Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.Freyherrlich-Abschatzisches und sein Verstand übersah alle Tieffen der Dinge. DieNothwendigkeiten des Fürstenthums trug seine Pflicht/ wenn es die allgemeinen Angelegenheiten des Landes nicht verhinderten/ mit unermüdetem Fleisse dem königlichen Amte für/ und konte offtermahls die Nacht von dem Tage nicht unterscheiden. Diesen Geschäfften sezte er alles/ wie einem emsigen Staats-Manne oblieget/ seine Wirthschaff- ten/ Kinder und sich selbsten nach. In Verwaltung der Einnahme und Ausgabe der allerunterthänigsten Verwilli- gungen ist die Auffachtsamkeit unsers vollkommenen Herrn Landes-Bestellten bey zweymahligem Abgange des Ober- Steuer-Einnehmers allen Zufällen als ein hundert-äugich- ter Argus zuvor kommen/ und hat den Ständen nebst den Eltesten des Landes das theure Kleinod der Treue bey den gewöhnlichen Landes-Raytungen ohne Eigen-Nutz auffge- opffert. Wolten die wohlhergebrachten Gewohn- und Frey- heiten des Fürstenthums bestritten werden/ so sprach er mit rühmlichen Eyfer der Warheit das Wort/ wie Themisto- cles zu Athen/ und ließ dieselben so wenig/ als seinen Aug- Apffel verletzen. Bey denen unumgänglichen Beschwe- rungen und neuen Anlagen/ ohne welche die Ruhe Schlesi- ens nicht zu erhalten gewesen/ legte er die Kräffte des Lan- des auff eine/ und das Vermögen der Städte auff die ande- re Waagschale/ und suchte unter beyden immer eine Gleich- heit zu treffen. Ja wenn auch irgends einem und dem an- dern Theile ein mehrers zugewachsen/ bemühete sich unser hochseliger Frey-Herr als ein kluger Arzt dem Leibe so zu helffen/ daß kein Glied deswegen verlezt/ viel weniger abge- schnitten wurde: Gab also einen Pfeiler ab/ der die Grund- Säule des Regimentes/ die Eintracht stüzte. Die gröste Probe seiner Klugheit war die Verschwiegenheit/ die Seele aller politischen Handlungen/ von welcher alle Verrichtun- gen den Nachdruck/ wie vom Glücke den Ausschlag bekom- men: Weswegen er die anvertrauten Geheimnisse in seinem Munde verfaulen ließ/ welcher doch/ wenn es Zeit zu reden war/ nicht weniger Geruch/ als Bisam und Ambra von sich gab. Die durchdringenden Worte der Gelehrten/ und aus den
Freyherrlich-Abſchatziſches und ſein Verſtand uͤberſah alle Tieffen der Dinge. DieNothwendigkeiten des Fuͤrſtenthums trug ſeine Pflicht/ wenn es die allgemeinen Angelegenheiten des Landes nicht verhinderten/ mit unermuͤdetem Fleiſſe dem koͤniglichen Amte fuͤr/ und konte offtermahls die Nacht von dem Tage nicht unterſcheiden. Dieſen Geſchaͤfften ſezte er alles/ wie einem emſigen Staats-Manne oblieget/ ſeine Wirthſchaff- ten/ Kinder und ſich ſelbſten nach. In Verwaltung der Einnahme und Ausgabe der allerunterthaͤnigſten Verwilli- gungen iſt die Auffachtſamkeit unſers vollkommenen Herrn Landes-Beſtellten bey zweymahligem Abgange des Ober- Steuer-Einnehmers allen Zufaͤllen als ein hundert-aͤugich- ter Argus zuvor kommen/ und hat den Staͤnden nebſt den Elteſten des Landes das theure Kleinod der Treue bey den gewoͤhnlichen Landes-Raytungen ohne Eigen-Nutz auffge- opffert. Wolten die wohlhergebrachten Gewohn- und Frey- heiten des Fuͤrſtenthums beſtritten werden/ ſo ſprach er mit ruͤhmlichen Eyfer der Warheit das Wort/ wie Themiſto- cles zu Athen/ und ließ dieſelben ſo wenig/ als ſeinen Aug- Apffel verletzen. Bey denen unumgaͤnglichen Beſchwe- rungen und neuen Anlagen/ ohne welche die Ruhe Schleſi- ens nicht zu erhalten geweſen/ legte er die Kraͤffte des Lan- des auff eine/ und das Vermoͤgen der Staͤdte auff die ande- re Waagſchale/ und ſuchte unter beyden immer eine Gleich- heit zu treffen. Ja wenn auch irgends einem und dem an- dern Theile ein mehrers zugewachſen/ bemuͤhete ſich unſer hochſeliger Frey-Herr als ein kluger Arzt dem Leibe ſo zu helffen/ daß kein Glied deswegen verlezt/ viel weniger abge- ſchnitten wurde: Gab alſo einen Pfeiler ab/ der die Grund- Saͤule des Regimentes/ die Eintracht ſtuͤzte. Die groͤſte Probe ſeiner Klugheit war die Verſchwiegenheit/ die Seele aller politiſchen Handlungen/ von welcher alle Verrichtun- gen den Nachdruck/ wie vom Gluͤcke den Ausſchlag bekom- men: Weswegen er die anvertrauten Geheimniſſe in ſeinem Munde verfaulen ließ/ welcher doch/ wenn es Zeit zu reden war/ nicht weniger Geruch/ als Biſam und Ambra von ſich gab. Die durchdringenden Worte der Gelehrten/ und aus den
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Freyherrlich-Abſchatziſches
und ſein Verſtand uͤberſah alle Tieffen der Dinge. Die
Nothwendigkeiten des Fuͤrſtenthums trug ſeine Pflicht/
wenn es die allgemeinen Angelegenheiten des Landes nicht
verhinderten/ mit unermuͤdetem Fleiſſe dem koͤniglichen
Amte fuͤr/ und konte offtermahls die Nacht von dem Tage
nicht unterſcheiden. Dieſen Geſchaͤfften ſezte er alles/ wie
einem emſigen Staats-Manne oblieget/ ſeine Wirthſchaff-
ten/ Kinder und ſich ſelbſten nach. In Verwaltung der
Einnahme und Ausgabe der allerunterthaͤnigſten Verwilli-
gungen iſt die Auffachtſamkeit unſers vollkommenen Herrn
Landes-Beſtellten bey zweymahligem Abgange des Ober-
Steuer-Einnehmers allen Zufaͤllen als ein hundert-aͤugich-
ter Argus zuvor kommen/ und hat den Staͤnden nebſt den
Elteſten des Landes das theure Kleinod der Treue bey den
gewoͤhnlichen Landes-Raytungen ohne Eigen-Nutz auffge-
opffert. Wolten die wohlhergebrachten Gewohn- und Frey-
heiten des Fuͤrſtenthums beſtritten werden/ ſo ſprach er mit
ruͤhmlichen Eyfer der Warheit das Wort/ wie Themiſto-
cles zu Athen/ und ließ dieſelben ſo wenig/ als ſeinen Aug-
Apffel verletzen. Bey denen unumgaͤnglichen Beſchwe-
rungen und neuen Anlagen/ ohne welche die Ruhe Schleſi-
ens nicht zu erhalten geweſen/ legte er die Kraͤffte des Lan-
des auff eine/ und das Vermoͤgen der Staͤdte auff die ande-
re Waagſchale/ und ſuchte unter beyden immer eine Gleich-
heit zu treffen. Ja wenn auch irgends einem und dem an-
dern Theile ein mehrers zugewachſen/ bemuͤhete ſich unſer
hochſeliger Frey-Herr als ein kluger Arzt dem Leibe ſo zu
helffen/ daß kein Glied deswegen verlezt/ viel weniger abge-
ſchnitten wurde: Gab alſo einen Pfeiler ab/ der die Grund-
Saͤule des Regimentes/ die Eintracht ſtuͤzte. Die groͤſte
Probe ſeiner Klugheit war die Verſchwiegenheit/ die Seele
aller politiſchen Handlungen/ von welcher alle Verrichtun-
gen den Nachdruck/ wie vom Gluͤcke den Ausſchlag bekom-
men: Weswegen er die anvertrauten Geheimniſſe in ſeinem
Munde verfaulen ließ/ welcher doch/ wenn es Zeit zu reden
war/ nicht weniger Geruch/ als Biſam und Ambra von ſich
gab. Die durchdringenden Worte der Gelehrten/ und aus
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Zitationshilfe: | Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/98>, abgerufen am 25.07.2024. |