Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.mich aufs Schafott schicken, aber Sie können mir die Freude nicht rauben, die ein gutes Gewissen gibt, und die Ueberzeugung, dass die Nachwelt Roland und mich rächen wird, indem sie unsere Verfolger der Niedertracht beschuldigt. Ich wünsche ihnen für das Böse, das Sie mir zufügen, einen gleichen Frieden wie ich ihn bewahre, wie auch der Lohn sein mag, der daran geknüpft ist." Madame Roland benützte die Zeit ihrer Haft, um ihre Memoiren zu schreiben; sie verfasste sie mit ungemeiner Schnelligkeit; sie befand sich für diese Arbeit in einer so glücklichen Stimmung, dass sie nach Ablauf eines Monats das Manuskript zu einem stattlichen Bande beisammen hatte, die sie unter dem Titel "Notices historiques" herausgegeben wünschte. Wir wissen, dass sie in dem Glauben war, dass der Freund, dem sie die Manuskripte anvertraut hatte, sie aus Furcht verbrannt habe. Sie sagt, dass sie, wenn sie die Wahl gehabt hätte, lieber selbst hätte verbrannt werden wollen, als diese kostbaren Schriften, die Roland und sie in den Augen der Nachwelt zu rechtfertigen bestimmt waren, verloren gehen zu sehen. Dieser vermeintliche Verlust war ihr die härteste Prüfung ihren an Kummer und Enttäuschungen so reichen Lebens. In diesen historischen Notizen gab sie Details über die Ereignisse und die Personen, die im öffentlichen Leben eine Rolle spielten, und die sie durch ihre Stellung kennen zu lernen in der Lage war. Sie schrieb mit der Freiheit und Energie ihres Charakters, mit der Ungezwungenheit, der Aufrichtigkeit und dem Behagen eines Geistes, der über alle persönlichen Rücksichten erhaben ist, mit dem Vergnügen, dasjenige zu schildern, was sie gesehen oder empfunden hat, schliesslich mit dem Vertrauen, dass diese Sammlung jedenfalls ein moralisches und politisches Testament sein werde. Es trug den Charakter der Originalität, den ihm die Umstände gaben, das Verdienst der Betrachtungen, die aus den Ereignissen emporwachen, so wie sie unvermutet dazwischenkommen, und daher die Frische, die einer solchen Entstehung zu verdanken ist. mich aufs Schafott schicken, aber Sie können mir die Freude nicht rauben, die ein gutes Gewissen gibt, und die Ueberzeugung, dass die Nachwelt Roland und mich rächen wird, indem sie unsere Verfolger der Niedertracht beschuldigt. Ich wünsche ihnen für das Böse, das Sie mir zufügen, einen gleichen Frieden wie ich ihn bewahre, wie auch der Lohn sein mag, der daran geknüpft ist.“ Madame Roland benützte die Zeit ihrer Haft, um ihre Memoiren zu schreiben; sie verfasste sie mit ungemeiner Schnelligkeit; sie befand sich für diese Arbeit in einer so glücklichen Stimmung, dass sie nach Ablauf eines Monats das Manuskript zu einem stattlichen Bande beisammen hatte, die sie unter dem Titel „Notices historiques“ herausgegeben wünschte. Wir wissen, dass sie in dem Glauben war, dass der Freund, dem sie die Manuskripte anvertraut hatte, sie aus Furcht verbrannt habe. Sie sagt, dass sie, wenn sie die Wahl gehabt hätte, lieber selbst hätte verbrannt werden wollen, als diese kostbaren Schriften, die Roland und sie in den Augen der Nachwelt zu rechtfertigen bestimmt waren, verloren gehen zu sehen. Dieser vermeintliche Verlust war ihr die härteste Prüfung ihren an Kummer und Enttäuschungen so reichen Lebens. In diesen historischen Notizen gab sie Details über die Ereignisse und die Personen, die im öffentlichen Leben eine Rolle spielten, und die sie durch ihre Stellung kennen zu lernen in der Lage war. Sie schrieb mit der Freiheit und Energie ihres Charakters, mit der Ungezwungenheit, der Aufrichtigkeit und dem Behagen eines Geistes, der über alle persönlichen Rücksichten erhaben ist, mit dem Vergnügen, dasjenige zu schildern, was sie gesehen oder empfunden hat, schliesslich mit dem Vertrauen, dass diese Sammlung jedenfalls ein moralisches und politisches Testament sein werde. Es trug den Charakter der Originalität, den ihm die Umstände gaben, das Verdienst der Betrachtungen, die aus den Ereignissen emporwachen, so wie sie unvermutet dazwischenkommen, und daher die Frische, die einer solchen Entstehung zu verdanken ist. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0144" n="125"/> mich aufs Schafott schicken, aber Sie können mir die Freude nicht rauben, die ein gutes Gewissen gibt, und die Ueberzeugung, dass die Nachwelt Roland und mich rächen wird, indem sie unsere Verfolger der Niedertracht beschuldigt. Ich wünsche ihnen für das Böse, das Sie mir zufügen, einen gleichen Frieden wie ich ihn bewahre, wie auch der Lohn sein mag, der daran geknüpft ist.“</p> <p>Madame Roland benützte die Zeit ihrer Haft, um ihre Memoiren zu schreiben; sie verfasste sie mit ungemeiner Schnelligkeit; sie befand sich für diese Arbeit in einer so glücklichen Stimmung, dass sie nach Ablauf eines Monats das Manuskript zu einem stattlichen Bande beisammen hatte, die sie unter dem Titel „Notices historiques“ herausgegeben wünschte. Wir wissen, dass sie in dem Glauben war, dass der Freund, dem sie die Manuskripte anvertraut hatte, sie aus Furcht verbrannt habe. Sie sagt, dass sie, wenn sie die Wahl gehabt hätte, lieber selbst hätte verbrannt werden wollen, als diese kostbaren Schriften, die Roland und sie in den Augen der Nachwelt zu rechtfertigen bestimmt waren, verloren gehen zu sehen. Dieser vermeintliche Verlust war ihr die härteste Prüfung ihren an Kummer und Enttäuschungen so reichen Lebens.</p> <p>In diesen historischen Notizen gab sie Details über die Ereignisse und die Personen, die im öffentlichen Leben eine Rolle spielten, und die sie durch ihre Stellung kennen zu lernen in der Lage war. Sie schrieb mit der Freiheit und Energie ihres Charakters, mit der Ungezwungenheit, der Aufrichtigkeit und dem Behagen eines Geistes, der über alle persönlichen Rücksichten erhaben ist, mit dem Vergnügen, dasjenige zu schildern, was sie gesehen oder empfunden hat, schliesslich mit dem Vertrauen, dass diese Sammlung jedenfalls ein moralisches und politisches Testament sein werde. Es trug den Charakter der Originalität, den ihm die Umstände gaben, das Verdienst der Betrachtungen, die aus den Ereignissen emporwachen, so wie sie unvermutet dazwischenkommen, und daher die Frische, die einer solchen Entstehung zu verdanken ist.</p> </div> </body> </text> </TEI> [125/0144]
mich aufs Schafott schicken, aber Sie können mir die Freude nicht rauben, die ein gutes Gewissen gibt, und die Ueberzeugung, dass die Nachwelt Roland und mich rächen wird, indem sie unsere Verfolger der Niedertracht beschuldigt. Ich wünsche ihnen für das Böse, das Sie mir zufügen, einen gleichen Frieden wie ich ihn bewahre, wie auch der Lohn sein mag, der daran geknüpft ist.“
Madame Roland benützte die Zeit ihrer Haft, um ihre Memoiren zu schreiben; sie verfasste sie mit ungemeiner Schnelligkeit; sie befand sich für diese Arbeit in einer so glücklichen Stimmung, dass sie nach Ablauf eines Monats das Manuskript zu einem stattlichen Bande beisammen hatte, die sie unter dem Titel „Notices historiques“ herausgegeben wünschte. Wir wissen, dass sie in dem Glauben war, dass der Freund, dem sie die Manuskripte anvertraut hatte, sie aus Furcht verbrannt habe. Sie sagt, dass sie, wenn sie die Wahl gehabt hätte, lieber selbst hätte verbrannt werden wollen, als diese kostbaren Schriften, die Roland und sie in den Augen der Nachwelt zu rechtfertigen bestimmt waren, verloren gehen zu sehen. Dieser vermeintliche Verlust war ihr die härteste Prüfung ihren an Kummer und Enttäuschungen so reichen Lebens.
In diesen historischen Notizen gab sie Details über die Ereignisse und die Personen, die im öffentlichen Leben eine Rolle spielten, und die sie durch ihre Stellung kennen zu lernen in der Lage war. Sie schrieb mit der Freiheit und Energie ihres Charakters, mit der Ungezwungenheit, der Aufrichtigkeit und dem Behagen eines Geistes, der über alle persönlichen Rücksichten erhaben ist, mit dem Vergnügen, dasjenige zu schildern, was sie gesehen oder empfunden hat, schliesslich mit dem Vertrauen, dass diese Sammlung jedenfalls ein moralisches und politisches Testament sein werde. Es trug den Charakter der Originalität, den ihm die Umstände gaben, das Verdienst der Betrachtungen, die aus den Ereignissen emporwachen, so wie sie unvermutet dazwischenkommen, und daher die Frische, die einer solchen Entstehung zu verdanken ist.
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