Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.mich mächtig anschwellen, wenn sie die Neuigkeit, die Sie mein Glück nennen werden, erfahren. Dieses grosse Glück, das mich nur noch melancholischer und sorgenvoller gemacht hat, und mich lebhafter alle Leiden meiner Mitbürger und das menschliche Elend fühlen lässt. All' die Dinge haben meine kindliche Liebe gar nicht verringert, und Ihr Sohn wird Ihnen davon Beweise geben. Ich glaube, die Freiheit ist durch die Revolution vom 10. August gefestigt. Es bleibt uns nun nur noch übrig, Frankreich so glücklich und blühend zu machen, als es frei ist. Dafür will ich meine Nachtruhe opfern ..." Seit Anfang des Jahres 1792 liess Desmoulins ein neues Blatt: "Le vieux Cordelier" betitelt, erscheinen, worin der feine Witz mit vollen Händen ausgestreut war. Bald nahm das Blatt eine ernstere Färbung an und atmete Hass gegen die Henker und war voll Mitleid für die Opfer. Von Abscheu beim Anblick der Szenen, die ihn umgaben, erfüllt, hatte er den Mut, eine Gnaden-Kommission anzurufen. Dieses Wort stürzte ihn ins Verderben. Er fügte noch hinzu: "Wollen Sie, dass ich die Freiheit anerkenne, dass ich ihr zu Füssen falle, dass ich mein Blut für sie vergiesse? Dann öffnen Sie die Gefängnisse diesen 200.000 Bürgern, die Sie für verdächtig bezeichnen!" Desmoulins, immer aufrichtig, selbst auf die Gefahr hin, sich zu kompromittieren, unfähig, seine Gedanken zu verbergen, sagte er überall offen, was er dachte. Als ihn eines Tages zwei Freunde beschworen, sich nicht so unzeitgemäss und fruchtlos zu kompromittieren, entwickelte er ihnen die Beweggründe seines Handelns und kam immer mehr in Eifer: "Wenn es nötig ist, so pfeife ich auf Robespierre! Seine halsstarrige Eitelkeit ist mir bekannt, ich werde seinen Bau von Ruhm und Nachwelt umstossen." Einst kam es wieder zu ähnlichen Auseinandersetzungen. Lucile sagte: "Lassen Sie ihn seine Aufgabe erfüllen, er soll mich mächtig anschwellen, wenn sie die Neuigkeit, die Sie mein Glück nennen werden, erfahren. Dieses grosse Glück, das mich nur noch melancholischer und sorgenvoller gemacht hat, und mich lebhafter alle Leiden meiner Mitbürger und das menschliche Elend fühlen lässt. All’ die Dinge haben meine kindliche Liebe gar nicht verringert, und Ihr Sohn wird Ihnen davon Beweise geben. Ich glaube, die Freiheit ist durch die Revolution vom 10. August gefestigt. Es bleibt uns nun nur noch übrig, Frankreich so glücklich und blühend zu machen, als es frei ist. Dafür will ich meine Nachtruhe opfern …“ Seit Anfang des Jahres 1792 liess Desmoulins ein neues Blatt: „Le vieux Cordelier“ betitelt, erscheinen, worin der feine Witz mit vollen Händen ausgestreut war. Bald nahm das Blatt eine ernstere Färbung an und atmete Hass gegen die Henker und war voll Mitleid für die Opfer. Von Abscheu beim Anblick der Szenen, die ihn umgaben, erfüllt, hatte er den Mut, eine Gnaden-Kommission anzurufen. Dieses Wort stürzte ihn ins Verderben. Er fügte noch hinzu: „Wollen Sie, dass ich die Freiheit anerkenne, dass ich ihr zu Füssen falle, dass ich mein Blut für sie vergiesse? Dann öffnen Sie die Gefängnisse diesen 200.000 Bürgern, die Sie für verdächtig bezeichnen!“ Desmoulins, immer aufrichtig, selbst auf die Gefahr hin, sich zu kompromittieren, unfähig, seine Gedanken zu verbergen, sagte er überall offen, was er dachte. Als ihn eines Tages zwei Freunde beschworen, sich nicht so unzeitgemäss und fruchtlos zu kompromittieren, entwickelte er ihnen die Beweggründe seines Handelns und kam immer mehr in Eifer: „Wenn es nötig ist, so pfeife ich auf Robespierre! Seine halsstarrige Eitelkeit ist mir bekannt, ich werde seinen Bau von Ruhm und Nachwelt umstossen.“ Einst kam es wieder zu ähnlichen Auseinandersetzungen. Lucile sagte: „Lassen Sie ihn seine Aufgabe erfüllen, er soll <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0187" n="167"/> mich mächtig anschwellen, wenn sie die Neuigkeit, die Sie mein Glück nennen werden, erfahren. Dieses grosse Glück, das mich nur noch melancholischer und sorgenvoller gemacht hat, und mich lebhafter alle Leiden meiner Mitbürger und das menschliche Elend fühlen lässt.</p> <p>All’ die Dinge haben meine kindliche Liebe gar nicht verringert, und Ihr Sohn wird Ihnen davon Beweise geben. Ich glaube, die Freiheit ist durch die Revolution vom 10. August gefestigt. Es bleibt uns nun nur noch übrig, Frankreich so glücklich und blühend zu machen, als es frei ist. Dafür will ich meine Nachtruhe opfern …“</p> <p>Seit Anfang des Jahres 1792 liess Desmoulins ein neues Blatt: „Le vieux Cordelier“ betitelt, erscheinen, worin der feine Witz mit vollen Händen ausgestreut war. Bald nahm das Blatt eine ernstere Färbung an und atmete Hass gegen die Henker und war voll Mitleid für die Opfer. Von Abscheu beim Anblick der Szenen, die ihn umgaben, erfüllt, hatte er den Mut, eine Gnaden-Kommission anzurufen.</p> <p>Dieses Wort stürzte ihn ins Verderben. Er fügte noch hinzu: „Wollen Sie, dass ich die Freiheit anerkenne, dass ich ihr zu Füssen falle, dass ich mein Blut für sie vergiesse? Dann öffnen Sie die Gefängnisse diesen 200.000 Bürgern, die Sie für verdächtig bezeichnen!“ Desmoulins, immer aufrichtig, selbst auf die Gefahr hin, sich zu kompromittieren, unfähig, seine Gedanken zu verbergen, sagte er überall offen, was er dachte. Als ihn eines Tages zwei Freunde beschworen, sich nicht so unzeitgemäss und fruchtlos zu kompromittieren, entwickelte er ihnen die Beweggründe seines Handelns und kam immer mehr in Eifer: „Wenn es nötig ist, so pfeife ich auf Robespierre! Seine halsstarrige Eitelkeit ist mir bekannt, ich werde seinen Bau von Ruhm und Nachwelt umstossen.“</p> <p>Einst kam es wieder zu ähnlichen Auseinandersetzungen. Lucile sagte: „Lassen Sie ihn seine Aufgabe erfüllen, er soll </p> </div> </body> </text> </TEI> [167/0187]
mich mächtig anschwellen, wenn sie die Neuigkeit, die Sie mein Glück nennen werden, erfahren. Dieses grosse Glück, das mich nur noch melancholischer und sorgenvoller gemacht hat, und mich lebhafter alle Leiden meiner Mitbürger und das menschliche Elend fühlen lässt.
All’ die Dinge haben meine kindliche Liebe gar nicht verringert, und Ihr Sohn wird Ihnen davon Beweise geben. Ich glaube, die Freiheit ist durch die Revolution vom 10. August gefestigt. Es bleibt uns nun nur noch übrig, Frankreich so glücklich und blühend zu machen, als es frei ist. Dafür will ich meine Nachtruhe opfern …“
Seit Anfang des Jahres 1792 liess Desmoulins ein neues Blatt: „Le vieux Cordelier“ betitelt, erscheinen, worin der feine Witz mit vollen Händen ausgestreut war. Bald nahm das Blatt eine ernstere Färbung an und atmete Hass gegen die Henker und war voll Mitleid für die Opfer. Von Abscheu beim Anblick der Szenen, die ihn umgaben, erfüllt, hatte er den Mut, eine Gnaden-Kommission anzurufen.
Dieses Wort stürzte ihn ins Verderben. Er fügte noch hinzu: „Wollen Sie, dass ich die Freiheit anerkenne, dass ich ihr zu Füssen falle, dass ich mein Blut für sie vergiesse? Dann öffnen Sie die Gefängnisse diesen 200.000 Bürgern, die Sie für verdächtig bezeichnen!“ Desmoulins, immer aufrichtig, selbst auf die Gefahr hin, sich zu kompromittieren, unfähig, seine Gedanken zu verbergen, sagte er überall offen, was er dachte. Als ihn eines Tages zwei Freunde beschworen, sich nicht so unzeitgemäss und fruchtlos zu kompromittieren, entwickelte er ihnen die Beweggründe seines Handelns und kam immer mehr in Eifer: „Wenn es nötig ist, so pfeife ich auf Robespierre! Seine halsstarrige Eitelkeit ist mir bekannt, ich werde seinen Bau von Ruhm und Nachwelt umstossen.“
Einst kam es wieder zu ähnlichen Auseinandersetzungen. Lucile sagte: „Lassen Sie ihn seine Aufgabe erfüllen, er soll
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