Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.sogar Reize an ihm! Ich würde ihn mit Entzücken umfassen, wenn mich meine junge Tochter nicht aufforderte, sie noch nicht zu verlassen, wenn mein freiwilliges Abtreten vom Schauplatz der Verleumdung meines Mannes nicht neue Waffen leihen würde, dessen Ruhm ich stärke, wenn man es wagen würde, mich vor das Revolutionstribunal zu fordern. Der Tod, dem ich heiter trotzte, konnte mir im Gefängnis von Sainte-Pelagie nur wünschenswert erscheinen, wenn nicht mächtige Rücksichten mich an die Erde fesselten! Meine Wächter litten bald mehr unter meiner Lage als ich selbst und bemühten sich, sie mir zu erleichtern." Madame Roland hatte anfänglich die Absicht, durch Gift ihrem Leben ein Ende zu bereiten, da sie sich aber keines verschaffen konnte, wollte sie Hungers sterben. Doch auch von diesem Gedanken kam sie bald ab. "Die aussergewöhnlich grosse Hitze im Juli machte meine Zelle unbewohnbar. Die Frau des Kerkermeisters lud mich ein, tagsüber in ihrer Wohnung zu verweilen, ich nahm diese Einladung für die Nachmittage an; damals kam mir der Gedanke, ein Klavier hinkommen zu lassen, das ich in ihre Wohnung stellen liess, mit dem ich mich manchmal zerstreute. Ich wusste Roland in einem friedlichen Zufluchtsort, wo er die Tröstungen und Aufmerksamkeiten der Freundschaft empfing, meine Tochter war bei ehrenwerten Leuten aufgenommen und setzte unter ihrer Aufsicht mit ihren Kindern den Unterricht fort, ihre Erziehung erlitt keine Unterbrechung. Meine flüchtigen Freunde waren in Caen, umgeben von einer ansehnlichen Macht. Derjenige von ihnen, der mir am teuersten war, Buzot, hatte Mittel und Wege gefunden, mir Nachrichten zukommen zu lassen; ich konnte ihm schreiben, ich glaubte, dass ihm meine Briefe zukommen würden. Ich sah das Heil der Republik sich in den Ereignissen vorbereiten; wenn ich mein eigenes Schicksal betrachtete, konnte ich mich noch glücklich dünken. Das Glück hängt weniger von den äusseren Dingen, als von der geistigen Beschaffenheit und dem Empfinden der sogar Reize an ihm! Ich würde ihn mit Entzücken umfassen, wenn mich meine junge Tochter nicht aufforderte, sie noch nicht zu verlassen, wenn mein freiwilliges Abtreten vom Schauplatz der Verleumdung meines Mannes nicht neue Waffen leihen würde, dessen Ruhm ich stärke, wenn man es wagen würde, mich vor das Revolutionstribunal zu fordern. Der Tod, dem ich heiter trotzte, konnte mir im Gefängnis von Sainte-Pélagie nur wünschenswert erscheinen, wenn nicht mächtige Rücksichten mich an die Erde fesselten! Meine Wächter litten bald mehr unter meiner Lage als ich selbst und bemühten sich, sie mir zu erleichtern.“ Madame Roland hatte anfänglich die Absicht, durch Gift ihrem Leben ein Ende zu bereiten, da sie sich aber keines verschaffen konnte, wollte sie Hungers sterben. Doch auch von diesem Gedanken kam sie bald ab. „Die aussergewöhnlich grosse Hitze im Juli machte meine Zelle unbewohnbar. Die Frau des Kerkermeisters lud mich ein, tagsüber in ihrer Wohnung zu verweilen, ich nahm diese Einladung für die Nachmittage an; damals kam mir der Gedanke, ein Klavier hinkommen zu lassen, das ich in ihre Wohnung stellen liess, mit dem ich mich manchmal zerstreute. Ich wusste Roland in einem friedlichen Zufluchtsort, wo er die Tröstungen und Aufmerksamkeiten der Freundschaft empfing, meine Tochter war bei ehrenwerten Leuten aufgenommen und setzte unter ihrer Aufsicht mit ihren Kindern den Unterricht fort, ihre Erziehung erlitt keine Unterbrechung. Meine flüchtigen Freunde waren in Caen, umgeben von einer ansehnlichen Macht. Derjenige von ihnen, der mir am teuersten war, Buzot, hatte Mittel und Wege gefunden, mir Nachrichten zukommen zu lassen; ich konnte ihm schreiben, ich glaubte, dass ihm meine Briefe zukommen würden. Ich sah das Heil der Republik sich in den Ereignissen vorbereiten; wenn ich mein eigenes Schicksal betrachtete, konnte ich mich noch glücklich dünken. Das Glück hängt weniger von den äusseren Dingen, als von der geistigen Beschaffenheit und dem Empfinden der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0149" n="130"/> sogar Reize an ihm! Ich würde ihn mit Entzücken umfassen, wenn mich meine junge Tochter nicht aufforderte, sie noch nicht zu verlassen, wenn mein freiwilliges Abtreten vom Schauplatz der Verleumdung meines Mannes nicht neue Waffen leihen würde, dessen Ruhm ich stärke, wenn man es wagen würde, mich vor das Revolutionstribunal zu fordern. Der Tod, dem ich heiter trotzte, konnte mir im Gefängnis von Sainte-Pélagie nur wünschenswert erscheinen, wenn nicht mächtige Rücksichten mich an die Erde fesselten! Meine Wächter litten bald mehr unter meiner Lage als ich selbst und bemühten sich, sie mir zu erleichtern.“ Madame Roland hatte anfänglich die Absicht, durch Gift ihrem Leben ein Ende zu bereiten, da sie sich aber keines verschaffen konnte, wollte sie Hungers sterben. Doch auch von diesem Gedanken kam sie bald ab.</p> <p>„Die aussergewöhnlich grosse Hitze im Juli machte meine Zelle unbewohnbar. Die Frau des Kerkermeisters lud mich ein, tagsüber in ihrer Wohnung zu verweilen, ich nahm diese Einladung für die Nachmittage an; damals kam mir der Gedanke, ein Klavier hinkommen zu lassen, das ich in ihre Wohnung stellen liess, mit dem ich mich manchmal zerstreute. Ich wusste Roland in einem friedlichen Zufluchtsort, wo er die Tröstungen und Aufmerksamkeiten der Freundschaft empfing, meine Tochter war bei ehrenwerten Leuten aufgenommen und setzte unter ihrer Aufsicht mit ihren Kindern den Unterricht fort, ihre Erziehung erlitt keine Unterbrechung. Meine flüchtigen Freunde waren in Caen, umgeben von einer ansehnlichen Macht. Derjenige von ihnen, der mir am teuersten war, Buzot, hatte Mittel und Wege gefunden, mir Nachrichten zukommen zu lassen; ich konnte ihm schreiben, ich glaubte, dass ihm meine Briefe zukommen würden. Ich sah das Heil der Republik sich in den Ereignissen vorbereiten; wenn ich mein eigenes Schicksal betrachtete, konnte ich mich noch glücklich dünken. Das Glück hängt weniger von den äusseren Dingen, als von der geistigen Beschaffenheit und dem Empfinden der </p> </div> </body> </text> </TEI> [130/0149]
sogar Reize an ihm! Ich würde ihn mit Entzücken umfassen, wenn mich meine junge Tochter nicht aufforderte, sie noch nicht zu verlassen, wenn mein freiwilliges Abtreten vom Schauplatz der Verleumdung meines Mannes nicht neue Waffen leihen würde, dessen Ruhm ich stärke, wenn man es wagen würde, mich vor das Revolutionstribunal zu fordern. Der Tod, dem ich heiter trotzte, konnte mir im Gefängnis von Sainte-Pélagie nur wünschenswert erscheinen, wenn nicht mächtige Rücksichten mich an die Erde fesselten! Meine Wächter litten bald mehr unter meiner Lage als ich selbst und bemühten sich, sie mir zu erleichtern.“ Madame Roland hatte anfänglich die Absicht, durch Gift ihrem Leben ein Ende zu bereiten, da sie sich aber keines verschaffen konnte, wollte sie Hungers sterben. Doch auch von diesem Gedanken kam sie bald ab.
„Die aussergewöhnlich grosse Hitze im Juli machte meine Zelle unbewohnbar. Die Frau des Kerkermeisters lud mich ein, tagsüber in ihrer Wohnung zu verweilen, ich nahm diese Einladung für die Nachmittage an; damals kam mir der Gedanke, ein Klavier hinkommen zu lassen, das ich in ihre Wohnung stellen liess, mit dem ich mich manchmal zerstreute. Ich wusste Roland in einem friedlichen Zufluchtsort, wo er die Tröstungen und Aufmerksamkeiten der Freundschaft empfing, meine Tochter war bei ehrenwerten Leuten aufgenommen und setzte unter ihrer Aufsicht mit ihren Kindern den Unterricht fort, ihre Erziehung erlitt keine Unterbrechung. Meine flüchtigen Freunde waren in Caen, umgeben von einer ansehnlichen Macht. Derjenige von ihnen, der mir am teuersten war, Buzot, hatte Mittel und Wege gefunden, mir Nachrichten zukommen zu lassen; ich konnte ihm schreiben, ich glaubte, dass ihm meine Briefe zukommen würden. Ich sah das Heil der Republik sich in den Ereignissen vorbereiten; wenn ich mein eigenes Schicksal betrachtete, konnte ich mich noch glücklich dünken. Das Glück hängt weniger von den äusseren Dingen, als von der geistigen Beschaffenheit und dem Empfinden der
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