Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.Ehren-Gedichte. Zu Herrn Daniel Caspars von Lohenstein Deutschem Arminius. Was ist der kurtze Ruff/ der mit ins Grab versinckt/ Dafern er aus der Grufft nicht ewig widerschallet? Ein schneller Blitz/ der zwar von Ost biß Westen blinckt/ Doch bald vergessen ist/ wenn drauff kein Donner knallet/ Ein Rauch/ der bald verfliegt/ ein Wind/ der bald verstreichet/ Ein Irrlicht/ dessen Schein für neuer Sonn erbleichet. Wie bald verkocht in uns die Hand voll kühnes Blutt? Wie eilends pflegt das Tacht des Lebens auszubrennen/ Noch Hand noch Schädel weist den edlen Geist und Mutt; Wer will den Zunder in der Todten-Asch erkennen? Der/ welcher unser Lob erhalten soll auff Erden/ Muß deß in kurtzer Zeit ein stummer Zeuge werden. Was hilffts denn/ daß ein Mensch nach grossem Nahmen strebt/ Wenn sein Gedächtnis nicht kan zu der Nachwelt dringen? Für Agamemnons Zeit hat mancher Held gelebt/ Den seiner Tugend Preiß zun Sternen können bringen/ Weil aber kein Homer zu ihm sich hat gefunden/ Ist seiner Thaten Glantz in dunckler Nacht verschwunden. Braucht allen Aloe und Balsam alter Welt/ Bemahlt/ nach Sothis Art/ die theuren Leichen-Kittel/ Schnizt feste Cedern aus mit fremden Leim verquellt/ Bezeichnet Tuch und Sarg mit Bildern großer Tittel; Wird nicht ein Oedipus die schwartze Brust entdecken/ Bleibt im Verwesen doch eur Stand und Wesen stecken. Baut hohe Gräber auff/ bedeckt mit einer Last Von Jaspis und Porphyr die dorrenden Gebeine/ Schreibt
Ehren-Gedichte. Zu Herrn Daniel Caſpars von Lohenſtein Deutſchem Arminius. Was iſt der kurtze Ruff/ der mit ins Grab verſinckt/ Dafern er aus der Grufft nicht ewig widerſchallet? Ein ſchneller Blitz/ der zwar von Oſt biß Weſten blinckt/ Doch bald vergeſſen iſt/ wenn drauff kein Donner knallet/ Ein Rauch/ der bald verfliegt/ ein Wind/ der bald verſtreichet/ Ein Irrlicht/ deſſen Schein fuͤr neuer Sonn erbleichet. Wie bald verkocht in uns die Hand voll kuͤhnes Blutt? Wie eilends pflegt das Tacht des Lebens auszubrennen/ Noch Hand noch Schaͤdel weiſt den edlen Geiſt und Mutt; Wer will den Zunder in der Todten-Aſch erkennen? Der/ welcher unſer Lob erhalten ſoll auff Erden/ Muß deß in kurtzer Zeit ein ſtummer Zeuge werden. Was hilffts deñ/ daß ein Menſch nach groſſem Nahmen ſtrebt/ Wenn ſein Gedaͤchtnis nicht kan zu der Nachwelt dringen? Fuͤr Agamemnons Zeit hat mancher Held gelebt/ Den ſeiner Tugend Preiß zun Sternen koͤnnen bringen/ Weil aber kein Homer zu ihm ſich hat gefunden/ Iſt ſeiner Thaten Glantz in dunckler Nacht verſchwunden. Braucht allen Aloe und Balſam alter Welt/ Bemahlt/ nach Sothis Art/ die theuren Leichen-Kittel/ Schnizt feſte Cedern aus mit fremden Leim verquellt/ Bezeichnet Tuch und Sarg mit Bildern großer Tittel; Wird nicht ein Oedipus die ſchwartze Bruſt entdecken/ Bleibt im Verweſen doch eur Stand und Weſen ſtecken. Baut hohe Graͤber auff/ bedeckt mit einer Laſt Von Jaſpis und Porphyr die dorrenden Gebeine/ Schreibt
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Ehren-Gedichte.
Zu Herrn Daniel Caſpars von Lohenſtein
Deutſchem Arminius.
Was iſt der kurtze Ruff/ der mit ins Grab verſinckt/
Dafern er aus der Grufft nicht ewig widerſchallet?
Ein ſchneller Blitz/ der zwar von Oſt biß Weſten blinckt/
Doch bald vergeſſen iſt/ wenn drauff kein Donner knallet/
Ein Rauch/ der bald verfliegt/ ein Wind/ der bald verſtreichet/
Ein Irrlicht/ deſſen Schein fuͤr neuer Sonn erbleichet.
Wie bald verkocht in uns die Hand voll kuͤhnes Blutt?
Wie eilends pflegt das Tacht des Lebens auszubrennen/
Noch Hand noch Schaͤdel weiſt den edlen Geiſt und Mutt;
Wer will den Zunder in der Todten-Aſch erkennen?
Der/ welcher unſer Lob erhalten ſoll auff Erden/
Muß deß in kurtzer Zeit ein ſtummer Zeuge werden.
Was hilffts deñ/ daß ein Menſch nach groſſem Nahmen ſtrebt/
Wenn ſein Gedaͤchtnis nicht kan zu der Nachwelt dringen?
Fuͤr Agamemnons Zeit hat mancher Held gelebt/
Den ſeiner Tugend Preiß zun Sternen koͤnnen bringen/
Weil aber kein Homer zu ihm ſich hat gefunden/
Iſt ſeiner Thaten Glantz in dunckler Nacht verſchwunden.
Braucht allen Aloe und Balſam alter Welt/
Bemahlt/ nach Sothis Art/ die theuren Leichen-Kittel/
Schnizt feſte Cedern aus mit fremden Leim verquellt/
Bezeichnet Tuch und Sarg mit Bildern großer Tittel;
Wird nicht ein Oedipus die ſchwartze Bruſt entdecken/
Bleibt im Verweſen doch eur Stand und Weſen ſtecken.
Baut hohe Graͤber auff/ bedeckt mit einer Laſt
Von Jaſpis und Porphyr die dorrenden Gebeine/
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Zitationshilfe: | Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/627>, abgerufen am 24.02.2025. |