Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.Schertz-Sonnette. 10. Die Schöne Taube. Weil deiner Schönheit Ruff die gantze Welt betaubt/ Weil Amors sein Geschoß aus deinen Augen kracht/ Weil meiner Thränen Nil auff deinem Felß zerstaubt/ Bistu vielleicht dadurch/ o Nymphe/ taub gemacht. Betrug verführet den/ der allzu leichtlich glaubt; Dir wird durch geiles Wort kein Gifft zum Hertzen bracht/ Gleichwie die Schlange (wo diß Gleichnis ist erlaubt/) Mit zugestopfftem Ohr auff kein Beschweren acht. Allein/ du hörst auch nicht die Warheit meiner Klagen. Gedult! ich bleibe doch/ wie vor/ in dich entbrannt. Dein taubes Ohr ersezt der Finger ihr Verstand. Dein Auge mag mein Hertz/ ich will dein Auge fragen. Die Lichter/ welche so/ wie deine Sonnen blincken/ Die sprechen ohne Wort/ befehlen uns durch Wincken. Pavescis ad coeli fragorem & ad inane nubilum trepidas & sur- Obtemperandum est Potentiori, etsi verbis jussus non fueris Imperat interdum Princeps, non eloquio, non lingva, sed o- Quid necesse est diutius torqueri, cum tam facile remedium Homines amplius oculis quam auribus credunt. Sen. Ep. 6. 11. Die N 5
Schertz-Sonnette. 10. Die Schoͤne Taube. Weil deiner Schoͤnheit Ruff die gantze Welt betaubt/ Weil Amors ſein Geſchoß aus deinen Augen kracht/ Weil meiner Thraͤnen Nil auff deinem Felß zerſtaubt/ Biſtu vielleicht dadurch/ o Nymphe/ taub gemacht. Betrug verfuͤhret den/ der allzu leichtlich glaubt; Dir wird durch geiles Wort kein Gifft zum Hertzen bracht/ Gleichwie die Schlange (wo diß Gleichnis iſt erlaubt/) Mit zugeſtopfftem Ohr auff kein Beſchweren acht. Allein/ du hoͤrſt auch nicht die Warheit meiner Klagen. Gedult! ich bleibe doch/ wie vor/ in dich entbrannt. Dein taubes Ohr erſezt der Finger ihr Verſtand. Dein Auge mag mein Hertz/ ich will dein Auge fragen. Die Lichter/ welche ſo/ wie deine Sonnen blincken/ Die ſprechen ohne Wort/ befehlen uns durch Wincken. Paveſcis ad cœli fragorem & ad inane nubilum trepidas & ſur- Obtemperandum eſt Potentiori, etſi verbis juſſus non fueris Imperat interdum Princeps, non eloquio, non lingvâ, ſed o- Quid neceſſe eſt diutius torqueri, cum tam facile remedium Homines amplius oculis quam auribus credunt. Sen. Ep. 6. 11. Die N 5
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Schertz-Sonnette.
10. Die Schoͤne Taube.
Weil deiner Schoͤnheit Ruff die gantze Welt betaubt/
Weil Amors ſein Geſchoß aus deinen Augen kracht/
Weil meiner Thraͤnen Nil auff deinem Felß zerſtaubt/
Biſtu vielleicht dadurch/ o Nymphe/ taub gemacht.
Betrug verfuͤhret den/ der allzu leichtlich glaubt;
Dir wird durch geiles Wort kein Gifft zum Hertzen bracht/
Gleichwie die Schlange (wo diß Gleichnis iſt erlaubt/)
Mit zugeſtopfftem Ohr auff kein Beſchweren acht.
Allein/ du hoͤrſt auch nicht die Warheit meiner Klagen.
Gedult! ich bleibe doch/ wie vor/ in dich entbrannt.
Dein taubes Ohr erſezt der Finger ihr Verſtand.
Dein Auge mag mein Hertz/ ich will dein Auge fragen.
Die Lichter/ welche ſo/ wie deine Sonnen blincken/
Die ſprechen ohne Wort/ befehlen uns durch Wincken.
Paveſcis ad cœli fragorem & ad inane nubilum trepidas & ſur-
deſcis, quemadmodum Nilus eluctatus obſtantia in vaſtam alti-
tudinem ſubito deſtitutus cadit, cum ingenti circumja centium
regionum ſtrepitu, quem perferre gens ibi â Perſis collocata non
potuit obtuſis aſſiduô fragore auribus. Sen. N. Q.
Obtemperandum eſt Potentiori, etſi verbis juſſus non fueris
& gravia ſuopte nutu imperet.
Imperat interdum Princeps, non eloquio, non lingvâ, ſed o-
culis digitisque.
Quid neceſſe eſt diutius torqueri, cum tam facile remedium
Ulyſſes ſociis etiam adverſus Sirenas invenerit?
Homines amplius oculis quam auribus credunt. Sen. Ep. 6.
11. Die
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Zitationshilfe: | Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/301>, abgerufen am 16.02.2025. |