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Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

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Leichen-Gedichte.

Der Nach-Ruff/ welchen uns die Tugend leget bey/
Die Seele/ welche wir von GOtt empfangen haben.
Kein unverzehrlich Tacht/ kein immer-brennend Licht
Gleicht dieser Himmels-Flamm und hellem Zunder nicht;
Wenn gleich solt Oel und Schein erblaßter Sternen schwinden/
Läst sich der beyden Glantz noch unvertunckelt finden.

Das Unverweßlich-seyn sucht Morgenland vergebens/
Die theurste Specerey ist selbst verderblich Gutt/
Ertz/ Steine/ Säulen zwingt Zeit/ Sturm/ Wind oder Glutt
Der beste Balsam ist der Nachruhm reines Lebens/
Wer dieses Kleinod zu der Ahnen Schilde legt/
Das Bild der Gottesfurcht in seine Seele prägt/
Lebt in und ob der Welt/ und wenn sich die begräbet/
So weiß er/ daß er doch die Zeit selbst überlebet.
Hier liegt der edle Geist verstrickt in seinen Banden/
Das allzu schwere Fleisch/ der Eitelkeiten Koth/
Klebt seinen Flügeln an/ doch kennt er keinen Todt:
Wann die gewünschte Zeit der Freyheit ist verhanden/
Im Fall ihn nicht die Last der Laster unterdrückt/
Und in das schwartze Reich betrübter Nächte schickt/
So klimmt er an das Licht/ und übersteigt die Sonne/
Bewohnt bey GOttes Thron das Reich der steten Wonne.
Die Dünste dieser Welt umnebeln das Gesichte/
Ein neidig Auge streicht der Sonne Flecken an.
Man mindert oder mehrt was der und du gethan/
Wenn unser Lebens-Licht verlöscht/ so wird es lichte.
Wenn Lust und Nutz entweicht/ kein Zwang uns mehr umgiebt
So rühmt und schilt die Welt/ was ieder ausgeübt.
Der Fürnis springet ab/ die wahren Lebens-Farben
Erheben unsre Zier/ entblößen unsre Narben.
Wir sencken zwar nunmehr die abgelebten Glieder
Des Edelen von Hund mit Thränen in die Grufft:
Das beste Theil von ihm hat GOtt zu sich gerufft/
Sein wohl verdienter Ruhm schallt aus dem Grabe wider.
Die Plagen dieser Welt/ das Siechthum dieser Zeit
Ersetzet ihm nunmehr die Schos der Ewigkeit:
Der

Leichen-Gedichte.

Der Nach-Ruff/ welchen uns die Tugend leget bey/
Die Seele/ welche wir von GOtt empfangen haben.
Kein unverzehrlich Tacht/ kein immer-brennend Licht
Gleicht dieſer Himmels-Flamm und hellem Zunder nicht;
Weñ gleich ſolt Oel und Schein erblaßter Sternen ſchwinden/
Laͤſt ſich der beyden Glantz noch unvertunckelt finden.

Das Unverweßlich-ſeyn ſucht Morgenland vergebens/
Die theurſte Specerey iſt ſelbſt verderblich Gutt/
Ertz/ Steine/ Saͤulen zwingt Zeit/ Sturm/ Wind oder Glutt
Der beſte Balſam iſt der Nachruhm reines Lebens/
Wer dieſes Kleinod zu der Ahnen Schilde legt/
Das Bild der Gottesfurcht in ſeine Seele praͤgt/
Lebt in und ob der Welt/ und wenn ſich die begraͤbet/
So weiß er/ daß er doch die Zeit ſelbſt uͤberlebet.
Hier liegt der edle Geiſt verſtrickt in ſeinen Banden/
Das allzu ſchwere Fleiſch/ der Eitelkeiten Koth/
Klebt ſeinen Fluͤgeln an/ doch kennt er keinen Todt:
Wann die gewuͤnſchte Zeit der Freyheit iſt verhanden/
Im Fall ihn nicht die Laſt der Laſter unterdruͤckt/
Und in das ſchwartze Reich betruͤbter Naͤchte ſchickt/
So klimmt er an das Licht/ und uͤberſteigt die Sonne/
Bewohnt bey GOttes Thron das Reich der ſteten Wonne.
Die Duͤnſte dieſer Welt umnebeln das Geſichte/
Ein neidig Auge ſtreicht der Sonne Flecken an.
Man mindert oder mehrt was der und du gethan/
Wenn unſer Lebens-Licht verloͤſcht/ ſo wird es lichte.
Wenn Luſt und Nutz entweicht/ kein Zwang uns mehr umgiebt
So ruͤhmt und ſchilt die Welt/ was ieder ausgeuͤbt.
Der Fuͤrnis ſpringet ab/ die wahren Lebens-Farben
Erheben unſre Zier/ entbloͤßen unſre Narben.
Wir ſencken zwar nunmehr die abgelebten Glieder
Des Edelen von Hund mit Thraͤnen in die Grufft:
Das beſte Theil von ihm hat GOtt zu ſich gerufft/
Sein wohl verdienter Ruhm ſchallt aus dem Grabe wider.
Die Plagen dieſer Welt/ das Siechthum dieſer Zeit
Erſetzet ihm nunmehr die Schos der Ewigkeit:
Der
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[32/0612] Leichen-Gedichte. Der Nach-Ruff/ welchen uns die Tugend leget bey/ Die Seele/ welche wir von GOtt empfangen haben. Kein unverzehrlich Tacht/ kein immer-brennend Licht Gleicht dieſer Himmels-Flamm und hellem Zunder nicht; Weñ gleich ſolt Oel und Schein erblaßter Sternen ſchwinden/ Laͤſt ſich der beyden Glantz noch unvertunckelt finden. Das Unverweßlich-ſeyn ſucht Morgenland vergebens/ Die theurſte Specerey iſt ſelbſt verderblich Gutt/ Ertz/ Steine/ Saͤulen zwingt Zeit/ Sturm/ Wind oder Glutt Der beſte Balſam iſt der Nachruhm reines Lebens/ Wer dieſes Kleinod zu der Ahnen Schilde legt/ Das Bild der Gottesfurcht in ſeine Seele praͤgt/ Lebt in und ob der Welt/ und wenn ſich die begraͤbet/ So weiß er/ daß er doch die Zeit ſelbſt uͤberlebet. Hier liegt der edle Geiſt verſtrickt in ſeinen Banden/ Das allzu ſchwere Fleiſch/ der Eitelkeiten Koth/ Klebt ſeinen Fluͤgeln an/ doch kennt er keinen Todt: Wann die gewuͤnſchte Zeit der Freyheit iſt verhanden/ Im Fall ihn nicht die Laſt der Laſter unterdruͤckt/ Und in das ſchwartze Reich betruͤbter Naͤchte ſchickt/ So klimmt er an das Licht/ und uͤberſteigt die Sonne/ Bewohnt bey GOttes Thron das Reich der ſteten Wonne. Die Duͤnſte dieſer Welt umnebeln das Geſichte/ Ein neidig Auge ſtreicht der Sonne Flecken an. Man mindert oder mehrt was der und du gethan/ Wenn unſer Lebens-Licht verloͤſcht/ ſo wird es lichte. Wenn Luſt und Nutz entweicht/ kein Zwang uns mehr umgiebt So ruͤhmt und ſchilt die Welt/ was ieder ausgeuͤbt. Der Fuͤrnis ſpringet ab/ die wahren Lebens-Farben Erheben unſre Zier/ entbloͤßen unſre Narben. Wir ſencken zwar nunmehr die abgelebten Glieder Des Edelen von Hund mit Thraͤnen in die Grufft: Das beſte Theil von ihm hat GOtt zu ſich gerufft/ Sein wohl verdienter Ruhm ſchallt aus dem Grabe wider. Die Plagen dieſer Welt/ das Siechthum dieſer Zeit Erſetzet ihm nunmehr die Schos der Ewigkeit: Der

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Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/612>, abgerufen am 22.11.2024.