Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.Eine Zeitlang war Madame Roland krank und lag im Spital. Monate waren seit ihrer Internierung in der Abbaye vergangen. Die ganze Zeit, selbst die ihrer Krankheit, war mit Studium und Arbeit ausgefüllt. Um diese Zeit kam Madame Louvet, von der Madame Roland sagt, man könne wohl ihren Geist und ihre Kenntnisse nicht rühmen, sie verbinde aber die Anmut ihres Geschlechtes mit der Empfindsamkeit einer edlen Seele, die ihr den grössten Reiz verlieh und ihr grösster Vorzug war. Diese Frau fand Mittel und Wege, ins Gefängnis zu ihr zu dringen. "Wie sehr war ich erstaunt, ihr sanftes Gesicht zu sehen, mich von ihren Armen umschlungen, von ihren Tränen benetzt zu fühlen. Ich hielt sie für einen Engel, sie war auch einer, denn sie ist gut und schön, und sie hatte alles getan, um mir Nachrichten von meinem besten Freund (Buzot) zu bringen, sie ermöglichte es sogar, ihm meine Briefe zu übermitteln. Diese Tröstung trug dazu bei, mich meine Gefangenschaft vergessen zu machen". Am gleichen Tage kam die Kerkermeistersfrau, um Madame Roland aufzufordern hinüber zu kommen, da ein Regierungsvertreter dort auf sie warte. Sie war eben leidend und lag zu Bett. Sie stand gleich auf und begab sich hinüber. Als sie ins Zimmer trat, fand sie zwei Männer, die ihr die Mitteilung machten, sie seien gekommen, um sie in Freiheit zu setzen. Die Mitteilung ging Madame Roland gar nicht nahe. Sie sagte, es sei ja alles recht, aber vor allem handle es sich darum, ihr zu ermöglichen, in ihre Wohnung zu gelangen, die gerichtlich versiegelt sei. Der Regierungsvertreter versprach ihr, dies im Laufe des Tages durchzusetzen. Er gab sich dann den Anschein, als verdiene er volles Vertrauen, sprach über dies und das und fragte schliesslich scheinbar ganz harmlos, ob sie nicht wisse, wo sich Roland befinde? Sie lächelte bei dieser Frage und sagte, dass sie nicht genug diskret gestellt sei, um eine Beantwortung zu verdienen. Die Unterhaltung wurde sehr langweilig, Madame Roland Eine Zeitlang war Madame Roland krank und lag im Spital. Monate waren seit ihrer Internierung in der Abbaye vergangen. Die ganze Zeit, selbst die ihrer Krankheit, war mit Studium und Arbeit ausgefüllt. Um diese Zeit kam Madame Louvet, von der Madame Roland sagt, man könne wohl ihren Geist und ihre Kenntnisse nicht rühmen, sie verbinde aber die Anmut ihres Geschlechtes mit der Empfindsamkeit einer edlen Seele, die ihr den grössten Reiz verlieh und ihr grösster Vorzug war. Diese Frau fand Mittel und Wege, ins Gefängnis zu ihr zu dringen. „Wie sehr war ich erstaunt, ihr sanftes Gesicht zu sehen, mich von ihren Armen umschlungen, von ihren Tränen benetzt zu fühlen. Ich hielt sie für einen Engel, sie war auch einer, denn sie ist gut und schön, und sie hatte alles getan, um mir Nachrichten von meinem besten Freund (Buzot) zu bringen, sie ermöglichte es sogar, ihm meine Briefe zu übermitteln. Diese Tröstung trug dazu bei, mich meine Gefangenschaft vergessen zu machen“. Am gleichen Tage kam die Kerkermeistersfrau, um Madame Roland aufzufordern hinüber zu kommen, da ein Regierungsvertreter dort auf sie warte. Sie war eben leidend und lag zu Bett. Sie stand gleich auf und begab sich hinüber. Als sie ins Zimmer trat, fand sie zwei Männer, die ihr die Mitteilung machten, sie seien gekommen, um sie in Freiheit zu setzen. Die Mitteilung ging Madame Roland gar nicht nahe. Sie sagte, es sei ja alles recht, aber vor allem handle es sich darum, ihr zu ermöglichen, in ihre Wohnung zu gelangen, die gerichtlich versiegelt sei. Der Regierungsvertreter versprach ihr, dies im Laufe des Tages durchzusetzen. Er gab sich dann den Anschein, als verdiene er volles Vertrauen, sprach über dies und das und fragte schliesslich scheinbar ganz harmlos, ob sie nicht wisse, wo sich Roland befinde? Sie lächelte bei dieser Frage und sagte, dass sie nicht genug diskret gestellt sei, um eine Beantwortung zu verdienen. Die Unterhaltung wurde sehr langweilig, Madame Roland <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0145" n="126"/> <p> Eine Zeitlang war Madame Roland krank und lag im Spital. Monate waren seit ihrer Internierung in der Abbaye vergangen. Die ganze Zeit, selbst die ihrer Krankheit, war mit Studium und Arbeit ausgefüllt. Um diese Zeit kam Madame Louvet, von der Madame Roland sagt, man könne wohl ihren Geist und ihre Kenntnisse nicht rühmen, sie verbinde aber die Anmut ihres Geschlechtes mit der Empfindsamkeit einer edlen Seele, die ihr den grössten Reiz verlieh und ihr grösster Vorzug war. Diese Frau fand Mittel und Wege, ins Gefängnis zu ihr zu dringen. „Wie sehr war ich erstaunt, ihr sanftes Gesicht zu sehen, mich von ihren Armen umschlungen, von ihren Tränen benetzt zu fühlen. Ich hielt sie für einen Engel, sie war auch einer, denn sie ist gut und schön, und sie hatte alles getan, um mir Nachrichten von meinem besten Freund (Buzot) zu bringen, sie ermöglichte es sogar, ihm meine Briefe zu übermitteln. Diese Tröstung trug dazu bei, mich meine Gefangenschaft vergessen zu machen“.</p> <p>Am gleichen Tage kam die Kerkermeistersfrau, um Madame Roland aufzufordern hinüber zu kommen, da ein Regierungsvertreter dort auf sie warte. Sie war eben leidend und lag zu Bett. Sie stand gleich auf und begab sich hinüber. Als sie ins Zimmer trat, fand sie zwei Männer, die ihr die Mitteilung machten, sie seien gekommen, um sie in Freiheit zu setzen. Die Mitteilung ging Madame Roland gar nicht nahe. Sie sagte, es sei ja alles recht, aber vor allem handle es sich darum, ihr zu ermöglichen, in ihre Wohnung zu gelangen, die gerichtlich versiegelt sei. Der Regierungsvertreter versprach ihr, dies im Laufe des Tages durchzusetzen. Er gab sich dann den Anschein, als verdiene er volles Vertrauen, sprach über dies und das und fragte schliesslich scheinbar ganz harmlos, ob sie nicht wisse, wo sich Roland befinde? Sie lächelte bei dieser Frage und sagte, dass sie nicht genug diskret gestellt sei, um eine Beantwortung zu verdienen. Die Unterhaltung wurde sehr langweilig, Madame Roland </p> </div> </body> </text> </TEI> [126/0145]
Eine Zeitlang war Madame Roland krank und lag im Spital. Monate waren seit ihrer Internierung in der Abbaye vergangen. Die ganze Zeit, selbst die ihrer Krankheit, war mit Studium und Arbeit ausgefüllt. Um diese Zeit kam Madame Louvet, von der Madame Roland sagt, man könne wohl ihren Geist und ihre Kenntnisse nicht rühmen, sie verbinde aber die Anmut ihres Geschlechtes mit der Empfindsamkeit einer edlen Seele, die ihr den grössten Reiz verlieh und ihr grösster Vorzug war. Diese Frau fand Mittel und Wege, ins Gefängnis zu ihr zu dringen. „Wie sehr war ich erstaunt, ihr sanftes Gesicht zu sehen, mich von ihren Armen umschlungen, von ihren Tränen benetzt zu fühlen. Ich hielt sie für einen Engel, sie war auch einer, denn sie ist gut und schön, und sie hatte alles getan, um mir Nachrichten von meinem besten Freund (Buzot) zu bringen, sie ermöglichte es sogar, ihm meine Briefe zu übermitteln. Diese Tröstung trug dazu bei, mich meine Gefangenschaft vergessen zu machen“.
Am gleichen Tage kam die Kerkermeistersfrau, um Madame Roland aufzufordern hinüber zu kommen, da ein Regierungsvertreter dort auf sie warte. Sie war eben leidend und lag zu Bett. Sie stand gleich auf und begab sich hinüber. Als sie ins Zimmer trat, fand sie zwei Männer, die ihr die Mitteilung machten, sie seien gekommen, um sie in Freiheit zu setzen. Die Mitteilung ging Madame Roland gar nicht nahe. Sie sagte, es sei ja alles recht, aber vor allem handle es sich darum, ihr zu ermöglichen, in ihre Wohnung zu gelangen, die gerichtlich versiegelt sei. Der Regierungsvertreter versprach ihr, dies im Laufe des Tages durchzusetzen. Er gab sich dann den Anschein, als verdiene er volles Vertrauen, sprach über dies und das und fragte schliesslich scheinbar ganz harmlos, ob sie nicht wisse, wo sich Roland befinde? Sie lächelte bei dieser Frage und sagte, dass sie nicht genug diskret gestellt sei, um eine Beantwortung zu verdienen. Die Unterhaltung wurde sehr langweilig, Madame Roland
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