Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.VIel von verliebtem Wesen schreiben stehet weder Die Q 4
VIel von verliebtem Weſen ſchreiben ſtehet weder Die Q 4
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VIel von verliebtem Weſen ſchreiben ſtehet weder
auff ernſtere Dinge ſinnenden Gemuͤttern/ noch
reifferen Jahren an; Der Ticht-Kunſt aber gar
keine Feder aus den Fluͤgeln des ſchon zum deut-
ſchen Buͤrger-Recht zugelaſſenen und bekandten
Cupido vergoͤnnen/ iſt ſo viel als ihr ein Theil ihrer Schwing-
Federn ausrupffen oder verſchneiden. Zucker und Saltz ha-
ben wohl gleiche Farbe/ doch gantz unterſchiedenen Geſchmack:
Beyde wollen mit gewiſſer maße gebraucht/ und nicht Eines
fuͤr das Andere vergriffen werden. Die mit allzuvielem Ve-
nus-Saltz marinirten Speiſen einiger Welſchen ſtehen der
deutſchen Mund-Art/ welche die Reinligkeit liebet/ und der
Schamhafftigkeit unſers Frauenzimmers/ welches bey zuge-
laſſener mehreren Freyheit weniger auff Geheimniſſe und
Rathſel der Liebe nachzuſinnen/ und mit Gedancken zu wuchern
Anlaß nimmt/ gar wenig an/ unerachtet es Opiz und andere
_twas fremden Zucker aus Virginien mit unter zu koſten ange-
_ehnet haben. Dieſen iſt mit maße nachgefolget/ und all-
hier ein und anderes Blatt mit dergleichen Zeuge gefuͤllet
orden. Wer mit auslaͤndiſchen Poeten bekant/ wird gar
_eichte finden/ wo ihre/ oder eigene Gedancken und Worte
ausgedruͤcket ſeyn. Wie denn auch manchmahl nicht fuͤr ſich/
sondern fuͤr einen gutten Freund geſchrieben worden; zum
wenigſten wird ſich zeigen/ daß man ſich in eitlen und ſchlipff-
rigen Sachen nicht ſinnreich zu erſcheinen gezwungen/ noch
mit vielem Nachdencken den Kopff zerbro-
chen habe.
Die
Q 4
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Zitationshilfe: | Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/347>, abgerufen am 16.02.2025. |