Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.die Erinnerung an sie nie verlieren. Sie haben mich in einer gefahrvollen Lage, mit einer stürmischen, ungewissen Zukunft den ganzen Wert der Kraft und Rechtlichkeit fühlen lassen, die in der Echtheit eines guten Gewissens und eines grossen Mutes liegt. Bis dahin war ich von den Ereignissen vorwärts geschoben, meine Handlungen waren in dieser Krisis das Resultat einer lebhaften Empfindung, die mitfortreisst; welche Annehmlichkeit, alle Ergebnisse durch die Vernunft rechtfertigen zu können. Ich rief mir die Vergangenheit in mein Gedächtnis zurück, ich erwog die künftigen Begebenheiten, und wenn ich dieses all zu empfindsame Herz anhörte und einige zu mächtige Zuneigungen darin fand, entdeckte ich nicht eine, die mich hätte erröten machen müssen, nicht eine, die nicht als Nahrung für meinen Mut gedient, und die es zu beherrschen nicht verstanden hätte. Ich weihte mich sozusagen freiwillig meinem Schicksal, welches immer es auch sein könnte, ich forderte seine Härte heraus. Ich richtete mich in jener Stimmung ein, in der man nur mehr die nützliche Anwendung der Gegenwart sucht, ohne anderweitige Sorge. Aber jene Ruhe für das mich persönlich betreffende wagte ich nicht auf das Schicksal meines Vaterlandes und meiner Freunde auszudehnen. Ich erwartete das Abendblatt mit einer unaussprechlichen Begierde und horchte gespannt auf das Schreien in der Strasse." Madame Roland erkundigte sich beim Kerkermeister über alle Vorschriften. Er nannte ihr alle strengen Maßregeln, die über sie verhängt worden seien, und sagte ihr, er werde diese als nicht vorhanden betrachten. Der Kerkermeister verabredete gleich mit ihr, dass die Besuche, die zu ihr kommen würden, nach seiner Frau fragen sollten, ohne Madame Rolands Namen zu erwähnen, so würde sie leicht mit ihnen verkehren können und niemand würde von dieser Erleichterung etwas erfahren. Es ist seltsam zu beobachten, wie die Ereignisse manchmal dem Menschen den Lohn für seine Taten finden die Erinnerung an sie nie verlieren. Sie haben mich in einer gefahrvollen Lage, mit einer stürmischen, ungewissen Zukunft den ganzen Wert der Kraft und Rechtlichkeit fühlen lassen, die in der Echtheit eines guten Gewissens und eines grossen Mutes liegt. Bis dahin war ich von den Ereignissen vorwärts geschoben, meine Handlungen waren in dieser Krisis das Resultat einer lebhaften Empfindung, die mitfortreisst; welche Annehmlichkeit, alle Ergebnisse durch die Vernunft rechtfertigen zu können. Ich rief mir die Vergangenheit in mein Gedächtnis zurück, ich erwog die künftigen Begebenheiten, und wenn ich dieses all zu empfindsame Herz anhörte und einige zu mächtige Zuneigungen darin fand, entdeckte ich nicht eine, die mich hätte erröten machen müssen, nicht eine, die nicht als Nahrung für meinen Mut gedient, und die es zu beherrschen nicht verstanden hätte. Ich weihte mich sozusagen freiwillig meinem Schicksal, welches immer es auch sein könnte, ich forderte seine Härte heraus. Ich richtete mich in jener Stimmung ein, in der man nur mehr die nützliche Anwendung der Gegenwart sucht, ohne anderweitige Sorge. Aber jene Ruhe für das mich persönlich betreffende wagte ich nicht auf das Schicksal meines Vaterlandes und meiner Freunde auszudehnen. Ich erwartete das Abendblatt mit einer unaussprechlichen Begierde und horchte gespannt auf das Schreien in der Strasse.“ Madame Roland erkundigte sich beim Kerkermeister über alle Vorschriften. Er nannte ihr alle strengen Maßregeln, die über sie verhängt worden seien, und sagte ihr, er werde diese als nicht vorhanden betrachten. Der Kerkermeister verabredete gleich mit ihr, dass die Besuche, die zu ihr kommen würden, nach seiner Frau fragen sollten, ohne Madame Rolands Namen zu erwähnen, so würde sie leicht mit ihnen verkehren können und niemand würde von dieser Erleichterung etwas erfahren. Es ist seltsam zu beobachten, wie die Ereignisse manchmal dem Menschen den Lohn für seine Taten finden <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0137" n="118"/> die Erinnerung an sie nie verlieren. Sie haben mich in einer gefahrvollen Lage, mit einer stürmischen, ungewissen Zukunft den ganzen Wert der Kraft und Rechtlichkeit fühlen lassen, die in der Echtheit eines guten Gewissens und eines grossen Mutes liegt. Bis dahin war ich von den Ereignissen vorwärts geschoben, meine Handlungen waren in dieser Krisis das Resultat einer lebhaften Empfindung, die mitfortreisst; welche Annehmlichkeit, alle Ergebnisse durch die Vernunft rechtfertigen zu können. Ich rief mir die Vergangenheit in mein Gedächtnis zurück, ich erwog die künftigen Begebenheiten, und wenn ich dieses all zu empfindsame Herz anhörte und einige zu mächtige Zuneigungen darin fand, entdeckte ich nicht eine, die mich hätte erröten machen müssen, nicht eine, die nicht als Nahrung für meinen Mut gedient, und die es zu beherrschen nicht verstanden hätte. Ich weihte mich sozusagen freiwillig meinem Schicksal, welches immer es auch sein könnte, ich forderte seine Härte heraus. Ich richtete mich in jener Stimmung ein, in der man nur mehr die nützliche Anwendung der Gegenwart sucht, ohne anderweitige Sorge. Aber jene Ruhe für das mich persönlich betreffende wagte ich nicht auf das Schicksal meines Vaterlandes und meiner Freunde auszudehnen. Ich erwartete das Abendblatt mit einer unaussprechlichen Begierde und horchte gespannt auf das Schreien in der Strasse.“</p> <p>Madame Roland erkundigte sich beim Kerkermeister über alle Vorschriften. Er nannte ihr alle strengen Maßregeln, die über sie verhängt worden seien, und sagte ihr, er werde diese als nicht vorhanden betrachten. Der Kerkermeister verabredete gleich mit ihr, dass die Besuche, die zu ihr kommen würden, nach seiner Frau fragen sollten, ohne Madame Rolands Namen zu erwähnen, so würde sie leicht mit ihnen verkehren können und niemand würde von dieser Erleichterung etwas erfahren.</p> <p>Es ist seltsam zu beobachten, wie die Ereignisse manchmal dem Menschen den Lohn für seine Taten finden </p> </div> </body> </text> </TEI> [118/0137]
die Erinnerung an sie nie verlieren. Sie haben mich in einer gefahrvollen Lage, mit einer stürmischen, ungewissen Zukunft den ganzen Wert der Kraft und Rechtlichkeit fühlen lassen, die in der Echtheit eines guten Gewissens und eines grossen Mutes liegt. Bis dahin war ich von den Ereignissen vorwärts geschoben, meine Handlungen waren in dieser Krisis das Resultat einer lebhaften Empfindung, die mitfortreisst; welche Annehmlichkeit, alle Ergebnisse durch die Vernunft rechtfertigen zu können. Ich rief mir die Vergangenheit in mein Gedächtnis zurück, ich erwog die künftigen Begebenheiten, und wenn ich dieses all zu empfindsame Herz anhörte und einige zu mächtige Zuneigungen darin fand, entdeckte ich nicht eine, die mich hätte erröten machen müssen, nicht eine, die nicht als Nahrung für meinen Mut gedient, und die es zu beherrschen nicht verstanden hätte. Ich weihte mich sozusagen freiwillig meinem Schicksal, welches immer es auch sein könnte, ich forderte seine Härte heraus. Ich richtete mich in jener Stimmung ein, in der man nur mehr die nützliche Anwendung der Gegenwart sucht, ohne anderweitige Sorge. Aber jene Ruhe für das mich persönlich betreffende wagte ich nicht auf das Schicksal meines Vaterlandes und meiner Freunde auszudehnen. Ich erwartete das Abendblatt mit einer unaussprechlichen Begierde und horchte gespannt auf das Schreien in der Strasse.“
Madame Roland erkundigte sich beim Kerkermeister über alle Vorschriften. Er nannte ihr alle strengen Maßregeln, die über sie verhängt worden seien, und sagte ihr, er werde diese als nicht vorhanden betrachten. Der Kerkermeister verabredete gleich mit ihr, dass die Besuche, die zu ihr kommen würden, nach seiner Frau fragen sollten, ohne Madame Rolands Namen zu erwähnen, so würde sie leicht mit ihnen verkehren können und niemand würde von dieser Erleichterung etwas erfahren.
Es ist seltsam zu beobachten, wie die Ereignisse manchmal dem Menschen den Lohn für seine Taten finden
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