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Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

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Vermischte Gedichte.

Wohin mich durch ein schlimmes Land
Des Welt-Beschreibers kühne Hand
Und theur-gekauffte Führer weisen.

Ich ändre täglich Kost und Heerd/
Vertausche Wohnung/ Bett und Pferd/
Nichts/ und doch alles ist mein eigen/
Nichts ruhet an mir/ als der Mund/
Dem offt den gantzen Tag vergunt
In stiller Einsamkeit zu schweigen.
Wo gehn wir izt mit gleichem Sinn
In zwey ungleiche Strassen hin/
Die ich und du so offt gemessen?
Wo können wir izt unsrer Pein
Und Lust geheime Zeugen seyn/
Zusammen schlaffen/ trincken/ essen?
Wer sieht uns/ wenn der Tag entsteht/
Und Phöbus gegen Westen geht
Um Leydens schöne Stadt spatzieren?
Wer sieht uns in Vertrauligkeit/
Auff nahen Gräntzen steten Streit
Und süssen Krieg zusammen führen?
Ach/ Hertze/ könnt ich bey dir seyn!
Doch weil der Himmel nicht stimmt ein
Mit meinem Wünschen und Verlangen/
So lebe wohl-beglückt/ mein Kind/
Biß mir die Vater-Erde günnt/
Dich mit Vergnügen zu umfangen.
Indessen soll die Ewigkeit
In das Register grauer Zeit
Und an des Himmels Wände schreiben/
Daß dir und deiner Brüderschafft
Biß ihn der blasse Tod wegrafft/
Dein Damon treu und hold wird bleiben.
Co[n-]

Vermiſchte Gedichte.

Wohin mich durch ein ſchlimmes Land
Des Welt-Beſchreibers kuͤhne Hand
Und theur-gekauffte Fuͤhrer weiſen.

Ich aͤndre taͤglich Koſt und Heerd/
Vertauſche Wohnung/ Bett und Pferd/
Nichts/ und doch alles iſt mein eigen/
Nichts ruhet an mir/ als der Mund/
Dem offt den gantzen Tag vergunt
In ſtiller Einſamkeit zu ſchweigen.
Wo gehn wir izt mit gleichem Sinn
In zwey ungleiche Straſſen hin/
Die ich und du ſo offt gemeſſen?
Wo koͤnnen wir izt unſrer Pein
Und Luſt geheime Zeugen ſeyn/
Zuſammen ſchlaffen/ trincken/ eſſen?
Wer ſieht uns/ wenn der Tag entſteht/
Und Phoͤbus gegen Weſten geht
Um Leydens ſchoͤne Stadt ſpatzieren?
Wer ſieht uns in Vertrauligkeit/
Auff nahen Graͤntzen ſteten Streit
Und ſuͤſſen Krieg zuſammen fuͤhren?
Ach/ Hertze/ koͤnnt ich bey dir ſeyn!
Doch weil der Himmel nicht ſtimmt ein
Mit meinem Wuͤnſchen und Verlangen/
So lebe wohl-begluͤckt/ mein Kind/
Biß mir die Vater-Erde guͤnnt/
Dich mit Vergnuͤgen zu umfangen.
Indeſſen ſoll die Ewigkeit
In das Regiſter grauer Zeit
Und an des Himmels Waͤnde ſchreiben/
Daß dir und deiner Bruͤderſchafft
Biß ihn der blaſſe Tod wegrafft/
Dein Damon treu und hold wird bleiben.
Co[n-]
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[110/0690] Vermiſchte Gedichte. Wohin mich durch ein ſchlimmes Land Des Welt-Beſchreibers kuͤhne Hand Und theur-gekauffte Fuͤhrer weiſen. Ich aͤndre taͤglich Koſt und Heerd/ Vertauſche Wohnung/ Bett und Pferd/ Nichts/ und doch alles iſt mein eigen/ Nichts ruhet an mir/ als der Mund/ Dem offt den gantzen Tag vergunt In ſtiller Einſamkeit zu ſchweigen. Wo gehn wir izt mit gleichem Sinn In zwey ungleiche Straſſen hin/ Die ich und du ſo offt gemeſſen? Wo koͤnnen wir izt unſrer Pein Und Luſt geheime Zeugen ſeyn/ Zuſammen ſchlaffen/ trincken/ eſſen? Wer ſieht uns/ wenn der Tag entſteht/ Und Phoͤbus gegen Weſten geht Um Leydens ſchoͤne Stadt ſpatzieren? Wer ſieht uns in Vertrauligkeit/ Auff nahen Graͤntzen ſteten Streit Und ſuͤſſen Krieg zuſammen fuͤhren? Ach/ Hertze/ koͤnnt ich bey dir ſeyn! Doch weil der Himmel nicht ſtimmt ein Mit meinem Wuͤnſchen und Verlangen/ So lebe wohl-begluͤckt/ mein Kind/ Biß mir die Vater-Erde guͤnnt/ Dich mit Vergnuͤgen zu umfangen. Indeſſen ſoll die Ewigkeit In das Regiſter grauer Zeit Und an des Himmels Waͤnde ſchreiben/ Daß dir und deiner Bruͤderſchafft Biß ihn der blaſſe Tod wegrafft/ Dein Damon treu und hold wird bleiben. Con-

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Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/690>, abgerufen am 22.11.2024.