Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.Himmel-Schlüssel. Die Hoffnung zum Vertrag ist meistentheils verlohren/Indem das Widerspiel beweist der Augenschein/ Dafern es nicht annoch durch Dräuen und durch Flehen/ Durch Bitten und Befehl der Mutter kan geschehen. Derselben Spruch hat sie in solchen Bund vereydet/ So lange sie noch selbst bey grauem Alter lebt/ Das keiner beyderseits den mindsten Schaden leidet/ Daß ieder haben kan/ nach was sein Hertze strebt/ Das Zeit und Ziel die Macht der Herrschafft unterscheidet/ Und deren Vortheil gantz in Ungewißheit schwebt. Sie herrschen eine Zeit/ doch nicht in einem Lande/ Doch nicht in gleicher Frist/ doch nicht in gleichem Stande. Und diß/ so lange noch die Mutter selbst regieret/ Wie/ wenn sie wird verjagt von grauer Ewigkeit. Wer ist es/ der hernach das stoltze Scepter führet/ Und auff dem Throne sizt der hingelegten Zeit? Wer ist es/ den hernach der Königs-Krantz bezieret/ Den ein geheiligt Oel zum Ober-Herren weyht? Nicht wohlgebrauchtes Gutt flieht vor den dritten Erben/ Ich halte Reich und Sitz wird mit der Zeit ersterben. Die Ewigkeit/ nachdem sie unter sich gezwungen Was zeitlich/ was der Zeit gehorsam muste seyn/ Nachdem sie selbst die Zeit/ und ihren Sitz verschlungen/ Nachdem zu Ende geht der Tag und Sonnenschein/ Nachdem sie brauner Nacht die Herrschafft abgedrungen/ Räumt ihnen anderweit gewisse Wohnung ein. Es sollen Tag und Licht beym wahren Lichte wohnen/ Und stete Finsternis den finstern Wercken lohnen. O selig dannenher/ ihr Licht- und Tages Kinder/ Die ihr bey Tage sucht das wahre Seelen-Licht/ O weh euch dannenher/ ihr schwartz-befleckten Sünder/ Ihr/ denen Tag am Tag'/ im Lichte Licht gebricht/ Die ihr in Sünden irrt/ gleichwie die stummen Rinder/ Und schnöder Finsternis zu Diensten seyd verpflicht/ Wenn jene stetes Licht und stete Lust geniessen/ So werdet ihr ohn End' im Schatten irren müssen. Wir
Himmel-Schluͤſſel. Die Hoffnung zum Vertrag iſt meiſtentheils verlohren/Indem das Widerſpiel beweiſt der Augenſchein/ Dafern es nicht annoch durch Draͤuen und durch Flehen/ Durch Bitten und Befehl der Mutter kan geſchehen. Derſelben Spruch hat ſie in ſolchen Bund vereydet/ So lange ſie noch ſelbſt bey grauem Alter lebt/ Das keiner beyderſeits den mindſten Schaden leidet/ Daß ieder haben kan/ nach was ſein Hertze ſtrebt/ Das Zeit und Ziel die Macht der Herrſchafft unterſcheidet/ Und deren Vortheil gantz in Ungewißheit ſchwebt. Sie herrſchen eine Zeit/ doch nicht in einem Lande/ Doch nicht in gleicher Friſt/ doch nicht in gleichem Stande. Und diß/ ſo lange noch die Mutter ſelbſt regieret/ Wie/ wenn ſie wird verjagt von grauer Ewigkeit. Wer iſt es/ der hernach das ſtoltze Scepter fuͤhret/ Und auff dem Throne ſizt der hingelegten Zeit? Wer iſt es/ den hernach der Koͤnigs-Krantz bezieret/ Den ein geheiligt Oel zum Ober-Herren weyht? Nicht wohlgebrauchtes Gutt flieht vor den dritten Erben/ Ich halte Reich und Sitz wird mit der Zeit erſterben. Die Ewigkeit/ nachdem ſie unter ſich gezwungen Was zeitlich/ was der Zeit gehorſam muſte ſeyn/ Nachdem ſie ſelbſt die Zeit/ und ihren Sitz verſchlungen/ Nachdem zu Ende geht der Tag und Sonnenſchein/ Nachdem ſie brauner Nacht die Herrſchafft abgedrungen/ Raͤumt ihnen anderweit gewiſſe Wohnung ein. Es ſollen Tag und Licht beym wahren Lichte wohnen/ Und ſtete Finſternis den finſtern Wercken lohnen. O ſelig dannenher/ ihr Licht- und Tages Kinder/ Die ihr bey Tage ſucht das wahre Seelen-Licht/ O weh euch dannenher/ ihr ſchwartz-befleckten Suͤnder/ Ihr/ denen Tag am Tag’/ im Lichte Licht gebricht/ Die ihr in Suͤnden irrt/ gleichwie die ſtummen Rinder/ Und ſchnoͤder Finſternis zu Dienſten ſeyd verpflicht/ Wenn jene ſtetes Licht und ſtete Luſt genieſſen/ So werdet ihr ohn End’ im Schatten irren muͤſſen. Wir
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Himmel-Schluͤſſel.
Die Hoffnung zum Vertrag iſt meiſtentheils verlohren/
Indem das Widerſpiel beweiſt der Augenſchein/
Dafern es nicht annoch durch Draͤuen und durch Flehen/
Durch Bitten und Befehl der Mutter kan geſchehen.
Derſelben Spruch hat ſie in ſolchen Bund vereydet/
So lange ſie noch ſelbſt bey grauem Alter lebt/
Das keiner beyderſeits den mindſten Schaden leidet/
Daß ieder haben kan/ nach was ſein Hertze ſtrebt/
Das Zeit und Ziel die Macht der Herrſchafft unterſcheidet/
Und deren Vortheil gantz in Ungewißheit ſchwebt.
Sie herrſchen eine Zeit/ doch nicht in einem Lande/
Doch nicht in gleicher Friſt/ doch nicht in gleichem Stande.
Und diß/ ſo lange noch die Mutter ſelbſt regieret/
Wie/ wenn ſie wird verjagt von grauer Ewigkeit.
Wer iſt es/ der hernach das ſtoltze Scepter fuͤhret/
Und auff dem Throne ſizt der hingelegten Zeit?
Wer iſt es/ den hernach der Koͤnigs-Krantz bezieret/
Den ein geheiligt Oel zum Ober-Herren weyht?
Nicht wohlgebrauchtes Gutt flieht vor den dritten Erben/
Ich halte Reich und Sitz wird mit der Zeit erſterben.
Die Ewigkeit/ nachdem ſie unter ſich gezwungen
Was zeitlich/ was der Zeit gehorſam muſte ſeyn/
Nachdem ſie ſelbſt die Zeit/ und ihren Sitz verſchlungen/
Nachdem zu Ende geht der Tag und Sonnenſchein/
Nachdem ſie brauner Nacht die Herrſchafft abgedrungen/
Raͤumt ihnen anderweit gewiſſe Wohnung ein.
Es ſollen Tag und Licht beym wahren Lichte wohnen/
Und ſtete Finſternis den finſtern Wercken lohnen.
O ſelig dannenher/ ihr Licht- und Tages Kinder/
Die ihr bey Tage ſucht das wahre Seelen-Licht/
O weh euch dannenher/ ihr ſchwartz-befleckten Suͤnder/
Ihr/ denen Tag am Tag’/ im Lichte Licht gebricht/
Die ihr in Suͤnden irrt/ gleichwie die ſtummen Rinder/
Und ſchnoͤder Finſternis zu Dienſten ſeyd verpflicht/
Wenn jene ſtetes Licht und ſtete Luſt genieſſen/
So werdet ihr ohn End’ im Schatten irren muͤſſen.
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