Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635.Carpezan sein eygen Weib zu Lemmingen in Ost-Frießland enthaupten lassen: darmit es also hergangen. Der Graff von Manß feld hat die vornembste Herrn vnd Obristen / die in seinem Läger waren / zu Gast geladen. Wie sie nun sämptlichen zimblich bezecht waren / hat sichs zugetragen / daß dem Carpezan in Schimpff vnd Ernst vder der Tafel angemeldet wurde / daß sein Weib mit einem Herrn / so daselbst zugegen war / zuhielte. Als er dieses verstanden / ward er voll Zorns vnd Eyffer / vnd nahm jhm für / sein Weib darumb zu straffen. Doch fragte er gedachten Herrn / ob etwas daran were? der antwortete jhm lachenden Munds; sie buhlt nicht allein mit mir / sondern auch mit etlichen andern / die geringers Stands sind / dann ich / darüber sich Carpezan noch mehr erzürnet / vnd alsbald vom Tisch auffstund vnd zu seinem Weib gieng / die bey etlichen Weibern in einem andern Gemach war: deren sagte er an / sie solte sich fertig machen / er wolte wider gen Lemmingen in sein Quartier sich begeben. Sie gedachte nichts arges / packle demnach jre Sachen also bald zusammen / vnd fuhr gegen Abend mit jhm ins Quartier. Als er aber daselbst angelangt / ließ er stracks den Prediger desselben Orts zu jhm kommen / vnd gab jhm zuverstehen / daß sein Weib ein Hur vnd Ehebrecherin were / darumm er entschlossen were / sie mit dem Schwerdt hinrichten zulassen; begehrte derowegen von jhm er solte sie vnderrichten vnnd daran seyn / daß sie mit wahrer Rew vnd Erkantnuß jhrer Sünden sterben möchte. Er ließ auch den Scharpffrichter seines Regiments holen / welcher die Execution thun solte. Als seinem Weib solches angedeutet wurde / erschrack sie hefftig / vnnd fiel für jhrem Mann auff die Knie nider vnd bat vmb Gnad vnd Fristung jhres Lebens: darbey sie jhm versprach / wann er jhr das Leben schencken würde / sie sich als bald von dannen packen / vnd so weit von jhm ziehen wolte / daß er kein Wort von jhr hören solte / als wann sie nicht mehr bey Leben were. Aber Carpezan war von Zorn entbrandt / vnd wolte kein Flehen vnd Bitten bey jhm statt haben. Der Scharpffrichter entsatzte sich selber / daß er seines Obristen Weib richten solte / wer derhalben gern mit Fug wider von dannen vnnd dieser Arbeit vberhaben gewesen. Endlich aber griff Carpezan im Zorn nach deß Scharpffrichters Schwerdt / vnnd als er dasselbe in Handen hatte / entblöst er seinem Weib den Halß / vnnd schickte sich / als wann er selber die Execution thun wolte. Dem Scharpffrichter war nicht wol bey diesen Dingen / vnd stund in Sorgen / es möchte der Obriste den Zorn wider jhn auß giessen / vnnd jhm den Kopff herunder hawen / forderte derhalben sein Schwerdt wider / vnd als er es bekommen / schlug er dem Weib das Haupt ab; die ließ darauff Carpezan mit jren Kleydern in ein Leichbahr / welches er in der Eyl hatte machen lassen / werffen / vnd begraben. Er hatte lang mit jhr im Ehestand gelebt vnd fünff Kinder gezeuget. Als nun dieser Proceß erschollen / hatte ein jeder ein Abschewen vor jhm / vnd wolte niemandt mit jhm zuthun haben. Wie er in Holland kam / lieffen jhm die Weiber vnd Kinder auff der Gassen nach / vnd hat wenig gefehlet / daß sie jhn nicht mit Steinen zu todt geworffen hetten. Manßfelders List. Demnach der Manßf[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]lder das schöne reiche Ost Frießland mit den angrantzenden Landen jämmerlich verderbet / vnd selber vermercket / daß es in die Länge / weil viel seines Volcks / sonderlich die Frantzosen entlauffen / auch mehrerntheils Reuterey wegen nichtiger vnnd vnrichtiger Bezahlung zu Meutentren angefangen / nicht dawren würde / hat er solche zustillen den List er dacht / daß als zwey Holländische Schiff ankommen / hat er etliche darinn angeordnet / daß sie vorgeben / es würde mit Gesandten auß Franckreich / Savoy vnd Venedig jhm in kurtzem ein grosse summa Gelts zu Bezahlung seines Kriegsvolcks ankommen. Vnderdeß hat der Manßfelder seinen im Land gemachten Raub / Sold vnnd Silberwerck / gantze vnnd zerschlagene Glocken / etlich Stück Geschütz vnd anders / in gedachte 2. Holländische Schiff eingeladen / vnd wegführen lassen. Solche sind aber zu Embden auf Begehren deß Graffen Enno von Ost Frießland vnd anderer Interessenten angehalten / alle Sachen auß den Schiffen gethan / in ein Gewölb eingesperret / vnd mit der Statt Pitschafft versiegelt worden / darüber dann der Manßfelder sich sehr schwürig erzeigt. Dieweil nun der Graff von Tilly vermeynt / es würde einsmaln der Manßfelder nach Embden / oder in deren Gebiet kommen / hat er zweymal an den Rath daselbst geschrieben / vnd begehrt / wofern sie deß Manßfelders mächtig seyn köndten / daß sie jhn frey angreiffen vnd fangen solten / mit vermelden / daß sie dardurch bey dem gantzen Römischen Reich vnd bey Keys. May. selbsten Ehre einlegen / vnnd ein Ruhm erlangen würden / der jhnen nicht wenig Nutz seyn köndte: Aber es hat sich die Statt in solche Sachen nicht einmischen wollen. Ligistische Armada wird im Fürstenthumb Hessen einquartiret. Mitlerweil hat gedachter Graff von Tilly seine Armada in die Winterquartier vertheilet. Da er vnder anderm einen Trompeter an Landgraf Moritzen geschickt / vnd in den Hessischen Landen für etliche Regimenter Quartier begehret. Darauff die Landstände vnnd Ritterschafft / neben den Fürstlichen Räthen in Cassel berathschlaget / wie man in solchem Begehren sich verhalten möchte. Da dann endlich von der gantzen Versamblung (obwol der Landgraf darwider protestirt) geschlossen worden / daß man das Quartier verstatten solte. Darauff der Graff von Tilly / nachdem er etliche vornehme Orth vnd Stätt hinder sich besetzt / in das Land gerucket vnnd seine Einquartirung disponiret. Vber diß ist auch in die Graffschafften Hanaw vnd Isenburg vnd andere benachbarte Herrschafften viel Volcks einquartieret worden / dardurch das Landvolck / weil es das Kriegsvolck zu vnderhalten / jhre Güter / Hauß vnd Hof / auch zum theil Stätt vnnd Flecken verpfänden müssen. Carpezan sein eygen Weib zu Lemmingen in Ost-Frießland enthaupten lassen: darmit es also hergangen. Der Graff von Manß feld hat die vornembste Herrn vnd Obristen / die in seinem Läger waren / zu Gast geladen. Wie sie nun sämptlichen zimblich bezecht waren / hat sichs zugetragen / daß dem Carpezan in Schimpff vnd Ernst vder der Tafel angemeldet wurde / daß sein Weib mit einem Herrn / so daselbst zugegen war / zuhielte. Als er dieses verstanden / ward er voll Zorns vnd Eyffer / vnd nahm jhm für / sein Weib darumb zu straffen. Doch fragte er gedachten Herrn / ob etwas daran were? der antwortete jhm lachenden Munds; sie buhlt nicht allein mit mir / sondern auch mit etlichen andern / die geringers Stands sind / dann ich / darüber sich Carpezan noch mehr erzürnet / vnd alsbald vom Tisch auffstund vnd zu seinem Weib gieng / die bey etlichen Weibern in einem andern Gemach war: deren sagte er an / sie solte sich fertig machen / er wolte wider gen Lemmingen in sein Quartier sich begeben. Sie gedachte nichts arges / packle demnach jre Sachen also bald zusammen / vnd fuhr gegen Abend mit jhm ins Quartier. Als er aber daselbst angelangt / ließ er stracks den Prediger desselben Orts zu jhm kommen / vnd gab jhm zuverstehen / daß sein Weib ein Hur vnd Ehebrecherin were / darum̃ er entschlossen were / sie mit dem Schwerdt hinrichten zulassen; begehrte derowegen von jhm er solte sie vnderrichten vnnd daran seyn / daß sie mit wahrer Rew vnd Erkantnuß jhrer Sünden sterben möchte. Er ließ auch den Scharpffrichter seines Regiments holen / welcher die Execution thun solte. Als seinem Weib solches angedeutet wurde / erschrack sie hefftig / vnnd fiel für jhrem Mann auff die Knie nider vnd bat vmb Gnad vnd Fristung jhres Lebens: darbey sie jhm versprach / wann er jhr das Leben schencken würde / sie sich als bald von dannen packen / vnd so weit von jhm ziehen wolte / daß er kein Wort von jhr hören solte / als wann sie nicht mehr bey Leben were. Aber Carpezan war von Zorn entbrandt / vnd wolte kein Flehen vnd Bitten bey jhm statt haben. Der Scharpffrichter entsatzte sich selber / daß er seines Obristen Weib richten solte / wer derhalben gern mit Fug wider von dannen vnnd dieser Arbeit vberhaben gewesen. Endlich aber griff Carpezan im Zorn nach deß Scharpffrichters Schwerdt / vnnd als er dasselbe in Handen hatte / entblöst er seinem Weib den Halß / vnnd schickte sich / als wann er selber die Execution thun wolte. Dem Scharpffrichter war nicht wol bey diesen Dingen / vnd stund in Sorgen / es möchte der Obriste den Zorn wider jhn auß giessen / vnnd jhm den Kopff herunder hawen / forderte derhalben sein Schwerdt wider / vnd als er es bekommen / schlug er dem Weib das Haupt ab; die ließ darauff Carpezan mit jren Kleydern in ein Leichbahr / welches er in der Eyl hatte machen lassen / werffen / vnd begraben. Er hatte lang mit jhr im Ehestand gelebt vnd fünff Kinder gezeuget. Als nun dieser Proceß erschollen / hatte ein jeder ein Abschewen vor jhm / vnd wolte niemandt mit jhm zuthun haben. Wie er in Holland kam / lieffen jhm die Weiber vnd Kinder auff der Gassen nach / vnd hat wenig gefehlet / daß sie jhn nicht mit Steinen zu todt geworffen hetten. Manßfelders List. Demnach der Manßf[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]lder das schöne reiche Ost Frießland mit den angrantzenden Landen jämmerlich verderbet / vnd selber vermercket / daß es in die Länge / weil viel seines Volcks / sonderlich die Frantzosen entlauffen / auch mehrerntheils Reuterey wegen nichtiger vnnd vnrichtiger Bezahlung zu Meutentren angefangen / nicht dawren würde / hat er solche zustillen den List er dacht / daß als zwey Holländische Schiff ankommen / hat er etliche darinn angeordnet / daß sie vorgeben / es würde mit Gesandten auß Franckreich / Savoy vnd Venedig jhm in kurtzem ein grosse summa Gelts zu Bezahlung seines Kriegsvolcks ankommen. Vnderdeß hat der Manßfelder seinen im Land gemachten Raub / Sold vnnd Silberwerck / gantze vnnd zerschlagene Glocken / etlich Stück Geschütz vnd anders / in gedachte 2. Holländische Schiff eingeladen / vnd wegführen lassen. Solche sind aber zu Embden auf Begehren deß Graffen Enno von Ost Frießland vnd anderer Interessenten angehalten / alle Sachen auß den Schiffen gethan / in ein Gewölb eingesperret / vnd mit der Statt Pitschafft versiegelt worden / darüber dann der Manßfelder sich sehr schwürig erzeigt. Dieweil nun der Graff von Tilly vermeynt / es würde einsmaln der Manßfelder nach Embden / oder in deren Gebiet kommen / hat er zweymal an den Rath daselbst geschrieben / vnd begehrt / wofern sie deß Manßfelders mächtig seyn köndten / daß sie jhn frey angreiffen vnd fangen solten / mit vermelden / daß sie dardurch bey dem gantzen Römischen Reich vnd bey Keys. May. selbsten Ehre einlegen / vnnd ein Ruhm erlangen würden / der jhnen nicht wenig Nutz seyn köndte: Aber es hat sich die Statt in solche Sachen nicht einmischen wollen. Ligistische Armada wird im Fürstenthumb Hessen einquartiret. Mitlerweil hat gedachter Graff von Tilly seine Armada in die Winterquartier vertheilet. Da er vnder anderm einẽ Trompeter an Landgraf Moritzen geschickt / vnd in den Hessischen Landen für etliche Regimenter Quartier begehret. Darauff die Landstände vnnd Ritterschafft / neben den Fürstlichen Räthen in Cassel berathschlaget / wie man in solchem Begehren sich verhalten möchte. Da dann endlich von der gantzen Versamblung (obwol der Landgraf darwider protestirt) geschlossen worden / daß man das Quartier verstatten solte. Darauff der Graff von Tilly / nachdem er etliche vornehme Orth vnd Stätt hinder sich besetzt / in das Land gerucket vnnd seine Einquartirung disponiret. Vber diß ist auch in die Graffschafften Hanaw vnd Isenburg vnd andere benachbarte Herrschafften viel Volcks einquartieret worden / dardurch das Landvolck / weil es das Kriegsvolck zu vnderhalten / jhre Güter / Hauß vnd Hof / auch zum theil Stätt vnnd Flecken verpfänden müssen. <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0963" n="848"/> Carpezan sein eygen Weib zu Lemmingen in Ost-Frießland enthaupten lassen: darmit es also hergangen. Der Graff von Manß feld hat die vornembste Herrn vnd Obristen / die in seinem Läger waren / zu Gast geladen. Wie sie nun sämptlichen zimblich bezecht waren / hat sichs zugetragen / daß dem Carpezan in Schimpff vnd Ernst vder der Tafel angemeldet wurde / daß sein Weib mit einem Herrn / so daselbst zugegen war / zuhielte. Als er dieses verstanden / ward er voll Zorns vnd Eyffer / vnd nahm jhm für / sein Weib darumb zu straffen. Doch fragte er gedachten Herrn / ob etwas daran were? der antwortete jhm lachenden Munds; sie buhlt nicht allein mit mir / sondern auch mit etlichen andern / die geringers Stands sind / dann ich / darüber sich Carpezan noch mehr erzürnet / vnd alsbald vom Tisch auffstund vnd zu seinem Weib gieng / die bey etlichen Weibern in einem andern Gemach war: deren sagte er an / sie solte sich fertig machen / er wolte wider gen Lemmingen in sein Quartier sich begeben. Sie gedachte nichts arges / packle demnach jre Sachen also bald zusammen / vnd fuhr gegen Abend mit jhm ins Quartier. Als er aber daselbst angelangt / ließ er stracks den Prediger desselben Orts zu jhm kommen / vnd gab jhm zuverstehen / daß sein Weib ein Hur vnd Ehebrecherin were / darum̃ er entschlossen were / sie mit dem Schwerdt hinrichten zulassen; begehrte derowegen von jhm er solte sie vnderrichten vnnd daran seyn / daß sie mit wahrer Rew vnd Erkantnuß jhrer Sünden sterben möchte. Er ließ auch den Scharpffrichter seines Regiments holen / welcher die Execution thun solte. Als seinem Weib solches angedeutet wurde / erschrack sie hefftig / vnnd fiel für jhrem Mann auff die Knie nider vnd bat vmb Gnad vnd Fristung jhres Lebens: darbey sie jhm versprach / wann er jhr das Leben schencken würde / sie sich als bald von dannen packen / vnd so weit von jhm ziehen wolte / daß er kein Wort von jhr hören solte / als wann sie nicht mehr bey Leben were. Aber Carpezan war von Zorn entbrandt / vnd wolte kein Flehen vnd Bitten bey jhm statt haben. Der Scharpffrichter entsatzte sich selber / daß er seines Obristen Weib richten solte / wer derhalben gern mit Fug wider von dannen vnnd dieser Arbeit vberhaben gewesen. Endlich aber griff Carpezan im Zorn nach deß Scharpffrichters Schwerdt / vnnd als er dasselbe in Handen hatte / entblöst er seinem Weib den Halß / vnnd schickte sich / als wann er selber die Execution thun wolte. Dem Scharpffrichter war nicht wol bey diesen Dingen / vnd stund in Sorgen / es möchte der Obriste den Zorn wider jhn auß giessen / vnnd jhm den Kopff herunder hawen / forderte derhalben sein Schwerdt wider / vnd als er es bekommen / schlug er dem Weib das Haupt ab; die ließ darauff Carpezan mit jren Kleydern in ein Leichbahr / welches er in der Eyl hatte machen lassen / werffen / vnd begraben. Er hatte lang mit jhr im Ehestand gelebt vnd fünff Kinder gezeuget. Als nun dieser Proceß erschollen / hatte ein jeder ein Abschewen vor jhm / vnd wolte niemandt mit jhm zuthun haben. 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Vnderdeß hat der Manßfelder seinen im Land gemachten Raub / Sold vnnd Silberwerck / gantze vnnd zerschlagene Glocken / etlich Stück Geschütz vnd anders / in gedachte 2. Holländische Schiff eingeladen / vnd wegführen lassen. Solche sind aber zu Embden auf Begehren deß Graffen Enno von Ost Frießland vnd anderer Interessenten angehalten / alle Sachen auß den Schiffen gethan / in ein Gewölb eingesperret / vnd mit der Statt Pitschafft versiegelt worden / darüber dann der Manßfelder sich sehr schwürig erzeigt.</p> <p>Dieweil nun der Graff von Tilly vermeynt / es würde einsmaln der Manßfelder nach Embden / oder in deren Gebiet kommen / hat er zweymal an den Rath daselbst geschrieben / vnd begehrt / wofern sie deß Manßfelders mächtig seyn köndten / daß sie jhn frey angreiffen vnd fangen solten / mit vermelden / daß sie dardurch bey dem gantzen Römischen Reich vnd bey Keys. May. selbsten Ehre einlegen / vnnd ein Ruhm erlangen würden / der jhnen nicht wenig Nutz seyn köndte: Aber es hat sich die Statt in solche Sachen nicht einmischen wollen.</p> <p><note place="right">Ligistische Armada wird im Fürstenthumb Hessen einquartiret.</note> Mitlerweil hat gedachter Graff von Tilly seine Armada in die Winterquartier vertheilet. Da er vnder anderm einẽ Trompeter an Landgraf Moritzen geschickt / vnd in den Hessischen Landen für etliche Regimenter Quartier begehret. Darauff die Landstände vnnd Ritterschafft / neben den Fürstlichen Räthen in Cassel berathschlaget / wie man in solchem Begehren sich verhalten möchte. Da dann endlich von der gantzen Versamblung (obwol der Landgraf darwider protestirt) geschlossen worden / daß man das Quartier verstatten solte. Darauff der Graff von Tilly / nachdem er etliche vornehme Orth vnd Stätt hinder sich besetzt / in das Land gerucket vnnd seine Einquartirung disponiret.</p> <p>Vber diß ist auch in die Graffschafften Hanaw vnd Isenburg vnd andere benachbarte Herrschafften viel Volcks einquartieret worden / dardurch das Landvolck / weil es das Kriegsvolck zu vnderhalten / jhre Güter / Hauß vnd Hof / auch zum theil Stätt vnnd Flecken verpfänden müssen.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [848/0963]
Carpezan sein eygen Weib zu Lemmingen in Ost-Frießland enthaupten lassen: darmit es also hergangen. Der Graff von Manß feld hat die vornembste Herrn vnd Obristen / die in seinem Läger waren / zu Gast geladen. Wie sie nun sämptlichen zimblich bezecht waren / hat sichs zugetragen / daß dem Carpezan in Schimpff vnd Ernst vder der Tafel angemeldet wurde / daß sein Weib mit einem Herrn / so daselbst zugegen war / zuhielte. Als er dieses verstanden / ward er voll Zorns vnd Eyffer / vnd nahm jhm für / sein Weib darumb zu straffen. Doch fragte er gedachten Herrn / ob etwas daran were? der antwortete jhm lachenden Munds; sie buhlt nicht allein mit mir / sondern auch mit etlichen andern / die geringers Stands sind / dann ich / darüber sich Carpezan noch mehr erzürnet / vnd alsbald vom Tisch auffstund vnd zu seinem Weib gieng / die bey etlichen Weibern in einem andern Gemach war: deren sagte er an / sie solte sich fertig machen / er wolte wider gen Lemmingen in sein Quartier sich begeben. Sie gedachte nichts arges / packle demnach jre Sachen also bald zusammen / vnd fuhr gegen Abend mit jhm ins Quartier. Als er aber daselbst angelangt / ließ er stracks den Prediger desselben Orts zu jhm kommen / vnd gab jhm zuverstehen / daß sein Weib ein Hur vnd Ehebrecherin were / darum̃ er entschlossen were / sie mit dem Schwerdt hinrichten zulassen; begehrte derowegen von jhm er solte sie vnderrichten vnnd daran seyn / daß sie mit wahrer Rew vnd Erkantnuß jhrer Sünden sterben möchte. Er ließ auch den Scharpffrichter seines Regiments holen / welcher die Execution thun solte. Als seinem Weib solches angedeutet wurde / erschrack sie hefftig / vnnd fiel für jhrem Mann auff die Knie nider vnd bat vmb Gnad vnd Fristung jhres Lebens: darbey sie jhm versprach / wann er jhr das Leben schencken würde / sie sich als bald von dannen packen / vnd so weit von jhm ziehen wolte / daß er kein Wort von jhr hören solte / als wann sie nicht mehr bey Leben were. Aber Carpezan war von Zorn entbrandt / vnd wolte kein Flehen vnd Bitten bey jhm statt haben. Der Scharpffrichter entsatzte sich selber / daß er seines Obristen Weib richten solte / wer derhalben gern mit Fug wider von dannen vnnd dieser Arbeit vberhaben gewesen. Endlich aber griff Carpezan im Zorn nach deß Scharpffrichters Schwerdt / vnnd als er dasselbe in Handen hatte / entblöst er seinem Weib den Halß / vnnd schickte sich / als wann er selber die Execution thun wolte. Dem Scharpffrichter war nicht wol bey diesen Dingen / vnd stund in Sorgen / es möchte der Obriste den Zorn wider jhn auß giessen / vnnd jhm den Kopff herunder hawen / forderte derhalben sein Schwerdt wider / vnd als er es bekommen / schlug er dem Weib das Haupt ab; die ließ darauff Carpezan mit jren Kleydern in ein Leichbahr / welches er in der Eyl hatte machen lassen / werffen / vnd begraben. Er hatte lang mit jhr im Ehestand gelebt vnd fünff Kinder gezeuget. Als nun dieser Proceß erschollen / hatte ein jeder ein Abschewen vor jhm / vnd wolte niemandt mit jhm zuthun haben. Wie er in Holland kam / lieffen jhm die Weiber vnd Kinder auff der Gassen nach / vnd hat wenig gefehlet / daß sie jhn nicht mit Steinen zu todt geworffen hetten.
Demnach der Manßf_lder das schöne reiche Ost Frießland mit den angrantzenden Landen jämmerlich verderbet / vnd selber vermercket / daß es in die Länge / weil viel seines Volcks / sonderlich die Frantzosen entlauffen / auch mehrerntheils Reuterey wegen nichtiger vnnd vnrichtiger Bezahlung zu Meutentren angefangen / nicht dawren würde / hat er solche zustillen den List er dacht / daß als zwey Holländische Schiff ankommen / hat er etliche darinn angeordnet / daß sie vorgeben / es würde mit Gesandten auß Franckreich / Savoy vnd Venedig jhm in kurtzem ein grosse summa Gelts zu Bezahlung seines Kriegsvolcks ankommen. Vnderdeß hat der Manßfelder seinen im Land gemachten Raub / Sold vnnd Silberwerck / gantze vnnd zerschlagene Glocken / etlich Stück Geschütz vnd anders / in gedachte 2. Holländische Schiff eingeladen / vnd wegführen lassen. Solche sind aber zu Embden auf Begehren deß Graffen Enno von Ost Frießland vnd anderer Interessenten angehalten / alle Sachen auß den Schiffen gethan / in ein Gewölb eingesperret / vnd mit der Statt Pitschafft versiegelt worden / darüber dann der Manßfelder sich sehr schwürig erzeigt.
Manßfelders List. Dieweil nun der Graff von Tilly vermeynt / es würde einsmaln der Manßfelder nach Embden / oder in deren Gebiet kommen / hat er zweymal an den Rath daselbst geschrieben / vnd begehrt / wofern sie deß Manßfelders mächtig seyn köndten / daß sie jhn frey angreiffen vnd fangen solten / mit vermelden / daß sie dardurch bey dem gantzen Römischen Reich vnd bey Keys. May. selbsten Ehre einlegen / vnnd ein Ruhm erlangen würden / der jhnen nicht wenig Nutz seyn köndte: Aber es hat sich die Statt in solche Sachen nicht einmischen wollen.
Mitlerweil hat gedachter Graff von Tilly seine Armada in die Winterquartier vertheilet. Da er vnder anderm einẽ Trompeter an Landgraf Moritzen geschickt / vnd in den Hessischen Landen für etliche Regimenter Quartier begehret. Darauff die Landstände vnnd Ritterschafft / neben den Fürstlichen Räthen in Cassel berathschlaget / wie man in solchem Begehren sich verhalten möchte. Da dann endlich von der gantzen Versamblung (obwol der Landgraf darwider protestirt) geschlossen worden / daß man das Quartier verstatten solte. Darauff der Graff von Tilly / nachdem er etliche vornehme Orth vnd Stätt hinder sich besetzt / in das Land gerucket vnnd seine Einquartirung disponiret.
Ligistische Armada wird im Fürstenthumb Hessen einquartiret. Vber diß ist auch in die Graffschafften Hanaw vnd Isenburg vnd andere benachbarte Herrschafften viel Volcks einquartieret worden / dardurch das Landvolck / weil es das Kriegsvolck zu vnderhalten / jhre Güter / Hauß vnd Hof / auch zum theil Stätt vnnd Flecken verpfänden müssen.
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