Adler, Emma: Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789–1795. Wien, 1906.alsbald bekannt und machte jene lachen, die am wenigsten Lust dazu hatten. Ludwig XVI. selbst empfing seinen neuen Minister, trotz des wenig etikettemässigen Aeussern, mit der grössten Gutmütigkeit. Als Roland Minister war, lebte Madame Roland ebenso zurückgezogen wie früher. Sie arbeitete mit ihrem Manne und ging ihren persönlichen Neigungen nach. So behielt sie ihre gewohnte Art bei und beugte der Unbequemlichkeit vor, von einer neugierigen Menge umgeben zu sein, die sich an Leute von hohen Stellen immer herandrängt. Sie hatte im Ministerpalais nie einen grossen Gesellschaftskreis. Sie lud zweimal die Woche die Minister, Abgeordnete und jene Personen, mit denen ihr Mann zu sprechen hatte oder in Beziehung zu bleiben wünschte, zu Tische. Sie zeichnete unter diesen besonders den Girondisten Buzot durch ihre Freundschaft aus. Man sprach in ihrer Gegenwart über alle Angelegenheiten, weil sie nicht die Manie hatte sich einzumischen, noch eine Umgebung um sich vereinigte, die Misstrauen erweckt hätte. Von all den grossen Räumen des Ministerhotels hatte sie sich zu ihrem Privatgebrauch einen kleinen Salon ausgewählt, wo sie ihre Bücher und ihren Schreibtisch hinstellte. Es geschah häufig, dass Kollegen ihres Mannes, die mit dem Minister vertraulich zu reden wünschten, anstatt in die offiziellen Räume zu gehen, wo Beamte und andere Leute sie umgaben, zu ihr kamen und sie ersuchten, ihn dahin holen zu lassen. Auf diese Weise fand sie sich auf dem Laufenden, ohne jede Intrigue, ohne eitle Neugier. Roland hatte dann die Annehmlichkeit, sie nachher im Privatgespräch, mit jenem Vertrauen, das immer zwischen ihnen geherrscht hat, zu unterhalten, und ihr Wissen und ihre Ansichten dadurch in lebendige Verbindung zu setzen. Es kam auch vor, dass Rolands Kollegen, die nur irgend eine Mitteilung zu machen hatten, zu ihr kamen, um sie zu bitten, die Nachricht ehestens ihrem Manne mitzuteilen; oft wurde in ihrem Zimmer Ministerrat abgehalten. Jede andere Frau als sie, wäre dort nicht an ihrem richtigen alsbald bekannt und machte jene lachen, die am wenigsten Lust dazu hatten. Ludwig XVI. selbst empfing seinen neuen Minister, trotz des wenig etikettemässigen Aeussern, mit der grössten Gutmütigkeit. Als Roland Minister war, lebte Madame Roland ebenso zurückgezogen wie früher. Sie arbeitete mit ihrem Manne und ging ihren persönlichen Neigungen nach. So behielt sie ihre gewohnte Art bei und beugte der Unbequemlichkeit vor, von einer neugierigen Menge umgeben zu sein, die sich an Leute von hohen Stellen immer herandrängt. Sie hatte im Ministerpalais nie einen grossen Gesellschaftskreis. Sie lud zweimal die Woche die Minister, Abgeordnete und jene Personen, mit denen ihr Mann zu sprechen hatte oder in Beziehung zu bleiben wünschte, zu Tische. Sie zeichnete unter diesen besonders den Girondisten Buzot durch ihre Freundschaft aus. Man sprach in ihrer Gegenwart über alle Angelegenheiten, weil sie nicht die Manie hatte sich einzumischen, noch eine Umgebung um sich vereinigte, die Misstrauen erweckt hätte. Von all den grossen Räumen des Ministerhotels hatte sie sich zu ihrem Privatgebrauch einen kleinen Salon ausgewählt, wo sie ihre Bücher und ihren Schreibtisch hinstellte. Es geschah häufig, dass Kollegen ihres Mannes, die mit dem Minister vertraulich zu reden wünschten, anstatt in die offiziellen Räume zu gehen, wo Beamte und andere Leute sie umgaben, zu ihr kamen und sie ersuchten, ihn dahin holen zu lassen. Auf diese Weise fand sie sich auf dem Laufenden, ohne jede Intrigue, ohne eitle Neugier. Roland hatte dann die Annehmlichkeit, sie nachher im Privatgespräch, mit jenem Vertrauen, das immer zwischen ihnen geherrscht hat, zu unterhalten, und ihr Wissen und ihre Ansichten dadurch in lebendige Verbindung zu setzen. Es kam auch vor, dass Rolands Kollegen, die nur irgend eine Mitteilung zu machen hatten, zu ihr kamen, um sie zu bitten, die Nachricht ehestens ihrem Manne mitzuteilen; oft wurde in ihrem Zimmer Ministerrat abgehalten. Jede andere Frau als sie, wäre dort nicht an ihrem richtigen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0115" n="96"/> alsbald bekannt und machte jene lachen, die am wenigsten Lust dazu hatten. Ludwig XVI. selbst empfing seinen neuen Minister, trotz des wenig etikettemässigen Aeussern, mit der grössten Gutmütigkeit.</p> <p>Als Roland Minister war, lebte Madame Roland ebenso zurückgezogen wie früher. Sie arbeitete mit ihrem Manne und ging ihren persönlichen Neigungen nach. So behielt sie ihre gewohnte Art bei und beugte der Unbequemlichkeit vor, von einer neugierigen Menge umgeben zu sein, die sich an Leute von hohen Stellen immer herandrängt. Sie hatte im Ministerpalais nie einen grossen Gesellschaftskreis. Sie lud zweimal die Woche die Minister, Abgeordnete und jene Personen, mit denen ihr Mann zu sprechen hatte oder in Beziehung zu bleiben wünschte, zu Tische. Sie zeichnete unter diesen besonders den Girondisten Buzot durch ihre Freundschaft aus. Man sprach in ihrer Gegenwart über alle Angelegenheiten, weil sie nicht die Manie hatte sich einzumischen, noch eine Umgebung um sich vereinigte, die Misstrauen erweckt hätte. Von all den grossen Räumen des Ministerhotels hatte sie sich zu ihrem Privatgebrauch einen kleinen Salon ausgewählt, wo sie ihre Bücher und ihren Schreibtisch hinstellte. Es geschah häufig, dass Kollegen ihres Mannes, die mit dem Minister vertraulich zu reden wünschten, anstatt in die offiziellen Räume zu gehen, wo Beamte und andere Leute sie umgaben, zu ihr kamen und sie ersuchten, ihn dahin holen zu lassen. Auf diese Weise fand sie sich auf dem Laufenden, ohne jede Intrigue, ohne eitle Neugier. Roland hatte dann die Annehmlichkeit, sie nachher im Privatgespräch, mit jenem Vertrauen, das immer zwischen ihnen geherrscht hat, zu unterhalten, und ihr Wissen und ihre Ansichten dadurch in lebendige Verbindung zu setzen. Es kam auch vor, dass Rolands Kollegen, die nur irgend eine Mitteilung zu machen hatten, zu ihr kamen, um sie zu bitten, die Nachricht ehestens ihrem Manne mitzuteilen; oft wurde in ihrem Zimmer Ministerrat abgehalten. Jede andere Frau als sie, wäre dort nicht an ihrem richtigen </p> </div> </body> </text> </TEI> [96/0115]
alsbald bekannt und machte jene lachen, die am wenigsten Lust dazu hatten. Ludwig XVI. selbst empfing seinen neuen Minister, trotz des wenig etikettemässigen Aeussern, mit der grössten Gutmütigkeit.
Als Roland Minister war, lebte Madame Roland ebenso zurückgezogen wie früher. Sie arbeitete mit ihrem Manne und ging ihren persönlichen Neigungen nach. So behielt sie ihre gewohnte Art bei und beugte der Unbequemlichkeit vor, von einer neugierigen Menge umgeben zu sein, die sich an Leute von hohen Stellen immer herandrängt. Sie hatte im Ministerpalais nie einen grossen Gesellschaftskreis. Sie lud zweimal die Woche die Minister, Abgeordnete und jene Personen, mit denen ihr Mann zu sprechen hatte oder in Beziehung zu bleiben wünschte, zu Tische. Sie zeichnete unter diesen besonders den Girondisten Buzot durch ihre Freundschaft aus. Man sprach in ihrer Gegenwart über alle Angelegenheiten, weil sie nicht die Manie hatte sich einzumischen, noch eine Umgebung um sich vereinigte, die Misstrauen erweckt hätte. Von all den grossen Räumen des Ministerhotels hatte sie sich zu ihrem Privatgebrauch einen kleinen Salon ausgewählt, wo sie ihre Bücher und ihren Schreibtisch hinstellte. Es geschah häufig, dass Kollegen ihres Mannes, die mit dem Minister vertraulich zu reden wünschten, anstatt in die offiziellen Räume zu gehen, wo Beamte und andere Leute sie umgaben, zu ihr kamen und sie ersuchten, ihn dahin holen zu lassen. Auf diese Weise fand sie sich auf dem Laufenden, ohne jede Intrigue, ohne eitle Neugier. Roland hatte dann die Annehmlichkeit, sie nachher im Privatgespräch, mit jenem Vertrauen, das immer zwischen ihnen geherrscht hat, zu unterhalten, und ihr Wissen und ihre Ansichten dadurch in lebendige Verbindung zu setzen. Es kam auch vor, dass Rolands Kollegen, die nur irgend eine Mitteilung zu machen hatten, zu ihr kamen, um sie zu bitten, die Nachricht ehestens ihrem Manne mitzuteilen; oft wurde in ihrem Zimmer Ministerrat abgehalten. Jede andere Frau als sie, wäre dort nicht an ihrem richtigen
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