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Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.

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Trostes berauben könnte. Und wenn man uns hörte, wir getrennt und noch strenger überwacht würden. Denn meine Zelle ist heizbar, und sie wäre ganz hübsch, wenn ein Kerker es überhaupt sein könnte.

Aber, meine Geliebte, du kannst dir nicht vorstellen, was es heisst in geheimer Haft zu sein, ohne zu wissen aus welchem Grund, ohne verhört worden zu sein, ohne irgend eine Zeitung zu bekommen. Das heisst leben und gleichzeitig tot sein, das heisst nur existieren, um zu fühlen, dass man sich in einem Sarg befindet. Man sagt, die Unschuld sei gelassen, mutig. Ach! meine liebe Lucile, meine Heissgeliebte! Oft ist meine Unschuld so schwach, wie die eines Gatten, eines Vaters, eines Sohnes! Wenn es Pitt und Cobourg wären, die mich so hart behandelten, aber meine Kollegen, aber Robespierre, der meinen Haftbefehl unterzeichnet hat! Und die Republik, nach all dem was ich für sie getan habe! Das ist der Lohn für alle Tugend, für alle Opfer!

Als ich hieher kam, sah ich Herault-Sechelles, Simon, Fenoux, Chaumette; sie sind weniger unglücklich, keiner von ihnen ist in geheimer Haft. Ich bin es, der sich seit fünf Jahren so vielen Hass, so vielen Gefahren für die Republik ausgesetzt hat. Ich, der meine Armut inmitten der Revolution beibehalten hat, ich, der von niemandem auf der Welt als von dir, meine Lolotte, um Verzeihung zu bitten habe, und dem du sie gewährt hast, weil du weisst, dass mein Herz, trotz seiner Schwächen, deiner nicht unwürdig ist. Mich werfen die Männer, die sich meine Freunde nennen, die sich Republikaner heissen, in den Kerker, in geheime Haft, wie einen Verschwörer. Sokrates hat den Schierlingsbecher geleert, aber wenigstens konnte er im Gefängnis seine Frau und seine Kinder sehen. Wie hart ist es, von dir getrennt zu sein! Der grösste Verbrecher würde zu hart gestraft sein, wenn er von einer "Lucile" anders als durch den natürlichen Tod getrennt würde, der nur einen

Trostes berauben könnte. Und wenn man uns hörte, wir getrennt und noch strenger überwacht würden. Denn meine Zelle ist heizbar, und sie wäre ganz hübsch, wenn ein Kerker es überhaupt sein könnte.

Aber, meine Geliebte, du kannst dir nicht vorstellen, was es heisst in geheimer Haft zu sein, ohne zu wissen aus welchem Grund, ohne verhört worden zu sein, ohne irgend eine Zeitung zu bekommen. Das heisst leben und gleichzeitig tot sein, das heisst nur existieren, um zu fühlen, dass man sich in einem Sarg befindet. Man sagt, die Unschuld sei gelassen, mutig. Ach! meine liebe Lucile, meine Heissgeliebte! Oft ist meine Unschuld so schwach, wie die eines Gatten, eines Vaters, eines Sohnes! Wenn es Pitt und Cobourg wären, die mich so hart behandelten, aber meine Kollegen, aber Robespierre, der meinen Haftbefehl unterzeichnet hat! Und die Republik, nach all dem was ich für sie getan habe! Das ist der Lohn für alle Tugend, für alle Opfer!

Als ich hieher kam, sah ich Hérault-Séchelles, Simon, Fenoux, Chaumette; sie sind weniger unglücklich, keiner von ihnen ist in geheimer Haft. Ich bin es, der sich seit fünf Jahren so vielen Hass, so vielen Gefahren für die Republik ausgesetzt hat. Ich, der meine Armut inmitten der Revolution beibehalten hat, ich, der von niemandem auf der Welt als von dir, meine Lolotte, um Verzeihung zu bitten habe, und dem du sie gewährt hast, weil du weisst, dass mein Herz, trotz seiner Schwächen, deiner nicht unwürdig ist. Mich werfen die Männer, die sich meine Freunde nennen, die sich Republikaner heissen, in den Kerker, in geheime Haft, wie einen Verschwörer. Sokrates hat den Schierlingsbecher geleert, aber wenigstens konnte er im Gefängnis seine Frau und seine Kinder sehen. Wie hart ist es, von dir getrennt zu sein! Der grösste Verbrecher würde zu hart gestraft sein, wenn er von einer „Lucile“ anders als durch den natürlichen Tod getrennt würde, der nur einen

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Trostes berauben könnte. Und wenn man uns hörte, wir getrennt und noch strenger überwacht würden. Denn meine Zelle ist heizbar, und sie wäre ganz hübsch, wenn ein Kerker es überhaupt sein könnte.</p>
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[175/0195] Trostes berauben könnte. Und wenn man uns hörte, wir getrennt und noch strenger überwacht würden. Denn meine Zelle ist heizbar, und sie wäre ganz hübsch, wenn ein Kerker es überhaupt sein könnte. Aber, meine Geliebte, du kannst dir nicht vorstellen, was es heisst in geheimer Haft zu sein, ohne zu wissen aus welchem Grund, ohne verhört worden zu sein, ohne irgend eine Zeitung zu bekommen. Das heisst leben und gleichzeitig tot sein, das heisst nur existieren, um zu fühlen, dass man sich in einem Sarg befindet. Man sagt, die Unschuld sei gelassen, mutig. Ach! meine liebe Lucile, meine Heissgeliebte! Oft ist meine Unschuld so schwach, wie die eines Gatten, eines Vaters, eines Sohnes! Wenn es Pitt und Cobourg wären, die mich so hart behandelten, aber meine Kollegen, aber Robespierre, der meinen Haftbefehl unterzeichnet hat! Und die Republik, nach all dem was ich für sie getan habe! Das ist der Lohn für alle Tugend, für alle Opfer! Als ich hieher kam, sah ich Hérault-Séchelles, Simon, Fenoux, Chaumette; sie sind weniger unglücklich, keiner von ihnen ist in geheimer Haft. Ich bin es, der sich seit fünf Jahren so vielen Hass, so vielen Gefahren für die Republik ausgesetzt hat. Ich, der meine Armut inmitten der Revolution beibehalten hat, ich, der von niemandem auf der Welt als von dir, meine Lolotte, um Verzeihung zu bitten habe, und dem du sie gewährt hast, weil du weisst, dass mein Herz, trotz seiner Schwächen, deiner nicht unwürdig ist. Mich werfen die Männer, die sich meine Freunde nennen, die sich Republikaner heissen, in den Kerker, in geheime Haft, wie einen Verschwörer. Sokrates hat den Schierlingsbecher geleert, aber wenigstens konnte er im Gefängnis seine Frau und seine Kinder sehen. Wie hart ist es, von dir getrennt zu sein! Der grösste Verbrecher würde zu hart gestraft sein, wenn er von einer „Lucile“ anders als durch den natürlichen Tod getrennt würde, der nur einen

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Zitationshilfe: Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/adler_frauen_1906/195>, abgerufen am 23.11.2024.