a) Diese Anzahl der Menschen berechnet der Capi- tain Graunts in seinen Anmerkungen über die Todtenzettel der Stadt Londou.
b) Anmerkungen von der Englischen Sprache aus Benthems Englischem Kirchen- und Schulen- staat, Bl. 11. und den Lettres des LE BLANC, I. 99.
§. 17.
Der Engelländer hat seine ansehnliche Ge- stalt und seinen starken Appetit zum vielen Essen und zu hitzigen Getränken mit andern Nordischen Völkern gemein; unterscheidet sich aber dadurch von allen übrigen Nationen, daß er in keiner Sache die Mittelstrasse zu halten gewohnt ist; sondern wie seine Tugenden, also auch bißwei- len seine Laster aufs höchste treibt. Er verläßt sich auf seinem gesunden Verstand, und setzt dar- innen sein höchstes Gut, seinem eigenen Kopfe zu folgen: weil aber das melancholisch-chole- rische Temperament seine Affecten violent macht, so wird er davon öfters hingerissen. Hier- aus fließt die Liebe zum Ausserordentlichen, die Neigung zu Ausschweifungen und der Wider- spruch, der sich bißweilen in seinem Thun und Lassen zu äussern scheint. Man lobt an ihm die Redlichkeit, Großmuth, Verschwiegenheit, das Löwenherz, die Verachtung des Todes nnd Liebe zur Freyheit. Bey dem gemeinen Haufen fin- det man wütende Affecten, unbändige Aus- schweifungen in Wollüsten, Wildheit in aller-
hand
Groß-Britannien.
a) Dieſe Anzahl der Menſchen berechnet der Capi- tain Graunts in ſeinen Anmerkungen uͤber die Todtenzettel der Stadt Londou.
b) Anmerkungen von der Engliſchen Sprache aus Benthems Engliſchem Kirchen- und Schulen- ſtaat, Bl. 11. und den Lettres des LE BLANC, I. 99.
§. 17.
Der Engellaͤnder hat ſeine anſehnliche Ge- ſtalt und ſeinen ſtarken Appetit zum vielen Eſſen und zu hitzigen Getraͤnken mit andern Nordiſchen Voͤlkern gemein; unterſcheidet ſich aber dadurch von allen uͤbrigen Nationen, daß er in keiner Sache die Mittelſtraſſe zu halten gewohnt iſt; ſondern wie ſeine Tugenden, alſo auch bißwei- len ſeine Laſter aufs hoͤchſte treibt. Er verlaͤßt ſich auf ſeinem geſunden Verſtand, und ſetzt dar- innen ſein hoͤchſtes Gut, ſeinem eigenen Kopfe zu folgen: weil aber das melancholiſch-chole- riſche Temperament ſeine Affecten violent macht, ſo wird er davon oͤfters hingeriſſen. Hier- aus fließt die Liebe zum Auſſerordentlichen, die Neigung zu Ausſchweifungen und der Wider- ſpruch, der ſich bißweilen in ſeinem Thun und Laſſen zu aͤuſſern ſcheint. Man lobt an ihm die Redlichkeit, Großmuth, Verſchwiegenheit, das Loͤwenherz, die Verachtung des Todes nnd Liebe zur Freyheit. Bey dem gemeinen Haufen fin- det man wuͤtende Affecten, unbaͤndige Aus- ſchweifungen in Wolluͤſten, Wildheit in aller-
hand
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0178"n="164"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#g">Groß-Britannien.</hi></hi></fw><lb/><list><item><hirendition="#aq">a)</hi> Dieſe Anzahl der Menſchen berechnet der Capi-<lb/>
tain <hirendition="#fr">Graunts</hi> in ſeinen <hirendition="#fr">Anmerkungen uͤber die<lb/>
Todtenzettel der Stadt Londou.</hi></item><lb/><item><hirendition="#aq">b)</hi> Anmerkungen von der Engliſchen Sprache aus<lb/><hirendition="#fr">Benthems Engliſchem Kirchen- und Schulen-<lb/>ſtaat,</hi> Bl. 11. und den <hirendition="#aq">Lettres</hi> des <hirendition="#aq"><hirendition="#i"><hirendition="#g">LE BLANC,</hi></hi><lb/>
I.</hi> 99.</item></list></div><lb/><divn="3"><head>§. 17.</head><lb/><p>Der Engellaͤnder hat ſeine anſehnliche Ge-<lb/>ſtalt und ſeinen ſtarken Appetit zum vielen Eſſen<lb/>
und zu hitzigen Getraͤnken mit andern Nordiſchen<lb/>
Voͤlkern gemein; unterſcheidet ſich aber dadurch<lb/>
von allen uͤbrigen Nationen, daß er in keiner<lb/>
Sache die Mittelſtraſſe zu halten gewohnt iſt;<lb/>ſondern wie ſeine Tugenden, alſo auch bißwei-<lb/>
len ſeine Laſter aufs hoͤchſte treibt. Er verlaͤßt<lb/>ſich auf ſeinem geſunden Verſtand, und ſetzt dar-<lb/>
innen ſein hoͤchſtes Gut, ſeinem eigenen Kopfe<lb/>
zu folgen: weil aber das <hirendition="#fr">melancholiſch-chole-<lb/>
riſche Temperament</hi>ſeine Affecten violent<lb/>
macht, ſo wird er davon oͤfters hingeriſſen. Hier-<lb/>
aus fließt die Liebe zum Auſſerordentlichen, die<lb/>
Neigung zu Ausſchweifungen und der Wider-<lb/>ſpruch, der ſich bißweilen in ſeinem Thun und<lb/>
Laſſen zu aͤuſſern ſcheint. Man lobt an ihm die<lb/>
Redlichkeit, Großmuth, Verſchwiegenheit, das<lb/>
Loͤwenherz, die Verachtung des Todes nnd Liebe<lb/>
zur Freyheit. Bey dem gemeinen Haufen fin-<lb/>
det man wuͤtende Affecten, unbaͤndige Aus-<lb/>ſchweifungen in Wolluͤſten, Wildheit in aller-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">hand</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[164/0178]
Groß-Britannien.
a) Dieſe Anzahl der Menſchen berechnet der Capi-
tain Graunts in ſeinen Anmerkungen uͤber die
Todtenzettel der Stadt Londou.
b) Anmerkungen von der Engliſchen Sprache aus
Benthems Engliſchem Kirchen- und Schulen-
ſtaat, Bl. 11. und den Lettres des LE BLANC,
I. 99.
§. 17.
Der Engellaͤnder hat ſeine anſehnliche Ge-
ſtalt und ſeinen ſtarken Appetit zum vielen Eſſen
und zu hitzigen Getraͤnken mit andern Nordiſchen
Voͤlkern gemein; unterſcheidet ſich aber dadurch
von allen uͤbrigen Nationen, daß er in keiner
Sache die Mittelſtraſſe zu halten gewohnt iſt;
ſondern wie ſeine Tugenden, alſo auch bißwei-
len ſeine Laſter aufs hoͤchſte treibt. Er verlaͤßt
ſich auf ſeinem geſunden Verſtand, und ſetzt dar-
innen ſein hoͤchſtes Gut, ſeinem eigenen Kopfe
zu folgen: weil aber das melancholiſch-chole-
riſche Temperament ſeine Affecten violent
macht, ſo wird er davon oͤfters hingeriſſen. Hier-
aus fließt die Liebe zum Auſſerordentlichen, die
Neigung zu Ausſchweifungen und der Wider-
ſpruch, der ſich bißweilen in ſeinem Thun und
Laſſen zu aͤuſſern ſcheint. Man lobt an ihm die
Redlichkeit, Großmuth, Verſchwiegenheit, das
Loͤwenherz, die Verachtung des Todes nnd Liebe
zur Freyheit. Bey dem gemeinen Haufen fin-
det man wuͤtende Affecten, unbaͤndige Aus-
ſchweifungen in Wolluͤſten, Wildheit in aller-
hand
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Achenwall, Gottfried: Abriß der neuesten Staatswissenschaft der vornehmsten Europäischen Reiche und Republicken. Göttingen, 1749, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/achenwall_staatswissenschaft_1749/178>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.