Seitdem es bekannt ist, sagt Herr Wilson, daß die Elektricität mit dem Blitze einerley sey, ist auch durchgängig zugegeben worden, daß man in Ländern, wo die Gewitter häufig sind, der Ableiter zur Sicher- heit der Gebäude nicht wohl entbehren könne. Der Grundsatz, nach welchem die Ableiter wirken, ist dieser: daß die elektrische Materie, wenn sie durch irgend eine Kraft angetrieben wird, allezeit dahin gehe, wo sie den wenigsten Widerstand findet. Da ihr nun die Metalle den wenigsten Widerstand bey ihrem Fortgange entge- gensetzen, so wird sie allezeit eher an einem metallenen Stabe fortlaufen, als einen andern Weg suchen. Man muß aber hiebey bemerken, daß die Elektricität nie- mals in einen Körper bloß um dieses Körpers selbst willen geht, sondern nur, in so fern sie durch ihn an den Ort ihrer Bestimmung gelangen kann. Wenn durch eine Elektrisirmaschine eine Menge Elektricität aus der Erde gesammlet wird, so erhält ein mit der Erde ver- bundener Körper einen starken Funken aus dem ersten Leiter; diesen Funken bekömmt er nicht darum, weil er etwa fähig wäre, alle im Cylinder und Conductor ent- haltene Elektricität in sich aufzunehmen, sondern darum, weil der natürliche Zustand der elektrischen Materie durch die Bewegung der Maschine gestört ist, und ein Strom von dergleichen Materie aus der Erde gelockt wird. Daher bestreben sich die natürlichen Kräfte, das, was auf diese Art aus der Erde gezogen wird, derselben wieder zu ersetzen; und da der Ueberschuß, welcher sich im Conductor befindet, zu Ersetzung dieses Mangels gerade am geschicktesten ist, weil er zu keiner weitern Absicht verwendet wird, so zeigt er jederzeit ein Bestreben, wie- der zur Erde zurückzukehren. Wird alsdann ein leiten- der mit der Erde verbundener Körper dem ersten Leiter genähert, so richtet sich die ganze Kraft der Elektricität gegen diesen Körper; nicht bloß darum, weil er ein Lei- ter ist, sondern, weil er an die Stelle leitet, nach wel-
Neuntes Capitel.
Seitdem es bekannt iſt, ſagt Herr Wilſon, daß die Elektricität mit dem Blitze einerley ſey, iſt auch durchgängig zugegeben worden, daß man in Ländern, wo die Gewitter häufig ſind, der Ableiter zur Sicher- heit der Gebäude nicht wohl entbehren könne. Der Grundſatz, nach welchem die Ableiter wirken, iſt dieſer: daß die elektriſche Materie, wenn ſie durch irgend eine Kraft angetrieben wird, allezeit dahin gehe, wo ſie den wenigſten Widerſtand findet. Da ihr nun die Metalle den wenigſten Widerſtand bey ihrem Fortgange entge- genſetzen, ſo wird ſie allezeit eher an einem metallenen Stabe fortlaufen, als einen andern Weg ſuchen. Man muß aber hiebey bemerken, daß die Elektricität nie- mals in einen Körper bloß um dieſes Körpers ſelbſt willen geht, ſondern nur, in ſo fern ſie durch ihn an den Ort ihrer Beſtimmung gelangen kann. Wenn durch eine Elektriſirmaſchine eine Menge Elektricität aus der Erde geſammlet wird, ſo erhält ein mit der Erde ver- bundener Körper einen ſtarken Funken aus dem erſten Leiter; dieſen Funken bekömmt er nicht darum, weil er etwa fähig wäre, alle im Cylinder und Conductor ent- haltene Elektricität in ſich aufzunehmen, ſondern darum, weil der natürliche Zuſtand der elektriſchen Materie durch die Bewegung der Maſchine geſtört iſt, und ein Strom von dergleichen Materie aus der Erde gelockt wird. Daher beſtreben ſich die natürlichen Kräfte, das, was auf dieſe Art aus der Erde gezogen wird, derſelben wieder zu erſetzen; und da der Ueberſchuß, welcher ſich im Conductor befindet, zu Erſetzung dieſes Mangels gerade am geſchickteſten iſt, weil er zu keiner weitern Abſicht verwendet wird, ſo zeigt er jederzeit ein Beſtreben, wie- der zur Erde zurückzukehren. Wird alsdann ein leiten- der mit der Erde verbundener Körper dem erſten Leiter genähert, ſo richtet ſich die ganze Kraft der Elektricität gegen dieſen Körper; nicht bloß darum, weil er ein Lei- ter iſt, ſondern, weil er an die Stelle leitet, nach wel-
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Neuntes Capitel.
Seitdem es bekannt iſt, ſagt Herr Wilſon, daß
die Elektricität mit dem Blitze einerley ſey, iſt auch
durchgängig zugegeben worden, daß man in Ländern,
wo die Gewitter häufig ſind, der Ableiter zur Sicher-
heit der Gebäude nicht wohl entbehren könne. Der
Grundſatz, nach welchem die Ableiter wirken, iſt dieſer:
daß die elektriſche Materie, wenn ſie durch irgend eine
Kraft angetrieben wird, allezeit dahin gehe, wo ſie den
wenigſten Widerſtand findet. Da ihr nun die Metalle
den wenigſten Widerſtand bey ihrem Fortgange entge-
genſetzen, ſo wird ſie allezeit eher an einem metallenen
Stabe fortlaufen, als einen andern Weg ſuchen. Man
muß aber hiebey bemerken, daß die Elektricität nie-
mals in einen Körper bloß um dieſes Körpers ſelbſt
willen geht, ſondern nur, in ſo fern ſie durch ihn an den
Ort ihrer Beſtimmung gelangen kann. Wenn durch
eine Elektriſirmaſchine eine Menge Elektricität aus der
Erde geſammlet wird, ſo erhält ein mit der Erde ver-
bundener Körper einen ſtarken Funken aus dem erſten
Leiter; dieſen Funken bekömmt er nicht darum, weil er
etwa fähig wäre, alle im Cylinder und Conductor ent-
haltene Elektricität in ſich aufzunehmen, ſondern darum,
weil der natürliche Zuſtand der elektriſchen Materie
durch die Bewegung der Maſchine geſtört iſt, und ein
Strom von dergleichen Materie aus der Erde gelockt
wird. Daher beſtreben ſich die natürlichen Kräfte, das,
was auf dieſe Art aus der Erde gezogen wird, derſelben
wieder zu erſetzen; und da der Ueberſchuß, welcher ſich im
Conductor befindet, zu Erſetzung dieſes Mangels gerade
am geſchickteſten iſt, weil er zu keiner weitern Abſicht
verwendet wird, ſo zeigt er jederzeit ein Beſtreben, wie-
der zur Erde zurückzukehren. Wird alsdann ein leiten-
der mit der Erde verbundener Körper dem erſten Leiter
genähert, ſo richtet ſich die ganze Kraft der Elektricität
gegen dieſen Körper; nicht bloß darum, weil er ein Lei-
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Elena Kirillova: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-06-18T11:17:52Z)
Adams, George: Versuch über die Electricität. Leipzig, 1785, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/adams_elektricitaet_1785/134>, abgerufen am 23.11.2024.
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