und mir darüber gar keine Gewissensbisse machen.“ Condorcet war mit einem Schlage populär geworden. Fünf Departements wählten ihn in den Nationalkonvent. Je mehr er in der Volksgunst stieg, desto verhasster machte er sich bei seinen Kollegen der Wissenschaft. Die Akademien der Wissenschaften in Berlin, St. Petersburg hatten seinen Namen in ihren Mitgliederlisten gestrichen! Trotz aller Angriffe wurde Condorcet am 1. Oktober 1791 von den Parisern zum Abgeordneten der gesetzgebenden Versammlung gewählt. Eine wichtige Aufgabe erwartete ihn hier. Er redigierte die Erklärung vom 29. Dezember, die an die Regierung gerichtet war, die Frankreich bedrohte; wie er auch am 20. April 1792, dem Tag der Kriegserklärung an Oesterreich, jenen berühmten Bericht über den politischen Aufstand auf den Tisch der gesetzgebenden Versammlung niederlegte, der sein grösstes Anrecht auf Ruhm bleiben wird. Seiner Fürsprache zu gunsten Dantons war es zu danken, diesen zum Minister ernannt zu sehen. Sein Exposé über die Einberufung einer Nationalversammlung und über die Aufhebung der königlichen Gewalt ist bekannt. Noch am 16. Februar 1793 hatte Condorcet einen grossen Einfluss im Nationalkonvent. Seine Vorschläge einer neuen Staatsverfassung schienen günstig aufgenommen zu werden. Am 26. März 1793 wurde er zum Mitglied des ersten Komitees der öffentlichen Wohlfahrt ernannt. Aber die Ereignisse überstürzten sich. Die Tage vom 31. Mai und 2. Juni, gegen die er Einspruch erhob, verschlossen ihm die Türen des Nationalkonventes. Er wollte noch einmal seine Vorschläge für eine neue Staatsverfassung verteidigen, indem er seinen „Aufruf an die französischen Mitbürger

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Zitationshilfe: Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/adler_frauen_1906/257>, abgerufen am 22.11.2024.