Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704.WEnn der Teutsche treue Schäffer in der Wel WEnn der Teutſche treue Schaͤffer in der Wel <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0104" n="4"/> <p><hi rendition="#in">W</hi>Enn der <hi rendition="#fr">Teutſche treue Schaͤffer</hi> in der Wel<lb/> ſo gluͤcklich als der Welſche/ ſo darff ihn ſeine<lb/> Vortritts nicht gereuen. <hi rendition="#aq">Gvarini</hi> iſt in die Fußſtapffe<lb/> des <hi rendition="#aq">Taſſo</hi> getreten/ und ihm weit zuvor kommen. Ma<lb/> hat den <hi rendition="#aq">Amintas</hi> zeitlich bey ſeite gelegt/ und <hi rendition="#aq">Mirtill</hi><lb/> hingegen bleibt bey faſt hundertjaͤhrigem Alter noch heu<lb/> tiges Tages unter ſeinen Lands-Leuten beliebt; ein Gluͤck<lb/> ſo zu mahl bey der itzigen neubegierigen Welt in einer ſi<lb/> immer veraͤndernden Sprach- und Schreibens-Art we<lb/> nig ſeines gleichen wiederfaͤhret. Er hat inmitteſt alle<lb/> hand Sprachen gelernet/ und ſich an unterſchiedliche<lb/> Orten auff unſere Teutſche gelegt/ biß er endlich auch di<lb/> Oder-Trifften beſucht/ und die in Schleſien gewoͤhnlich<lb/> Mund-Art an ſich genommen. Zwey Lands-Leute da<lb/> ſelbſt haben ihn ohn vorhergehende Vernehmung unte<lb/> ſich auff zweyerley Weiſe ausgekleidet/ und auffgefuͤhret<lb/> Man moͤchte die eine Tracht genauer auff den Italiaͤni<lb/> ſchen Schnitt gerichtet/ die andere nach Frantzoͤſiſche<lb/> Stich gefertigt/ und nicht ſo gedrang anliegend nennen<lb/> Alſo bleibt dem Leſer die Freyheit ſich an beyden zu erlu<lb/> ſtigen/ und/ was ſeiner Neigung am beſten anſtehet/ zu e<lb/> wehlen. Weil auch ein dritter Schleſier aus beſondere<lb/> Wohlwollen/ was die andern beyde uͤberſehen oder m<lb/> Fleiß unterlaſſen/ nachgeholet/ und dieſes Schaͤffers Hi<lb/> ten-Taſche/ auff daß er bald zu Anfangs beſſer in die Au<lb/> gen leuchte/ mit einer dem Welſchen Muſter genau un<lb/> zierlich nachgemachten Gold-Schnur oder Borte g<lb/> ſchmuͤcket; ſo hat er ihm auch allhier damit zu erſcheine<lb/> iedoch erwehnten Freund (ich will ſagen den gelehrte<lb/> Uberſetzer des Vor-Redners) dabey ausdruͤcklich zu me<lb/> den die Freyheit genommen; ihm aber iſt genung zu ze<lb/> gen/ daß doch noch auff der Welt lebe mehr als<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Ein treuer Schaͤffe</hi></hi></p> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [4/0104]
WEnn der Teutſche treue Schaͤffer in der Wel
ſo gluͤcklich als der Welſche/ ſo darff ihn ſeine
Vortritts nicht gereuen. Gvarini iſt in die Fußſtapffe
des Taſſo getreten/ und ihm weit zuvor kommen. Ma
hat den Amintas zeitlich bey ſeite gelegt/ und Mirtill
hingegen bleibt bey faſt hundertjaͤhrigem Alter noch heu
tiges Tages unter ſeinen Lands-Leuten beliebt; ein Gluͤck
ſo zu mahl bey der itzigen neubegierigen Welt in einer ſi
immer veraͤndernden Sprach- und Schreibens-Art we
nig ſeines gleichen wiederfaͤhret. Er hat inmitteſt alle
hand Sprachen gelernet/ und ſich an unterſchiedliche
Orten auff unſere Teutſche gelegt/ biß er endlich auch di
Oder-Trifften beſucht/ und die in Schleſien gewoͤhnlich
Mund-Art an ſich genommen. Zwey Lands-Leute da
ſelbſt haben ihn ohn vorhergehende Vernehmung unte
ſich auff zweyerley Weiſe ausgekleidet/ und auffgefuͤhret
Man moͤchte die eine Tracht genauer auff den Italiaͤni
ſchen Schnitt gerichtet/ die andere nach Frantzoͤſiſche
Stich gefertigt/ und nicht ſo gedrang anliegend nennen
Alſo bleibt dem Leſer die Freyheit ſich an beyden zu erlu
ſtigen/ und/ was ſeiner Neigung am beſten anſtehet/ zu e
wehlen. Weil auch ein dritter Schleſier aus beſondere
Wohlwollen/ was die andern beyde uͤberſehen oder m
Fleiß unterlaſſen/ nachgeholet/ und dieſes Schaͤffers Hi
ten-Taſche/ auff daß er bald zu Anfangs beſſer in die Au
gen leuchte/ mit einer dem Welſchen Muſter genau un
zierlich nachgemachten Gold-Schnur oder Borte g
ſchmuͤcket; ſo hat er ihm auch allhier damit zu erſcheine
iedoch erwehnten Freund (ich will ſagen den gelehrte
Uberſetzer des Vor-Redners) dabey ausdruͤcklich zu me
den die Freyheit genommen; ihm aber iſt genung zu ze
gen/ daß doch noch auff der Welt lebe mehr als
Ein treuer Schaͤffe
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Zitationshilfe: | Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig, 1704, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abschatz_gedichte_1704/104>, abgerufen am 25.07.2024. |