Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635.Pundt Rudolph von Salis Land Ammann in Schiers / vnd entschuldigten sich / daß die Pündtner auß höchster Notdurfft zu Erhaltung jhrer Freyheit gezwungen worden weren / ein solches Straffgericht anzustellen: es were niemandt vnrecht geschehen: Etlicher Tyrannische Thaten vnd Practicken weren zu hoch gestiegen / wie auß den verfaßten Processen / deren Copiam sie auffzuweissen vrbietig / genugsamb zu sehen. Den Bischoff belangend / vermeldeten sie / daß etliche Klag Puncten vber jhn ergangen / vnd da er auff zwo vnterschiedliche Citanonen nicht erschienen / ein Vrtheil darüber in contumacia gefället / vnd er seiner Bischofflichen Dignität vnd Würde entsetzet / auch mit Vrtheil dem Gotteshauß Pundt / als Cast-Vögten deß Bistthumbs Chur / das Thumb-Capitul / mit Vertröstung der Handhabung der löblichen Stifft Freyheiten / zu Erwöhlung eines andern tauglichen Bischoffs / zu halten aufferlegt worden / welches aber das bemeldte Thumb Capitul / nach höchster Dancksagung / der Trewhertzigen Vätterlichen Oblation / ohne Mitverwilligung deß Päpstlichen Nuncii zuthun sich verweygert / vnd einer Prolongation begehrt / die auch zugelassen worden were. Darauff hette man deß Bistthumbs Zugehördt inventirt / vnnd damit demselben nichts entzogen würde / Vorsehung gethan. Ein jegliches were auch in dem Bischofflichen Schloß Fürstenberg geschehen / vnnd allein sein deß Bischoffs eigenthumbliches Haab vnd Gut (dessen doch nicht eines Hellers werth gefunden worden) ohne einigen Abbruch deß Stiffts vnd der Kirchengütern confiscirt / also daß sie nichts / das der Billichkeit entgegen were / gehandelt zu haben vermeyneten. Darumb dann jhre liebe Eyds: vnd Bundsgenossen den gefaßten Vnwillen vnnd Mißtrawen fallen lassen / in Handhabung der Billichkeit vnd jhrer Freyheit beharrlich verbleiben / vnd jhren Widersachern vnd Verleumbdern kein Gehör geben wolten. Pündner werden das Straffgericht abzustellen vermahnet. Nach solcher weitläufftiger Anhörung beyder Partheyen / wurden die Pündnerische Abgesandte gantz ernstlich vermahnet / jhr Straffgericht abzustellen / den Beklagten zu vnpartheyischem Rechten zuverhelffen / vnd sie mit einem sicheren Geleydt zuversehen / vnd also jhrer Vorfahren Gewonheiten sich gemäß zu halten. Dieser Receß ist den Gemeinden in Pündten vberschicket / vnd darbey vermeldek worden / daß / da jhnen nicht solte gehorchet / vnd ein Neutral Gericht angestellet werden / so wolten sie auff solche Mittel bedacht seyn / dardurch sie eine Abstellung solches Vnwesens zuwegen bringen köndten. Wie es nun weiters mit diesen Händeln abgeloffen / soll an seinem Ort vermeldet werden. Rhaetierlands oder Grawpündens Beschreibung. Nun folget / was Rhaetia, darinn dieses alles was bißhero erzehlet / vorgangen / für eine Landschafft / vnd dessen Innwohner für Völeker seyen. Dieselbe nun seynd / auß viel bewehrter Scribenten Zeugnuß / ein sehr altes Volck / sintemal Anno 588. vor Christi Geburt die Thuscier / welche zwischen dem Alpengebürg vnnd dem Fluß Poo in Italien gewohnet / vnd von den Galliern von dannen vertrieben worden / mit jhrem Obristen Rhaeto sich in das Alpgebürg nidergelassen / vnd sich / nach das Namen jhres Obristen / die Rhaetier genennet. Es hat aber vor zeiten Rhaetia ein grossen Begriff in sich gehalten / also daß die Römische Keyser solches in zwo Provintzen abtheileten / dann es seynd nicht allein die Landschafften zwischen dem Alpgebürg / sondern auch das meiste Theil deß Schwabenlands / vnd ein Theil von Bayern vnter dem Namen Rhaetia begriffen gewesen. Sonsten ligt das rechte Rhaetierlandt zwischen dem Vrsprung deß Rheins / vnd begreifft ein grosse Gegend zwischen dem Alp: oder Hochgebürg in sich / gräntzet gegen Auffgang der Sonnen an die Graffschafft Tyrol: gegen Nidergang an das Schweitzerland: gegen Mittag an das Hertzogthumb Meyland: gegen Mittnacht an das Gebiet deß Römischen Königs. Vnd ob es wol allenthalben sehr gebürgicht ist / hat es doch viel lustige / fruchtbare vnd Volckreiche Thäler. Die Innwohner werden heutigs Tags von den Italiänern Grisoner genennet / vor Zeiten hat man sie Grawe geheissen / dahero sie noch von den Teutschen die Grawpündter genennet werden: Dann weil die Rhaetier nicht allein mit den Schweitzern vereiniget / sondern auch vnter sich selbsten von Alters hero mit Eyd vnd Pflichten zusammen verbunden seyn / werden sie die Grawpündter / oder die Grawen Bundsleuten / wie auch die Pündner geheissen. Sie werden aber in drey Pündte vnterscheiden. Der erste Bundt bekompt von der Gegend seinen Namen / in dem er der Obere / wie auch der Grawe Bundt genennet wirdt. Dieser ist bey Anfang deß Rheins / begreift auch in sich das Masaxer vnd Galancker Thal / so sich biß an Italien erstrecken / vnd noch andere sieben Thäler vber dem Alpgebürg / durch welche der Rhein vnd die Glener lauffen: Vnd wirdt das gantze Gebiet abgetheilet in neunzehen Gemeinden / vnter welchen sechs Teutsch / die andern aber alle Welscher Spraache seynd. Vnd ist dieser Bundt im Jahr 1424. vnter andern von dem Apt zu Disentis / Freyherrn von Retzuns / vnd Graffen von Masar (diese zwey letzte Geschlecht seynd abgangen / doch welche heutigs Tags das Schloß der alten Freyherrn innhaben / werden Herrn von Rhetzuns genennet / welchen Titul newlich die Herrn von Marmorea / vnd hernach die Plantae gehabt) zu Trontz wider frembdes Volck / Rauberey / vnd daß sie sich vnd jhre Leut nicht mehr auff frembde Gerichte / wie zuvor im Brauch gewesen / wolten laden lassen / gemacht worden: doch hat darbey der Apt das Römische Reich / dessen er ein Praelat war: Der Graff seine Herren von Meyland / vnd der Freyherr das Hauß Oesterreich vorbehalten. Dieses hat also geweret biß auff das Jahr Tausend vier hundert sieben vnd neuntzig / da sich dieser Pundt mit den vbrigen Schweitzern vereiniget / vnd ein ewige Bündnuß auffgerichtet. Pundt Rudolph von Salis Land Ammann in Schiers / vnd entschuldigten sich / daß die Pündtner auß höchster Notdurfft zu Erhaltung jhrer Freyheit gezwungen worden weren / ein solches Straffgericht anzustellen: es were niemandt vnrecht geschehen: Etlicher Tyrannische Thaten vnd Practicken weren zu hoch gestiegen / wie auß den verfaßten Processen / deren Copiam sie auffzuweissen vrbietig / genugsamb zu sehen. Den Bischoff belangend / vermeldeten sie / daß etliche Klag Puncten vber jhn ergangen / vnd da er auff zwo vnterschiedliche Citanonen nicht erschienen / ein Vrtheil darüber in contumacia gefället / vnd er seiner Bischofflichen Dignität vnd Würde entsetzet / auch mit Vrtheil dem Gotteshauß Pundt / als Cast-Vögten deß Bistthumbs Chur / das Thumb-Capitul / mit Vertröstung der Handhabung der löblichen Stifft Freyheiten / zu Erwöhlung eines andern tauglichen Bischoffs / zu halten aufferlegt worden / welches aber das bemeldte Thumb Capitul / nach höchster Dancksagung / der Trewhertzigen Vätterlichen Oblation / ohne Mitverwilligung deß Päpstlichen Nuncii zuthun sich verweygert / vnd einer Prolongation begehrt / die auch zugelassen worden were. Darauff hette man deß Bistthumbs Zugehördt inventirt / vnnd damit demselben nichts entzogen würde / Vorsehung gethan. Ein jegliches were auch in dem Bischofflichen Schloß Fürstenberg geschehen / vnnd allein sein deß Bischoffs eigenthumbliches Haab vnd Gut (dessen doch nicht eines Hellers werth gefunden worden) ohne einigen Abbruch deß Stiffts vnd der Kirchengütern confiscirt / also daß sie nichts / das der Billichkeit entgegen were / gehandelt zu haben vermeyneten. Darumb dann jhre liebe Eyds: vnd Bundsgenossen den gefaßten Vnwillen vnnd Mißtrawen fallen lassen / in Handhabung der Billichkeit vnd jhrer Freyheit beharrlich verbleiben / vnd jhren Widersachern vnd Verleumbdern kein Gehör geben wolten. Pündner werden das Straffgericht abzustellen vermahnet. Nach solcher weitläufftiger Anhörung beyder Partheyen / wurden die Pündnerische Abgesandte gantz ernstlich vermahnet / jhr Straffgericht abzustellen / den Beklagten zu vnpartheyischem Rechten zuverhelffen / vnd sie mit einem sicheren Geleydt zuversehen / vnd also jhrer Vorfahren Gewonheiten sich gemäß zu halten. Dieser Receß ist den Gemeinden in Pündten vberschicket / vnd darbey vermeldek worden / daß / da jhnen nicht solte gehorchet / vnd ein Neutral Gericht angestellet werden / so wolten sie auff solche Mittel bedacht seyn / dardurch sie eine Abstellung solches Vnwesens zuwegen bringen köndten. Wie es nun weiters mit diesen Händeln abgeloffen / soll an seinem Ort vermeldet werden. Rhaetierlands oder Grawpündens Beschreibung. Nun folget / was Rhaetia, darinn dieses alles was bißhero erzehlet / vorgangen / für eine Landschafft / vnd dessen Innwohner für Völeker seyen. Dieselbe nun seynd / auß viel bewehrter Scribenten Zeugnuß / ein sehr altes Volck / sintemal Anno 588. vor Christi Geburt die Thuscier / welche zwischen dem Alpengebürg vnnd dem Fluß Poo in Italien gewohnet / vnd von den Galliern von dannen vertrieben worden / mit jhrem Obristen Rhaeto sich in das Alpgebürg nidergelassen / vnd sich / nach das Namen jhres Obristen / die Rhaetier genennet. Es hat aber vor zeiten Rhaetia ein grossen Begriff in sich gehalten / also daß die Römische Keyser solches in zwo Provintzen abtheileten / dann es seynd nicht allein die Landschafften zwischen dem Alpgebürg / sondern auch das meiste Theil deß Schwabenlands / vnd ein Theil von Bayern vnter dem Namẽ Rhaetia begriffen gewesen. Sonsten ligt das rechte Rhaetierlandt zwischen dem Vrsprung deß Rheins / vnd begreifft ein grosse Gegend zwischen dem Alp: oder Hochgebürg in sich / gräntzet gegen Auffgang der Sonnen an die Graffschafft Tyrol: gegen Nidergang an das Schweitzerland: gegen Mittag an das Hertzogthumb Meyland: gegen Mittnacht an das Gebiet deß Römischen Königs. Vnd ob es wol allenthalben sehr gebürgicht ist / hat es doch viel lustige / fruchtbare vnd Volckreiche Thäler. Die Innwohner werden heutigs Tags von den Italiänern Grisoner genennet / vor Zeiten hat man sie Grawe geheissen / dahero sie noch von den Teutschen die Grawpündter genennet werden: Dann weil die Rhaetier nicht allein mit den Schweitzern vereiniget / sondern auch vnter sich selbsten von Alters hero mit Eyd vnd Pflichten zusammen verbunden seyn / werden sie die Grawpündter / oder die Grawen Bundsleuten / wie auch die Pündner geheissen. Sie werden aber in drey Pündte vnterscheiden. Der erste Bundt bekompt von der Gegend seinen Namen / in dem er der Obere / wie auch der Grawe Bundt genennet wirdt. Dieser ist bey Anfang deß Rheins / begreift auch in sich das Masaxer vnd Galancker Thal / so sich biß an Italien erstrecken / vnd noch andere sieben Thäler vber dem Alpgebürg / durch welche der Rhein vnd die Glener lauffen: Vnd wirdt das gantze Gebiet abgetheilet in neunzehen Gemeinden / vnter welchen sechs Teutsch / die andern aber alle Welscher Spraache seynd. Vnd ist dieser Bundt im Jahr 1424. vnter andern von dem Apt zu Disentis / Freyherrn von Retzuns / vnd Graffen von Masar (diese zwey letzte Geschlecht seynd abgangen / doch welche heutigs Tags das Schloß der alten Freyherrn innhaben / werden Herrn von Rhetzuns genennet / welchẽ Titul newlich die Herrn von Marmorea / vnd hernach die Plantae gehabt) zu Trontz wider frembdes Volck / Rauberey / vnd daß sie sich vnd jhre Leut nicht mehr auff frembde Gerichte / wie zuvor im Brauch gewesen / wolten laden lassen / gemacht worden: doch hat darbey der Apt das Römische Reich / dessen er ein Praelat war: Der Graff seine Herren von Meyland / vnd der Freyherr das Hauß Oesterreich vorbehalten. Dieses hat also geweret biß auff das Jahr Tausend vier hundert sieben vnd neuntzig / da sich dieser Pundt mit den vbrigen Schweitzern vereiniget / vnd ein ewige Bündnuß auffgerichtet. <TEI> <text> <body> <div> <div> <pb facs="#f0158" n="113"/> <p>Pundt Rudolph von Salis Land Ammann in Schiers / vnd entschuldigten sich / daß die Pündtner auß höchster Notdurfft zu Erhaltung jhrer Freyheit gezwungen worden weren / ein solches Straffgericht anzustellen: es were niemandt vnrecht geschehen: Etlicher Tyrannische Thaten vnd Practicken weren zu hoch gestiegen / wie auß den verfaßten Processen / deren Copiam sie auffzuweissen vrbietig / genugsamb zu sehen.</p> <p>Den Bischoff belangend / vermeldeten sie / daß etliche Klag Puncten vber jhn ergangen / vnd da er auff zwo vnterschiedliche Citanonen nicht erschienen / ein Vrtheil darüber in contumacia gefället / vnd er seiner Bischofflichen Dignität vnd Würde entsetzet / auch mit Vrtheil dem Gotteshauß Pundt / als Cast-Vögten deß Bistthumbs Chur / das Thumb-Capitul / mit Vertröstung der Handhabung der löblichen Stifft Freyheiten / zu Erwöhlung eines andern tauglichen Bischoffs / zu halten aufferlegt worden / welches aber das bemeldte Thumb Capitul / nach höchster Dancksagung / der Trewhertzigen Vätterlichen Oblation / ohne Mitverwilligung deß Päpstlichen Nuncii zuthun sich verweygert / vnd einer Prolongation begehrt / die auch zugelassen worden were. Darauff hette man deß Bistthumbs Zugehördt inventirt / vnnd damit demselben nichts entzogen würde / Vorsehung gethan. Ein jegliches were auch in dem Bischofflichen Schloß Fürstenberg geschehen / vnnd allein sein deß Bischoffs eigenthumbliches Haab vnd Gut (dessen doch nicht eines Hellers werth gefunden worden) ohne einigen Abbruch deß Stiffts vnd der Kirchengütern confiscirt / also daß sie nichts / das der Billichkeit entgegen were / gehandelt zu haben vermeyneten. Darumb dann jhre liebe Eyds: vnd Bundsgenossen den gefaßten Vnwillen vnnd Mißtrawen fallen lassen / in Handhabung der Billichkeit vnd jhrer Freyheit beharrlich verbleiben / vnd jhren Widersachern vnd Verleumbdern kein Gehör geben wolten.</p> <p><note place="left">Pündner werden das Straffgericht abzustellen vermahnet.</note> Nach solcher weitläufftiger Anhörung beyder Partheyen / wurden die Pündnerische Abgesandte gantz ernstlich vermahnet / jhr Straffgericht abzustellen / den Beklagten zu vnpartheyischem Rechten zuverhelffen / vnd sie mit einem sicheren Geleydt zuversehen / vnd also jhrer Vorfahren Gewonheiten sich gemäß zu halten. Dieser Receß ist den Gemeinden in Pündten vberschicket / vnd darbey vermeldek worden / daß / da jhnen nicht solte gehorchet / vnd ein Neutral Gericht angestellet werden / so wolten sie auff solche Mittel bedacht seyn / dardurch sie eine Abstellung solches Vnwesens zuwegen bringen köndten. Wie es nun weiters mit diesen Händeln abgeloffen / soll an seinem Ort vermeldet werden.</p> <p><note place="left">Rhaetierlands oder Grawpündens Beschreibung.</note> Nun folget / was Rhaetia, darinn dieses alles was bißhero erzehlet / vorgangen / für eine Landschafft / vnd dessen Innwohner für Völeker seyen. Dieselbe nun seynd / auß viel bewehrter Scribenten Zeugnuß / ein sehr altes Volck / sintemal Anno 588. vor Christi Geburt die Thuscier / welche zwischen dem Alpengebürg vnnd dem Fluß Poo in Italien gewohnet / vnd von den Galliern von dannen vertrieben worden / mit jhrem Obristen Rhaeto sich in das Alpgebürg nidergelassen / vnd sich / nach das Namen jhres Obristen / die Rhaetier genennet.</p> <p>Es hat aber vor zeiten Rhaetia ein grossen Begriff in sich gehalten / also daß die Römische Keyser solches in zwo Provintzen abtheileten / dann es seynd nicht allein die Landschafften zwischen dem Alpgebürg / sondern auch das meiste Theil deß Schwabenlands / vnd ein Theil von Bayern vnter dem Namẽ Rhaetia begriffen gewesen. Sonsten ligt das rechte Rhaetierlandt zwischen dem Vrsprung deß Rheins / vnd begreifft ein grosse Gegend zwischen dem Alp: oder Hochgebürg in sich / gräntzet gegen Auffgang der Sonnen an die Graffschafft Tyrol: gegen Nidergang an das Schweitzerland: gegen Mittag an das Hertzogthumb Meyland: gegen Mittnacht an das Gebiet deß Römischen Königs. Vnd ob es wol allenthalben sehr gebürgicht ist / hat es doch viel lustige / fruchtbare vnd Volckreiche Thäler.</p> <p>Die Innwohner werden heutigs Tags von den Italiänern Grisoner genennet / vor Zeiten hat man sie Grawe geheissen / dahero sie noch von den Teutschen die Grawpündter genennet werden: Dann weil die Rhaetier nicht allein mit den Schweitzern vereiniget / sondern auch vnter sich selbsten von Alters hero mit Eyd vnd Pflichten zusammen verbunden seyn / werden sie die Grawpündter / oder die Grawen Bundsleuten / wie auch die Pündner geheissen.</p> <p>Sie werden aber in drey Pündte vnterscheiden. Der erste Bundt bekompt von der Gegend seinen Namen / in dem er der Obere / wie auch der Grawe Bundt genennet wirdt. Dieser ist bey Anfang deß Rheins / begreift auch in sich das Masaxer vnd Galancker Thal / so sich biß an Italien erstrecken / vnd noch andere sieben Thäler vber dem Alpgebürg / durch welche der Rhein vnd die Glener lauffen: Vnd wirdt das gantze Gebiet abgetheilet in neunzehen Gemeinden / vnter welchen sechs Teutsch / die andern aber alle Welscher Spraache seynd. Vnd ist dieser Bundt im Jahr 1424. vnter andern von dem Apt zu Disentis / Freyherrn von Retzuns / vnd Graffen von Masar (diese zwey letzte Geschlecht seynd abgangen / doch welche heutigs Tags das Schloß der alten Freyherrn innhaben / werden Herrn von Rhetzuns genennet / welchẽ Titul newlich die Herrn von Marmorea / vnd hernach die Plantae gehabt) zu Trontz wider frembdes Volck / Rauberey / vnd daß sie sich vnd jhre Leut nicht mehr auff frembde Gerichte / wie zuvor im Brauch gewesen / wolten laden lassen / gemacht worden: doch hat darbey der Apt das Römische Reich / dessen er ein Praelat war: Der Graff seine Herren von Meyland / vnd der Freyherr das Hauß Oesterreich vorbehalten. Dieses hat also geweret biß auff das Jahr Tausend vier hundert sieben vnd neuntzig / da sich dieser Pundt mit den vbrigen Schweitzern vereiniget / vnd ein ewige Bündnuß auffgerichtet.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [113/0158]
Pundt Rudolph von Salis Land Ammann in Schiers / vnd entschuldigten sich / daß die Pündtner auß höchster Notdurfft zu Erhaltung jhrer Freyheit gezwungen worden weren / ein solches Straffgericht anzustellen: es were niemandt vnrecht geschehen: Etlicher Tyrannische Thaten vnd Practicken weren zu hoch gestiegen / wie auß den verfaßten Processen / deren Copiam sie auffzuweissen vrbietig / genugsamb zu sehen.
Den Bischoff belangend / vermeldeten sie / daß etliche Klag Puncten vber jhn ergangen / vnd da er auff zwo vnterschiedliche Citanonen nicht erschienen / ein Vrtheil darüber in contumacia gefället / vnd er seiner Bischofflichen Dignität vnd Würde entsetzet / auch mit Vrtheil dem Gotteshauß Pundt / als Cast-Vögten deß Bistthumbs Chur / das Thumb-Capitul / mit Vertröstung der Handhabung der löblichen Stifft Freyheiten / zu Erwöhlung eines andern tauglichen Bischoffs / zu halten aufferlegt worden / welches aber das bemeldte Thumb Capitul / nach höchster Dancksagung / der Trewhertzigen Vätterlichen Oblation / ohne Mitverwilligung deß Päpstlichen Nuncii zuthun sich verweygert / vnd einer Prolongation begehrt / die auch zugelassen worden were. Darauff hette man deß Bistthumbs Zugehördt inventirt / vnnd damit demselben nichts entzogen würde / Vorsehung gethan. Ein jegliches were auch in dem Bischofflichen Schloß Fürstenberg geschehen / vnnd allein sein deß Bischoffs eigenthumbliches Haab vnd Gut (dessen doch nicht eines Hellers werth gefunden worden) ohne einigen Abbruch deß Stiffts vnd der Kirchengütern confiscirt / also daß sie nichts / das der Billichkeit entgegen were / gehandelt zu haben vermeyneten. Darumb dann jhre liebe Eyds: vnd Bundsgenossen den gefaßten Vnwillen vnnd Mißtrawen fallen lassen / in Handhabung der Billichkeit vnd jhrer Freyheit beharrlich verbleiben / vnd jhren Widersachern vnd Verleumbdern kein Gehör geben wolten.
Nach solcher weitläufftiger Anhörung beyder Partheyen / wurden die Pündnerische Abgesandte gantz ernstlich vermahnet / jhr Straffgericht abzustellen / den Beklagten zu vnpartheyischem Rechten zuverhelffen / vnd sie mit einem sicheren Geleydt zuversehen / vnd also jhrer Vorfahren Gewonheiten sich gemäß zu halten. Dieser Receß ist den Gemeinden in Pündten vberschicket / vnd darbey vermeldek worden / daß / da jhnen nicht solte gehorchet / vnd ein Neutral Gericht angestellet werden / so wolten sie auff solche Mittel bedacht seyn / dardurch sie eine Abstellung solches Vnwesens zuwegen bringen köndten. Wie es nun weiters mit diesen Händeln abgeloffen / soll an seinem Ort vermeldet werden.
Pündner werden das Straffgericht abzustellen vermahnet. Nun folget / was Rhaetia, darinn dieses alles was bißhero erzehlet / vorgangen / für eine Landschafft / vnd dessen Innwohner für Völeker seyen. Dieselbe nun seynd / auß viel bewehrter Scribenten Zeugnuß / ein sehr altes Volck / sintemal Anno 588. vor Christi Geburt die Thuscier / welche zwischen dem Alpengebürg vnnd dem Fluß Poo in Italien gewohnet / vnd von den Galliern von dannen vertrieben worden / mit jhrem Obristen Rhaeto sich in das Alpgebürg nidergelassen / vnd sich / nach das Namen jhres Obristen / die Rhaetier genennet.
Rhaetierlands oder Grawpündens Beschreibung. Es hat aber vor zeiten Rhaetia ein grossen Begriff in sich gehalten / also daß die Römische Keyser solches in zwo Provintzen abtheileten / dann es seynd nicht allein die Landschafften zwischen dem Alpgebürg / sondern auch das meiste Theil deß Schwabenlands / vnd ein Theil von Bayern vnter dem Namẽ Rhaetia begriffen gewesen. Sonsten ligt das rechte Rhaetierlandt zwischen dem Vrsprung deß Rheins / vnd begreifft ein grosse Gegend zwischen dem Alp: oder Hochgebürg in sich / gräntzet gegen Auffgang der Sonnen an die Graffschafft Tyrol: gegen Nidergang an das Schweitzerland: gegen Mittag an das Hertzogthumb Meyland: gegen Mittnacht an das Gebiet deß Römischen Königs. Vnd ob es wol allenthalben sehr gebürgicht ist / hat es doch viel lustige / fruchtbare vnd Volckreiche Thäler.
Die Innwohner werden heutigs Tags von den Italiänern Grisoner genennet / vor Zeiten hat man sie Grawe geheissen / dahero sie noch von den Teutschen die Grawpündter genennet werden: Dann weil die Rhaetier nicht allein mit den Schweitzern vereiniget / sondern auch vnter sich selbsten von Alters hero mit Eyd vnd Pflichten zusammen verbunden seyn / werden sie die Grawpündter / oder die Grawen Bundsleuten / wie auch die Pündner geheissen.
Sie werden aber in drey Pündte vnterscheiden. Der erste Bundt bekompt von der Gegend seinen Namen / in dem er der Obere / wie auch der Grawe Bundt genennet wirdt. Dieser ist bey Anfang deß Rheins / begreift auch in sich das Masaxer vnd Galancker Thal / so sich biß an Italien erstrecken / vnd noch andere sieben Thäler vber dem Alpgebürg / durch welche der Rhein vnd die Glener lauffen: Vnd wirdt das gantze Gebiet abgetheilet in neunzehen Gemeinden / vnter welchen sechs Teutsch / die andern aber alle Welscher Spraache seynd. Vnd ist dieser Bundt im Jahr 1424. vnter andern von dem Apt zu Disentis / Freyherrn von Retzuns / vnd Graffen von Masar (diese zwey letzte Geschlecht seynd abgangen / doch welche heutigs Tags das Schloß der alten Freyherrn innhaben / werden Herrn von Rhetzuns genennet / welchẽ Titul newlich die Herrn von Marmorea / vnd hernach die Plantae gehabt) zu Trontz wider frembdes Volck / Rauberey / vnd daß sie sich vnd jhre Leut nicht mehr auff frembde Gerichte / wie zuvor im Brauch gewesen / wolten laden lassen / gemacht worden: doch hat darbey der Apt das Römische Reich / dessen er ein Praelat war: Der Graff seine Herren von Meyland / vnd der Freyherr das Hauß Oesterreich vorbehalten. Dieses hat also geweret biß auff das Jahr Tausend vier hundert sieben vnd neuntzig / da sich dieser Pundt mit den vbrigen Schweitzern vereiniget / vnd ein ewige Bündnuß auffgerichtet.
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