Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.

Bild:
<< vorherige Seite

Himmel-Schlüssel.
Reiß o Himmel! Felß zerspringe!
Sonn erschwartz/ und Tag sey Nacht!

An dem Creutz wird meine Liebe/
Einem Mörder oder Diebe
Gleich/ die Unschuld umgebracht.
Billich lieb ich den von Hertzen
Der in tausend Angst und Schmertzen
Meine Schuld hat gut gemacht.
Der am Creutz ist meine Liebe/
Daß er mich vom Tod erhübe/
Wird er hier mit Schmach erhöht/
Schau/ wie meine Sünden-Flecken
Abzuwaschen und zu decken/
Blutt aus seiner Seite geht.
Meine Liebe hängt am Creutze/
Ach! daß seine Noth mich reitze/
Nicht zu leben mit der Welt!
Hier will ich mich niederlassen/
Diesen Lebens-Baum umfassen
Wenn mich lezte Noth befällt!
Besuchung des heiligen Grabes.
Kommt Sterbliche/ die ihr die Gräber scheuet/
Besucht mit mir/ was mich im Geist erfreuet/
Und könt ihr nicht nach Palestina gehn/
So bleibet hier in Andacht stille stehn.
Es prangt die Welt mit ausgeschmückten Zimmern/
Hier blinckt Crystall und dort muß Silber schimmern/
Der HErr der Welt/ den sie gestossen auß/
Entlehnet ihm ein schlechtes Todten-Hauß.
Der Lebens-Fürst/ durch den wir alle leben/
Läst sich verschmacht ins Grab zu ruhen heben:
Die Sonne/ die der Sonne gab den Schein/
Senckt sich erblaßt in finstern Winckel ein.
Weil
E 2

Himmel-Schluͤſſel.
Reiß o Himmel! Felß zerſpringe!
Sonn erſchwartz/ und Tag ſey Nacht!

An dem Creutz wird meine Liebe/
Einem Moͤrder oder Diebe
Gleich/ die Unſchuld umgebracht.
Billich lieb ich den von Hertzen
Der in tauſend Angſt und Schmertzen
Meine Schuld hat gut gemacht.
Der am Creutz iſt meine Liebe/
Daß er mich vom Tod erhuͤbe/
Wird er hier mit Schmach erhoͤht/
Schau/ wie meine Suͤnden-Flecken
Abzuwaſchen und zu decken/
Blutt aus ſeiner Seite geht.
Meine Liebe haͤngt am Creutze/
Ach! daß ſeine Noth mich reitze/
Nicht zu leben mit der Welt!
Hier will ich mich niederlaſſen/
Dieſen Lebens-Baum umfaſſen
Wenn mich lezte Noth befaͤllt!
Beſuchung des heiligen Grabes.
Kommt Sterbliche/ die ihr die Graͤber ſcheuet/
Beſucht mit mir/ was mich im Geiſt erfreuet/
Und koͤnt ihr nicht nach Paleſtina gehn/
So bleibet hier in Andacht ſtille ſtehn.
Es prangt die Welt mit ausgeſchmuͤckten Zimmern/
Hier blinckt Cryſtall und dort muß Silber ſchimmern/
Der HErr der Welt/ den ſie geſtoſſen auß/
Entlehnet ihm ein ſchlechtes Todten-Hauß.
Der Lebens-Fuͤrſt/ durch den wir alle leben/
Laͤſt ſich verſchmacht ins Grab zu ruhen heben:
Die Sonne/ die der Sonne gab den Schein/
Senckt ſich erblaßt in finſtern Winckel ein.
Weil
E 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="1">
            <pb facs="#f0487" n="67"/>
            <fw place="top" type="header">Himmel-Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el.</fw><lb/>
            <l>Reiß o Himmel! Felß zer&#x017F;pringe!</l><lb/>
            <l>Sonn er&#x017F;chwartz/ und Tag &#x017F;ey Nacht!</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>An dem Creutz wird meine Liebe/</l><lb/>
            <l>Einem Mo&#x0364;rder oder Diebe</l><lb/>
            <l>Gleich/ die Un&#x017F;chuld umgebracht.</l><lb/>
            <l>Billich lieb ich den von Hertzen</l><lb/>
            <l>Der in tau&#x017F;end Ang&#x017F;t und Schmertzen</l><lb/>
            <l>Meine Schuld hat gut gemacht.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <l>Der am Creutz i&#x017F;t meine Liebe/</l><lb/>
            <l>Daß er mich vom Tod erhu&#x0364;be/</l><lb/>
            <l>Wird er hier mit Schmach erho&#x0364;ht/</l><lb/>
            <l>Schau/ wie meine Su&#x0364;nden-Flecken</l><lb/>
            <l>Abzuwa&#x017F;chen und zu decken/</l><lb/>
            <l>Blutt aus &#x017F;einer Seite geht.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="4">
            <l>Meine Liebe ha&#x0364;ngt am Creutze/</l><lb/>
            <l>Ach! daß &#x017F;eine Noth mich reitze/</l><lb/>
            <l>Nicht zu leben mit der Welt!</l><lb/>
            <l>Hier will ich mich niederla&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
            <l>Die&#x017F;en Lebens-Baum umfa&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
            <l>Wenn mich lezte Noth befa&#x0364;llt!</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#b">Be&#x017F;uchung des heiligen Grabes.</hi> </head><lb/>
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">K</hi>ommt Sterbliche/ die ihr die Gra&#x0364;ber &#x017F;cheuet/</l><lb/>
            <l>Be&#x017F;ucht mit mir/ was mich im Gei&#x017F;t erfreuet/</l><lb/>
            <l>Und ko&#x0364;nt ihr nicht nach Pale&#x017F;tina gehn/</l><lb/>
            <l>So bleibet hier in Andacht &#x017F;tille &#x017F;tehn.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Es prangt die Welt mit ausge&#x017F;chmu&#x0364;ckten Zimmern/</l><lb/>
            <l>Hier blinckt Cry&#x017F;tall und dort muß Silber &#x017F;chimmern/</l><lb/>
            <l>Der HErr der Welt/ den &#x017F;ie ge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en auß/</l><lb/>
            <l>Entlehnet ihm ein &#x017F;chlechtes Todten-Hauß.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <l>Der Lebens-Fu&#x0364;r&#x017F;t/ durch den wir alle leben/</l><lb/>
            <l>La&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich ver&#x017F;chmacht ins Grab zu ruhen heben:</l><lb/>
            <l>Die Sonne/ die der Sonne gab den Schein/</l><lb/>
            <l>Senckt &#x017F;ich erblaßt in fin&#x017F;tern Winckel ein.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">E</hi> 2</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Weil</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0487] Himmel-Schluͤſſel. Reiß o Himmel! Felß zerſpringe! Sonn erſchwartz/ und Tag ſey Nacht! An dem Creutz wird meine Liebe/ Einem Moͤrder oder Diebe Gleich/ die Unſchuld umgebracht. Billich lieb ich den von Hertzen Der in tauſend Angſt und Schmertzen Meine Schuld hat gut gemacht. Der am Creutz iſt meine Liebe/ Daß er mich vom Tod erhuͤbe/ Wird er hier mit Schmach erhoͤht/ Schau/ wie meine Suͤnden-Flecken Abzuwaſchen und zu decken/ Blutt aus ſeiner Seite geht. Meine Liebe haͤngt am Creutze/ Ach! daß ſeine Noth mich reitze/ Nicht zu leben mit der Welt! Hier will ich mich niederlaſſen/ Dieſen Lebens-Baum umfaſſen Wenn mich lezte Noth befaͤllt! Beſuchung des heiligen Grabes. Kommt Sterbliche/ die ihr die Graͤber ſcheuet/ Beſucht mit mir/ was mich im Geiſt erfreuet/ Und koͤnt ihr nicht nach Paleſtina gehn/ So bleibet hier in Andacht ſtille ſtehn. Es prangt die Welt mit ausgeſchmuͤckten Zimmern/ Hier blinckt Cryſtall und dort muß Silber ſchimmern/ Der HErr der Welt/ den ſie geſtoſſen auß/ Entlehnet ihm ein ſchlechtes Todten-Hauß. Der Lebens-Fuͤrſt/ durch den wir alle leben/ Laͤſt ſich verſchmacht ins Grab zu ruhen heben: Die Sonne/ die der Sonne gab den Schein/ Senckt ſich erblaßt in finſtern Winckel ein. Weil E 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das Exemplar enthält mehrere Werke. Herausgegeben… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/487
Zitationshilfe: Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/487>, abgerufen am 25.11.2024.