Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635.Goldt spendiren müssen / weil er neben seiner grossen Hoffstatt / alle seine Janitscharen mit sich nehmen wollen / als ist solche eingebildete Reiß dem Türckischen Kriegsvolck / bevorab den Janitscharen sehr verdrießlich vnd hochbeschwerlich vorkommen / inmassen hernach ferrner gemeldtet werden sol. Nun hat Sultan Oßman in obangeregtem Polnischen Krieg seine Soldaten schlecht vnnd gar vbel bezahlt / auch sich zugleich vnderstanden / jhnen jhr tägliche Besoldung / vnnd andere von Alters herrührende Kriegsgebühr zuschmälern / zu dem hatte ein tapfferer Türckischer Kriegsmann in angeregtem Polnischen Zug einen Polacken gefangen / auch einem andern den Kopff abgehawen / vnnd dieselbe dem Obristen Vezier gebracht / hingegen aber von demselben nit mehr als drey Ducaten zur Verehrung / vnd da er sich darüber beschwert / nur böse Wort darzu empfangen: Vber diß alles war zu Constantinopel durch deß Türckischen Kaysers vnd seiner vornembsten Häupter vnd Officirer grossen Geitz ein schwere Thewrung in allerley Victualien entstanden / durch welches alles das Türckische Kriegsvolck sehr schwürig / vnd endtlich zu hernach gefolgtem Auffstandt bewogen worden. Vnder dessen ist es zu Constantinopel wegen der erwehnten Reiß nach Mecha etwas still worden / vnnd weil sich Sultan Oßman im Aprilen dieses lauffenden 1622. Jahrs / mit deß Muffti oder Türckischen Pabsts (welcher in Geist-vnnd Weltlichen Sachen / so die Türckische Religion / Gesetz / Gericht vnnd Recht betreffen / das Haupt ist / aber doch vom Türckischen Kayser erwöhlet vnd entsetzet wird) Tochter vermählet / auch drey Sultanin seine Schwestern verheurathet / als hat männiglich vermeint / daß mehrgedachte Reiß nach Mecha (weil sich der Sultan der Weiber Händel so sehr angenommen) gäntzlich eingestelt bleiben würde. Demnach aber solche Hochzeitliche Fest vorüber waren / ist dem Sultan Oßmann die Reiß nach Mecha wider von newem in Kopff kommen / also dz er angefangen sich mit Ernst darzu gefast zumachen / vnnd zugleich semen Leuthen zuverstehen gegeben / wie er von einem Geist hierzu were ang[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]reitzet / vnnd also auß Andacht / zu Vollnziehung deß gethanen Gelübts angetrieben worden / auff daß man nicht vermuthen solte / daß jhn seine Eigensinnigkeit darzu bewegte / weil er allbereit der seinigen schlechten Gehorsamb spürete / vnnd zugleich erkennete / daß solche sein eingebildete Reiß den vornembsten Herrn sehr zu wider war / weil er sie hierinnen nicht vmb Rath gefräget: Dann wann er den Muffti / oder Türckischen Pabst / so wol alle Vezier / ausser deß Primo Vezier / neben dem Cadislar Aga vmb Rath gefragt hette / so würden sie solches nicht gelobt / noch gut geheissen haben. Als nun der Sultan männiglichen sich auff die Reiß zurüsten vnd jhme nachzufolgen befohlen / war zwar solches den Vezieren / so wol allem Kriegsvolck sehr entgegen / dieweil sie aber sich nicht getraweten / dem Sultan solches zu widersprechen / thäten sie sich allgemach zu der Reiß rüsten / doch mit dem Vorsatz / wann es zum Ernst käme / daß sie jhn wo müglich an solcher Wallfahrt verhindern wolten / vnd solches desto mehr / weil sie das Kriegsvolck zu jhrem besten auff jhrer Seithen hatten / welches sich sehr beklagte / daß sie erst newlich auß dem Krieg kommen / vnd in solchem viel außgestanden hetten / vnd da sie an jetzo wider in so weit angelegene Länder / vnnd durch so vnbekandte Wüsten geführet werden solten / so würden sie / wo nicht von anderm jedoch von Durst das Leben lassen müssen. Vnnd were diese Reiß anders nichts / als ein blosse eingebildete Lust / so dieser Kayser haben wolte / dergleichen seiner Vorfahren keinem jemals in Sinn kommen / vnd wann es ein Kriegszug wider den Feind seyn solte / so wolten sie sich willig darein ergeben. Zu dem hette er den Muffti weder in diesen noch andern Sachen Raths gefragt / da er doch denselben billich consulrirt / vnd jhm hierinn / so wohl in höhern Dingen / schuldigem Respect nach gefolgt / vnnd nicht seinem Gutdüncken allein nachgangen seyn solte. Vnd waren diese Klagen nunmehr so lautbar / daß man sehr besorgte / es möchte (inmassen hernach erfolgt) ein grosses Vnheil darauß entstehen. Vrsachen der Verbitterung der Janitscharen wider Sultan Oßman. Es ward auch das Kriegsvolck dahero desto mehr erbittert / dieweil ein Geschrey erschollen vnd spargirt worden / als ob Sultan Oßmann vnder dem Schein der Mechanischen Reiß / vorhabens were / die gantze Soldatescam der Janitscharen zu Grund zurichten / vnd hingegen in den Asiatischen Ländern jhm ein andere gefälligere Guardy anzurichten. Weil dann die Janitscharen solches alles leichtlich geglaubt / vnnd zugleich befunden / daß sie in solcher beschwerlichen Reiß mancherley Vngelegenheit / Hunger vnd Kummer außstehen / viel Wildnussen / vnfruchtbare / sandigte vnnd dürre Landtschafften / da weder Wasser noch Proviand zu finden / hetten durchwandern / ja endtlich gar das Leben darüber einbüssen müssen / vnnd aber sich neben den Spachi vber 37000. Mann starck befunden / als haben sie angefangen zu meuteniren / vnd jnen vorgenommen / sich dieser Gefahr zuentschütten / deßwegen sie durch Mittel jhres Aga vnnd Baluck Bassa jhrem Kayser vorbringen lassen / es seye nit rathsamb / daß der Sultan sein eigene Person vnnd ansehnliches Kriegsvolck auff eine so gar ferrne Reiß vnnd gefährliche Vngelegenheiten wagen solle. Da er aber von seiner vnnöthigen Wallfahrt nicht ablassen wolte / so möchte er solche allein verrichten / sie wolten auff solchen Fall nichts damit zuschaffen haben / vnd als dann bald einen andern Kayser finden. Dieweil aber jhr Bitten vnnd Erjnnern keine statt finden wollen / ist der Vnwillen deß Türckischen Kriegsvolcks in eine hefftige Verbitterung verwandelt / vnnd die Feindtschafft wider jhren Sultan vnnd etliche vornehme Häupter / deren Rath der Sultan gefolget / je länger je grösser worden / also daß es sich zu Constantinopel zu einem grossen Tumult an- Goldt spendiren müssen / weil er neben seiner grossen Hoffstatt / alle seine Janitscharen mit sich nehmen wollen / als ist solche eingebildete Reiß dem Türckischen Kriegsvolck / bevorab den Janitscharen sehr verdrießlich vnd hochbeschwerlich vorkommen / inmassen hernach ferrner gemeldtet werden sol. Nun hat Sultan Oßman in obangeregtem Polnischen Krieg seine Soldaten schlecht vnnd gar vbel bezahlt / auch sich zugleich vnderstanden / jhnen jhr tägliche Besoldung / vnnd andere von Alters herrührende Kriegsgebühr zuschmälern / zu dem hatte ein tapfferer Türckischer Kriegsmann in angeregtem Polnischen Zug einen Polacken gefangen / auch einem andern den Kopff abgehawen / vnnd dieselbe dem Obristen Vezier gebracht / hingegen aber von demselben nit mehr als drey Ducaten zur Verehrung / vnd da er sich darüber beschwert / nur böse Wort darzu empfangen: Vber diß alles war zu Constantinopel durch deß Türckischen Kaysers vnd seiner vornembsten Häupter vnd Officirer grossen Geitz ein schwere Thewrung in allerley Victualien entstanden / durch welches alles das Türckische Kriegsvolck sehr schwürig / vnd endtlich zu hernach gefolgtem Auffstandt bewogen worden. Vnder dessen ist es zu Constantinopel wegen der erwehnten Reiß nach Mecha etwas still worden / vnnd weil sich Sultan Oßman im Aprilen dieses lauffenden 1622. Jahrs / mit deß Muffti oder Türckischen Pabsts (welcher in Geist-vnnd Weltlichen Sachen / so die Türckische Religion / Gesetz / Gericht vnnd Recht betreffen / das Haupt ist / aber doch vom Türckischen Kayser erwöhlet vnd entsetzet wird) Tochter vermählet / auch drey Sultanin seine Schwestern verheurathet / als hat mäñiglich vermeint / daß mehrgedachte Reiß nach Mecha (weil sich der Sultan der Weiber Händel so sehr angenommen) gäntzlich eingestelt bleiben würde. Demnach aber solche Hochzeitliche Fest vorüber waren / ist dem Sultan Oßmann die Reiß nach Mecha wider von newem in Kopff kommẽ / also dz er angefangen sich mit Ernst darzu gefast zumachen / vnnd zugleich semen Leuthen zuverstehen gegeben / wie er von einem Geist hierzu were ang[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]reitzet / vnnd also auß Andacht / zu Vollnziehung deß gethanen Gelübts angetrieben wordẽ / auff daß man nicht vermuthen solte / daß jhn seine Eigensinnigkeit darzu bewegte / weil er allbereit der seinigen schlechten Gehorsamb spürete / vnnd zugleich erkennete / daß solche sein eingebildete Reiß den vornembsten Herrn sehr zu wider war / weil er sie hierinnen nicht vmb Rath gefräget: Dann wann er den Muffti / oder Türckischen Pabst / so wol alle Vezier / ausser deß Primo Vezier / neben dem Cadislar Aga vmb Rath gefragt hette / so würden sie solches nicht gelobt / noch gut geheissen haben. Als nun der Sultan männiglichen sich auff die Reiß zurüsten vnd jhme nachzufolgen befohlen / war zwar solches den Vezieren / so wol allem Kriegsvolck sehr entgegen / dieweil sie aber sich nicht getraweten / dem Sultan solches zu widersprechen / thäten sie sich allgemach zu der Reiß rüsten / doch mit dem Vorsatz / wann es zum Ernst käme / daß sie jhn wo müglich an solcher Wallfahrt verhindern wolten / vnd solches desto mehr / weil sie das Kriegsvolck zu jhrem besten auff jhrer Seithen hatten / welches sich sehr beklagte / daß sie erst newlich auß dem Krieg kommen / vnd in solchem viel außgestanden hetten / vnd da sie an jetzo wider in so weit angelegene Länder / vnnd durch so vnbekandte Wüsten geführet werden solten / so würden sie / wo nicht von anderm jedoch von Durst das Leben lassen müssen. Vnnd were diese Reiß anders nichts / als ein blosse eingebildete Lust / so dieser Kayser haben wolte / dergleichen seiner Vorfahren keinem jemals in Sinn kommen / vnd wann es ein Kriegszug wider den Feind seyn solte / so wolten sie sich willig darein ergeben. Zu dem hette er den Muffti weder in diesen noch andern Sachen Raths gefragt / da er doch denselben billich consulrirt / vnd jhm hierinn / so wohl in höhern Dingen / schuldigem Respect nach gefolgt / vnnd nicht seinem Gutdüncken allein nachgangen seyn solte. Vnd waren diese Klagen nunmehr so lautbar / daß man sehr besorgte / es möchte (inmassen hernach erfolgt) ein grosses Vnheil darauß entstehen. Vrsachen der Verbitterung der Janitscharen wider Sultan Oßman. Es ward auch das Kriegsvolck dahero desto mehr erbittert / dieweil ein Geschrey erschollen vnd spargirt worden / als ob Sultan Oßmann vnder dem Schein der Mechanischen Reiß / vorhabens were / die gantze Soldatescam der Janitscharen zu Grund zurichten / vnd hingegen in den Asiatischen Ländern jhm ein andere gefälligere Guardy anzurichten. Weil dann die Janitscharen solches alles leichtlich geglaubt / vnnd zugleich befunden / daß sie in solcher beschwerlichen Reiß mancherley Vngelegenheit / Hunger vnd Kummer außstehen / viel Wildnussen / vnfruchtbare / sandigte vnnd dürre Landtschafften / da weder Wasser noch Proviand zu finden / hetten durchwandern / ja endtlich gar das Leben darüber einbüssen müssen / vnnd aber sich neben den Spachi vber 37000. Mann starck befunden / als haben sie angefangen zu meuteniren / vnd jnen vorgenommen / sich dieser Gefahr zuentschütten / deßwegen sie durch Mittel jhres Aga vnnd Baluck Bassa jhrem Kayser vorbringen lassen / es seye nit rathsamb / daß der Sultan sein eigene Person vnnd ansehnliches Kriegsvolck auff eine so gar ferrne Reiß vnnd gefährliche Vngelegenheiten wagen solle. Da er aber von seiner vnnöthigen Wallfahrt nicht ablassen wolte / so möchte er solche allein verrichten / sie wolten auff solchen Fall nichts damit zuschaffen haben / vnd als dann bald einen andern Kayser finden. Dieweil aber jhr Bitten vnnd Erjnnern keine statt finden wollen / ist der Vnwillen deß Türckischen Kriegsvolcks in eine hefftige Verbitterung verwandelt / vnnd die Feindtschafft wider jhren Sultan vnnd etliche vornehme Häupter / deren Rath der Sultan gefolget / je länger je grösser worden / also daß es sich zu Constantinopel zu einem grossen Tumult an- <TEI> <text> <body> <div> <div> <pb facs="#f0876" n="773"/> <p>Goldt spendiren müssen / weil er neben seiner grossen Hoffstatt / alle seine Janitscharen mit sich nehmen wollen / als ist solche eingebildete Reiß dem Türckischen Kriegsvolck / bevorab den Janitscharen sehr verdrießlich vnd hochbeschwerlich vorkommen / inmassen hernach ferrner gemeldtet werden sol.</p> <p>Nun hat Sultan Oßman in obangeregtem Polnischen Krieg seine Soldaten schlecht vnnd gar vbel bezahlt / auch sich zugleich vnderstanden / jhnen jhr tägliche Besoldung / vnnd andere von Alters herrührende Kriegsgebühr zuschmälern / zu dem hatte ein tapfferer Türckischer Kriegsmann in angeregtem Polnischen Zug einen Polacken gefangen / auch einem andern den Kopff abgehawen / vnnd dieselbe dem Obristen Vezier gebracht / hingegen aber von demselben nit mehr als drey Ducaten zur Verehrung / vnd da er sich darüber beschwert / nur böse Wort darzu empfangen: Vber diß alles war zu Constantinopel durch deß Türckischen Kaysers vnd seiner vornembsten Häupter vnd Officirer grossen Geitz ein schwere Thewrung in allerley Victualien entstanden / durch welches alles das Türckische Kriegsvolck sehr schwürig / vnd endtlich zu hernach gefolgtem Auffstandt bewogen worden.</p> <p>Vnder dessen ist es zu Constantinopel wegen der erwehnten Reiß nach Mecha etwas still worden / vnnd weil sich Sultan Oßman im Aprilen dieses lauffenden 1622. Jahrs / mit deß Muffti oder Türckischen Pabsts (welcher in Geist-vnnd Weltlichen Sachen / so die Türckische Religion / Gesetz / Gericht vnnd Recht betreffen / das Haupt ist / aber doch vom Türckischen Kayser erwöhlet vnd entsetzet wird) Tochter vermählet / auch drey Sultanin seine Schwestern verheurathet / als hat mäñiglich vermeint / daß mehrgedachte Reiß nach Mecha (weil sich der Sultan der Weiber Händel so sehr angenommen) gäntzlich eingestelt bleiben würde.</p> <p>Demnach aber solche Hochzeitliche Fest vorüber waren / ist dem Sultan Oßmann die Reiß nach Mecha wider von newem in Kopff kommẽ / also dz er angefangen sich mit Ernst darzu gefast zumachen / vnnd zugleich semen Leuthen zuverstehen gegeben / wie er von einem Geist hierzu were ang<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/>reitzet / vnnd also auß Andacht / zu Vollnziehung deß gethanen Gelübts angetrieben wordẽ / auff daß man nicht vermuthen solte / daß jhn seine Eigensinnigkeit darzu bewegte / weil er allbereit der seinigen schlechten Gehorsamb spürete / vnnd zugleich erkennete / daß solche sein eingebildete Reiß den vornembsten Herrn sehr zu wider war / weil er sie hierinnen nicht vmb Rath gefräget: Dann wann er den Muffti / oder Türckischen Pabst / so wol alle Vezier / ausser deß Primo Vezier / neben dem Cadislar Aga vmb Rath gefragt hette / so würden sie solches nicht gelobt / noch gut geheissen haben.</p> <p>Als nun der Sultan männiglichen sich auff die Reiß zurüsten vnd jhme nachzufolgen befohlen / war zwar solches den Vezieren / so wol allem Kriegsvolck sehr entgegen / dieweil sie aber sich nicht getraweten / dem Sultan solches zu widersprechen / thäten sie sich allgemach zu der Reiß rüsten / doch mit dem Vorsatz / wann es zum Ernst käme / daß sie jhn wo müglich an solcher Wallfahrt verhindern wolten / vnd solches desto mehr / weil sie das Kriegsvolck zu jhrem besten auff jhrer Seithen hatten / welches sich sehr beklagte / daß sie erst newlich auß dem Krieg kommen / vnd in solchem viel außgestanden hetten / vnd da sie an jetzo wider in so weit angelegene Länder / vnnd durch so vnbekandte Wüsten geführet werden solten / so würden sie / wo nicht von anderm jedoch von Durst das Leben lassen müssen. Vnnd were diese Reiß anders nichts / als ein blosse eingebildete Lust / so dieser Kayser haben wolte / dergleichen seiner Vorfahren keinem jemals in Sinn kommen / vnd wann es ein Kriegszug wider den Feind seyn solte / so wolten sie sich willig darein ergeben. Zu dem hette er den Muffti weder in diesen noch andern Sachen Raths gefragt / da er doch denselben billich consulrirt / vnd jhm hierinn / so wohl in höhern Dingen / schuldigem Respect nach gefolgt / vnnd nicht seinem Gutdüncken allein nachgangen seyn solte. Vnd waren diese Klagen nunmehr so lautbar / daß man sehr besorgte / es möchte (inmassen hernach erfolgt) ein grosses Vnheil darauß entstehen.</p> <p><note place="right">Vrsachen der Verbitterung der Janitscharen wider Sultan Oßman.</note> Es ward auch das Kriegsvolck dahero desto mehr erbittert / dieweil ein Geschrey erschollen vnd spargirt worden / als ob Sultan Oßmann vnder dem Schein der Mechanischen Reiß / vorhabens were / die gantze Soldatescam der Janitscharen zu Grund zurichten / vnd hingegen in den Asiatischen Ländern jhm ein andere gefälligere Guardy anzurichten. Weil dann die Janitscharen solches alles leichtlich geglaubt / vnnd zugleich befunden / daß sie in solcher beschwerlichen Reiß mancherley Vngelegenheit / Hunger vnd Kummer außstehen / viel Wildnussen / vnfruchtbare / sandigte vnnd dürre Landtschafften / da weder Wasser noch Proviand zu finden / hetten durchwandern / ja endtlich gar das Leben darüber einbüssen müssen / vnnd aber sich neben den Spachi vber 37000. Mann starck befunden / als haben sie angefangen zu meuteniren / vnd jnen vorgenommen / sich dieser Gefahr zuentschütten / deßwegen sie durch Mittel jhres Aga vnnd Baluck Bassa jhrem Kayser vorbringen lassen / es seye nit rathsamb / daß der Sultan sein eigene Person vnnd ansehnliches Kriegsvolck auff eine so gar ferrne Reiß vnnd gefährliche Vngelegenheiten wagen solle. Da er aber von seiner vnnöthigen Wallfahrt nicht ablassen wolte / so möchte er solche allein verrichten / sie wolten auff solchen Fall nichts damit zuschaffen haben / vnd als dann bald einen andern Kayser finden. Dieweil aber jhr Bitten vnnd Erjnnern keine statt finden wollen / ist der Vnwillen deß Türckischen Kriegsvolcks in eine hefftige Verbitterung verwandelt / vnnd die Feindtschafft wider jhren Sultan vnnd etliche vornehme Häupter / deren Rath der Sultan gefolget / je länger je grösser worden / also daß es sich zu Constantinopel zu einem grossen Tumult an- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [773/0876]
Goldt spendiren müssen / weil er neben seiner grossen Hoffstatt / alle seine Janitscharen mit sich nehmen wollen / als ist solche eingebildete Reiß dem Türckischen Kriegsvolck / bevorab den Janitscharen sehr verdrießlich vnd hochbeschwerlich vorkommen / inmassen hernach ferrner gemeldtet werden sol.
Nun hat Sultan Oßman in obangeregtem Polnischen Krieg seine Soldaten schlecht vnnd gar vbel bezahlt / auch sich zugleich vnderstanden / jhnen jhr tägliche Besoldung / vnnd andere von Alters herrührende Kriegsgebühr zuschmälern / zu dem hatte ein tapfferer Türckischer Kriegsmann in angeregtem Polnischen Zug einen Polacken gefangen / auch einem andern den Kopff abgehawen / vnnd dieselbe dem Obristen Vezier gebracht / hingegen aber von demselben nit mehr als drey Ducaten zur Verehrung / vnd da er sich darüber beschwert / nur böse Wort darzu empfangen: Vber diß alles war zu Constantinopel durch deß Türckischen Kaysers vnd seiner vornembsten Häupter vnd Officirer grossen Geitz ein schwere Thewrung in allerley Victualien entstanden / durch welches alles das Türckische Kriegsvolck sehr schwürig / vnd endtlich zu hernach gefolgtem Auffstandt bewogen worden.
Vnder dessen ist es zu Constantinopel wegen der erwehnten Reiß nach Mecha etwas still worden / vnnd weil sich Sultan Oßman im Aprilen dieses lauffenden 1622. Jahrs / mit deß Muffti oder Türckischen Pabsts (welcher in Geist-vnnd Weltlichen Sachen / so die Türckische Religion / Gesetz / Gericht vnnd Recht betreffen / das Haupt ist / aber doch vom Türckischen Kayser erwöhlet vnd entsetzet wird) Tochter vermählet / auch drey Sultanin seine Schwestern verheurathet / als hat mäñiglich vermeint / daß mehrgedachte Reiß nach Mecha (weil sich der Sultan der Weiber Händel so sehr angenommen) gäntzlich eingestelt bleiben würde.
Demnach aber solche Hochzeitliche Fest vorüber waren / ist dem Sultan Oßmann die Reiß nach Mecha wider von newem in Kopff kommẽ / also dz er angefangen sich mit Ernst darzu gefast zumachen / vnnd zugleich semen Leuthen zuverstehen gegeben / wie er von einem Geist hierzu were ang_reitzet / vnnd also auß Andacht / zu Vollnziehung deß gethanen Gelübts angetrieben wordẽ / auff daß man nicht vermuthen solte / daß jhn seine Eigensinnigkeit darzu bewegte / weil er allbereit der seinigen schlechten Gehorsamb spürete / vnnd zugleich erkennete / daß solche sein eingebildete Reiß den vornembsten Herrn sehr zu wider war / weil er sie hierinnen nicht vmb Rath gefräget: Dann wann er den Muffti / oder Türckischen Pabst / so wol alle Vezier / ausser deß Primo Vezier / neben dem Cadislar Aga vmb Rath gefragt hette / so würden sie solches nicht gelobt / noch gut geheissen haben.
Als nun der Sultan männiglichen sich auff die Reiß zurüsten vnd jhme nachzufolgen befohlen / war zwar solches den Vezieren / so wol allem Kriegsvolck sehr entgegen / dieweil sie aber sich nicht getraweten / dem Sultan solches zu widersprechen / thäten sie sich allgemach zu der Reiß rüsten / doch mit dem Vorsatz / wann es zum Ernst käme / daß sie jhn wo müglich an solcher Wallfahrt verhindern wolten / vnd solches desto mehr / weil sie das Kriegsvolck zu jhrem besten auff jhrer Seithen hatten / welches sich sehr beklagte / daß sie erst newlich auß dem Krieg kommen / vnd in solchem viel außgestanden hetten / vnd da sie an jetzo wider in so weit angelegene Länder / vnnd durch so vnbekandte Wüsten geführet werden solten / so würden sie / wo nicht von anderm jedoch von Durst das Leben lassen müssen. Vnnd were diese Reiß anders nichts / als ein blosse eingebildete Lust / so dieser Kayser haben wolte / dergleichen seiner Vorfahren keinem jemals in Sinn kommen / vnd wann es ein Kriegszug wider den Feind seyn solte / so wolten sie sich willig darein ergeben. Zu dem hette er den Muffti weder in diesen noch andern Sachen Raths gefragt / da er doch denselben billich consulrirt / vnd jhm hierinn / so wohl in höhern Dingen / schuldigem Respect nach gefolgt / vnnd nicht seinem Gutdüncken allein nachgangen seyn solte. Vnd waren diese Klagen nunmehr so lautbar / daß man sehr besorgte / es möchte (inmassen hernach erfolgt) ein grosses Vnheil darauß entstehen.
Es ward auch das Kriegsvolck dahero desto mehr erbittert / dieweil ein Geschrey erschollen vnd spargirt worden / als ob Sultan Oßmann vnder dem Schein der Mechanischen Reiß / vorhabens were / die gantze Soldatescam der Janitscharen zu Grund zurichten / vnd hingegen in den Asiatischen Ländern jhm ein andere gefälligere Guardy anzurichten. Weil dann die Janitscharen solches alles leichtlich geglaubt / vnnd zugleich befunden / daß sie in solcher beschwerlichen Reiß mancherley Vngelegenheit / Hunger vnd Kummer außstehen / viel Wildnussen / vnfruchtbare / sandigte vnnd dürre Landtschafften / da weder Wasser noch Proviand zu finden / hetten durchwandern / ja endtlich gar das Leben darüber einbüssen müssen / vnnd aber sich neben den Spachi vber 37000. Mann starck befunden / als haben sie angefangen zu meuteniren / vnd jnen vorgenommen / sich dieser Gefahr zuentschütten / deßwegen sie durch Mittel jhres Aga vnnd Baluck Bassa jhrem Kayser vorbringen lassen / es seye nit rathsamb / daß der Sultan sein eigene Person vnnd ansehnliches Kriegsvolck auff eine so gar ferrne Reiß vnnd gefährliche Vngelegenheiten wagen solle. Da er aber von seiner vnnöthigen Wallfahrt nicht ablassen wolte / so möchte er solche allein verrichten / sie wolten auff solchen Fall nichts damit zuschaffen haben / vnd als dann bald einen andern Kayser finden. Dieweil aber jhr Bitten vnnd Erjnnern keine statt finden wollen / ist der Vnwillen deß Türckischen Kriegsvolcks in eine hefftige Verbitterung verwandelt / vnnd die Feindtschafft wider jhren Sultan vnnd etliche vornehme Häupter / deren Rath der Sultan gefolget / je länger je grösser worden / also daß es sich zu Constantinopel zu einem grossen Tumult an-
Vrsachen der Verbitterung der Janitscharen wider Sultan Oßman.
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Zitationshilfe: | Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635, S. 773. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abelinus_theatrum_1635/876>, abgerufen am 28.07.2024. |