Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.Vermischte Gedichte. Was hebet man mit Recht vor alle Gaben auff? Es nehmen ihrer viel den kurtzen Jahr-Gewinn/ Dadurch erweitert wird der enge Lebenskreiß/ Vor Ehre/ Geld und Gutt/ sie kleben an dem Koth Der irrdnen Sterbligkeit mit Hertze/ Mund und Hand/ Biß sie zulezt davon ein traurig Ende reist. Was ist darnach man sich mit bestem Rechte reist? Was nur den geilen Leib zur Freude muntert auff/ Diß acht der meiste Theil der Menschen vor Gewinn/ Da doch so lange Zeit den rundten Jammerkreiß In Ach und Weh bewohnt der schwache Bau von Koth/ Verwechselt Leyd und Freud einander reicht die Hand. Was ist zu nehmen an mit ausgestreckter Hand? Nicht stoltze Wissenschafft/ die von der Erde reist Den Wind-gefüllten Sinn/ zu steigen Himmel auff/ Die vielen zwar verheist der Ewigkeit Gewinn/ Doch wenn sich kehret um der Ehre falscher Kreiß/ Wird durch der Feinde Grimm gestürtzet in den Koth. Geld/ Gnade/ Zeit und Lust und Wissen fällt in Koth/ Ein treuer Jonathan des Freundes rechte Hand/ Der von dem Freunde sich in keinen Nöthen reist/ Der Gutt und Blutt vor ihn mit Freuden setzet auff/ Ist/ meinem Sinne nach/ der edelste Gewinn/ Den uns gewähren kan der Erde Kugelkreiß. Fremde Kleider/ falsche Haare/ Falsche Treu/ verfälschter Wein/ Glatte Worte/ falscher Schein/ Sind anizt die beste Waare. Wer will sich bey solchen Tagen Mit der albern Warheit plagen? Leug die grösten Tummel-Plätze/ Gib die Wort um gutten Kauff/ Schneid von Ost und Westen auff/ Darum strafft dich kein Gesetze! Wilt[u]
Vermiſchte Gedichte. Was hebet man mit Recht vor alle Gaben auff? Es nehmen ihrer viel den kurtzen Jahr-Gewinn/ Dadurch erweitert wird der enge Lebenskreiß/ Vor Ehre/ Geld und Gutt/ ſie kleben an dem Koth Der irrdnen Sterbligkeit mit Hertze/ Mund und Hand/ Biß ſie zulezt davon ein traurig Ende reiſt. Was iſt darnach man ſich mit beſtem Rechte reiſt? Was nur den geilen Leib zur Freude muntert auff/ Diß acht der meiſte Theil der Menſchen vor Gewinn/ Da doch ſo lange Zeit den rundten Jammerkreiß In Ach und Weh bewohnt der ſchwache Bau von Koth/ Verwechſelt Leyd und Freud einander reicht die Hand. Was iſt zu nehmen an mit ausgeſtreckter Hand? Nicht ſtoltze Wiſſenſchafft/ die von der Erde reiſt Den Wind-gefuͤllten Sinn/ zu ſteigen Himmel auff/ Die vielen zwar verheiſt der Ewigkeit Gewinn/ Doch wenn ſich kehret um der Ehre falſcher Kreiß/ Wird durch der Feinde Grimm geſtuͤrtzet in den Koth. Geld/ Gnade/ Zeit und Luſt und Wiſſen faͤllt in Koth/ Ein treuer Jonathan des Freundes rechte Hand/ Der von dem Freunde ſich in keinen Noͤthen reiſt/ Der Gutt und Blutt vor ihn mit Freuden ſetzet auff/ Iſt/ meinem Sinne nach/ der edelſte Gewinn/ Den uns gewaͤhren kan der Erde Kugelkreiß. Fremde Kleider/ falſche Haare/ Falſche Treu/ verfaͤlſchter Wein/ Glatte Worte/ falſcher Schein/ Sind anizt die beſte Waare. Wer will ſich bey ſolchen Tagen Mit der albern Warheit plagen? Leug die groͤſten Tummel-Plaͤtze/ Gib die Wort um gutten Kauff/ Schneid von Oſt und Weſten auff/ Darum ſtrafft dich kein Geſetze! Wilt[u]
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Vermiſchte Gedichte.
Was hebet man mit Recht vor alle Gaben auff?
Es nehmen ihrer viel den kurtzen Jahr-Gewinn/
Dadurch erweitert wird der enge Lebenskreiß/
Vor Ehre/ Geld und Gutt/ ſie kleben an dem Koth
Der irrdnen Sterbligkeit mit Hertze/ Mund und Hand/
Biß ſie zulezt davon ein traurig Ende reiſt.
Was iſt darnach man ſich mit beſtem Rechte reiſt?
Was nur den geilen Leib zur Freude muntert auff/
Diß acht der meiſte Theil der Menſchen vor Gewinn/
Da doch ſo lange Zeit den rundten Jammerkreiß
In Ach und Weh bewohnt der ſchwache Bau von Koth/
Verwechſelt Leyd und Freud einander reicht die Hand.
Was iſt zu nehmen an mit ausgeſtreckter Hand?
Nicht ſtoltze Wiſſenſchafft/ die von der Erde reiſt
Den Wind-gefuͤllten Sinn/ zu ſteigen Himmel auff/
Die vielen zwar verheiſt der Ewigkeit Gewinn/
Doch wenn ſich kehret um der Ehre falſcher Kreiß/
Wird durch der Feinde Grimm geſtuͤrtzet in den Koth.
Geld/ Gnade/ Zeit und Luſt und Wiſſen faͤllt in Koth/
Ein treuer Jonathan des Freundes rechte Hand/
Der von dem Freunde ſich in keinen Noͤthen reiſt/
Der Gutt und Blutt vor ihn mit Freuden ſetzet auff/
Iſt/ meinem Sinne nach/ der edelſte Gewinn/
Den uns gewaͤhren kan der Erde Kugelkreiß.
Fremde Kleider/ falſche Haare/
Falſche Treu/ verfaͤlſchter Wein/
Glatte Worte/ falſcher Schein/
Sind anizt die beſte Waare.
Wer will ſich bey ſolchen Tagen
Mit der albern Warheit plagen?
Leug die groͤſten Tummel-Plaͤtze/
Gib die Wort um gutten Kauff/
Schneid von Oſt und Weſten auff/
Darum ſtrafft dich kein Geſetze!
Wiltu
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Zitationshilfe: | Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/710>, abgerufen am 05.07.2024. |