Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635.Darauff ließ der von Rohan seinen Rath vnnd alle Obersten vnnd Befelchshaber versamlen / die er bath / sie wolten jhm zu gut halten / daß er jhnen biß daherseinen Anschlag auff das Schloß Mompelier nicht hette zu erkennen geben / sintemal sie wol wüsten / daß man grosse Anschläge verschweigen müste. Es were nichts / was er von der Ankunfft der Engelländer / vnnd Belägerung der Statt Corconne, außgeben hette: Aber er hette etwas bessers für / nemblich deß Schlosses zu Mompelier sich zu bemächtigen / dardurch er die Statt leichtlich in seinen Gewalt bringen wolte. Diese Nacht / wie er hoffte / würde jhm mehr Glücks bringen / dann er sein lebenlang gehabt / vnnd sie zu grosser Herrlichkeit erhebe. Als er solches geredt / zeygte er jhnen obgemeldten Capitain vnnd Soldaten / welche den Anschlag gar gewiß vnnd leicht machten. Jhnen fielen alle Obersten vnnd Befelchshaber bey / einen auß genommen / mit Nahmen Gondin, welcher / als er hörte / daß der von Melle sie einlassen solte / sprach / es weren nun zwantzig Jahr / daß er jhn kennete / vnnd wüste / daß er ein Orth / derjhm vertrawet worden / nimmermehr verrathen würde / auch pflegten die / so vber gantze Regimenten das Commando haben / die Wacht nicht zu bestellen. Aber der Capitain / der in dem Schloß gewesen war / bethewerte / daß an dem von Melle nicht zu zweiffeln were / vnnd der Soldat Cadet schwur darauff / daß sein Herr es mit dem von Rohan gut meynete / vnnd jhm das Schloß liffern wolte. Auch wuste ers selber nicht besser / dann der von Melle hatte jn in dem wohn gelassen / vnnd sich gegen jhm keines wegs vermercken lassen / daß er den von Rohan anführen vnd betriegen wolte / damit wann er etwa scharpf examinirt / vnnd auff die Folterbanck gelegt würde / er den Handel / mit welchem sein Herr vmbgieng / nicht offenbahrte. Man hatte gute Auffsicht auff alle Reden vnnd Geberden deß Soldaten / vnnd kondte man keine Verrätherey an jhm spüren. Er sagte / sein Herr hette jhn nicht dahin gesandt / jhn in das Verderben zu bringen: er were zu frieden / daß man jhn solte auffhencken / wann es kein rechte Sache were. Hierauff resolvierte sich der von Rohan / es in Gottes Nahmen zu wagen: vnnd als er an der Brücken Iuuenalis, welche nur fünffhundert Schritt von Mompelier gelegen / mit seinem Heer angelangt / ließ er erstlich das Gebett thun / darnach stelte er sein Volck in Ordnung. Es wolte ein jeder der erste seyn: der Vorzug ward dem von Bretigny gegonnet / welchem hundert geharrnischte Männer / deren einjeder eine Pistol vnnd eine Hellepart hatte / zugeben worden. Dem Freyherrn von Aubais ward befohlen / daß er jhm folgen solte / vnnd hatte derselbe eine gleiche Anzahl gewaffneter Soldaten: nach jhm waren andere hundert verordnet / die jhn secundiren solten: endlich marchirte das gantze vbrige Kriegsvolck. In dieser Ordnung kamen sie vor die Statt / in welcher alles so still war / daß etliche alsobald einen Argwohn schöpffen: Vnder andern war einer von den vornehmsten Obersten / welcher zum Hertzogen von Rohan sagte: diß grosse stillschweigen were jhm sehr verdächtig. Dann es nicht wol zu vermuthen / daß die Besatzung in der Statt / welche auß wolversuchten vnnd außerlesenen Soldaten bestünde / solte so hart schlaffen / vnnd keine Ronde oder Schiltwacht haben / welche das Geräusch deß ankommenden Volcks nicht solten hören / vnd ruffen / Wer da? Dieweil sonderlich die Hund dapffer belleten. Aber der von Rohan antwortete / dieweil sie so nahe bey der Braut weren / müsten sie zum wenigsten jhr einen Kuß geben / vnnd es were keine Gefahr vorhanden. Hingegen hatte der Marquis de Fossez alles fleissig bestelt / die ankommende Gäste der gebühr zu empfangen. Er hatte sechs hundert von den besten Soldaten auß der Statt ins Schloß kommen lassen / vnnd hinder den Brustwehren eine starcke Anzahl Soldaten gestelt / welche brennende Lonten verborgen hielten. Dem Ingenieur ward befohlen / auff das Thor / durch welches der Feind solte einfallen / achtung zu geben / das Gegitter nider zu lassen / vnnd die Fallbrücke auffzuziehen / so bald es jhm würde befohlen werden. Das Geschütz auff dem Schloß / welches mit Nägel vnnd Ketten geladen war / wurd auff den weg / durch welche deß Hertzogen von Rohan Volck muste herziehen / gerichtet. In der Statt waren alle Quartiren mit Kriegsvolck besetzt / vnnd auff den Gassen / sonderlich gegen dem Schloß Barricaden gemacht / damit keiner auß dem Schloß in die Statt durchbrechen kondte. Der von Bretigny, welcher den Vorzug hatte / kam mit funfftzig Mann auff die Fallbrück / vnnd dieweil er das Thor zum Schloß offenfand / trang er hinein: die andern fünfftzig folgten hernach / vnnd waren schon auff der Brücken: Aber der Ingenieur, als er so viel Volcks sahe / welches angezogen kam / vnnd sich besorgte / wann er langer solte zusehen / er möchte der Brücken vnnd deß Thors nicht mehr Meister seyn / erwartete deß Befehlsnicht / sondern schnitt alsbald die Strick der Brücken ab / also daß die so darauff stunden / in den Graben fielen. Weiln er sich nun damit zu sehr geeylet / seynd von deß Hertzogen von Rohans Volck nicht so viel geblieben / als Marquis de Fossez gemeynt hatte. Man schoß zwar auß dem Schloß dapffer mit Musqueten vnnd groben Stücken: aber es sind in allem nicht vber neun vnnd achtzig Mann geblieben / darunder gleichwol neun vnnd dreissig Befelchshaber gewesen: darneben sind auff die dreyzehen vom Adel gefangen worden. Der Marquis hatte seine Rechnung gemacht / er wolte auff die vier tausendt erlegen / vnnd darzu den von Rohan ertapen: aber es hat jhm gefehlet. Dann der von Rohan / als er gesehen / daß der von Melle jhn betrogen hette / wiche als- Darauff ließ der von Rohan seinen Rath vnnd alle Obersten vnnd Befelchshaber versamlen / die er bath / sie wolten jhm zu gut halten / daß er jhnen biß daherseinen Anschlag auff das Schloß Mompelier nicht hette zu erkennen geben / sintemal sie wol wüsten / daß man grosse Anschläge verschweigen müste. Es were nichts / was er von der Ankunfft der Engelländer / vnnd Belägerung der Statt Corconne, außgeben hette: Aber er hette etwas bessers für / nemblich deß Schlosses zu Mompelier sich zu bemächtigen / dardurch er die Statt leichtlich in seinen Gewalt bringen wolte. Diese Nacht / wie er hoffte / würde jhm mehr Glücks bringen / dann er sein lebenlang gehabt / vnnd sie zu grosser Herrlichkeit erhebe. Als er solches geredt / zeygte er jhnen obgemeldten Capitain vnnd Soldaten / welche den Anschlag gar gewiß vnnd leicht machten. Jhnen fielen alle Obersten vnnd Befelchshaber bey / einen auß genommen / mit Nahmen Gondin, welcher / als er hörte / daß der von Mellé sie einlassen solte / sprach / es weren nun zwantzig Jahr / daß er jhn kennete / vnnd wüste / daß er ein Orth / derjhm vertrawet worden / nimmermehr verrathen würde / auch pflegten die / so vber gantze Regimenten das Commando haben / die Wacht nicht zu bestellen. Aber der Capitain / der in dem Schloß gewesen war / bethewerte / daß an dem von Mellé nicht zu zweiffeln were / vnnd der Soldat Cadet schwur darauff / daß sein Herr es mit dem von Rohan gut meynete / vnnd jhm das Schloß liffern wolte. Auch wuste ers selber nicht besser / dann der von Mellé hatte jn in dem wohn gelassen / vnnd sich gegen jhm keines wegs vermercken lassen / daß er den von Rohan anführen vnd betriegen wolte / damit wann er etwa scharpf examinirt / vnnd auff die Folterbanck gelegt würde / er den Handel / mit welchem sein Herr vmbgieng / nicht offenbahrte. Man hatte gute Auffsicht auff alle Reden vnnd Geberden deß Soldaten / vnnd kondte man keine Verrätherey an jhm spüren. Er sagte / sein Herr hette jhn nicht dahin gesandt / jhn in das Verderben zu bringen: er were zu frieden / daß man jhn solte auffhenckẽ / wann es kein rechte Sache were. Hierauff resolvierte sich der von Rohan / es in Gottes Nahmen zu wagen: vnnd als er an der Brücken Iuuenalis, welche nur fünffhundert Schritt von Mompelier gelegen / mit seinem Heer angelangt / ließ er erstlich das Gebett thun / darnach stelte er sein Volck in Ordnung. Es wolte ein jeder der erste seyn: der Vorzug ward dem von Bretigny gegonnet / welchem hundert geharrnischte Männer / deren einjeder eine Pistol vnnd eine Hellepart hatte / zugeben worden. Dem Freyherrn von Aubais ward befohlen / daß er jhm folgen solte / vnnd hatte derselbe eine gleiche Anzahl gewaffneter Soldaten: nach jhm waren andere hundert verordnet / die jhn secundiren solten: endlich marchirte das gantze vbrige Kriegsvolck. In dieser Ordnung kamen sie vor die Statt / in welcher alles so still war / daß etliche alsobald einen Argwohn schöpffen: Vnder andern war einer von den vornehmsten Obersten / welcher zum Hertzogen von Rohan sagte: diß grosse stillschweigen were jhm sehr verdächtig. Dann es nicht wol zu vermuthen / daß die Besatzung in der Statt / welche auß wolversuchten vnnd außerlesenen Soldaten bestünde / solte so hart schlaffen / vnnd keine Ronde oder Schiltwacht haben / welche das Geräusch deß ankommenden Volcks nicht solten hören / vnd ruffen / Wer da? Dieweil sonderlich die Hund dapffer belleten. Aber der von Rohan antwortete / dieweil sie so nahe bey der Braut weren / müsten sie zum wenigsten jhr einen Kuß geben / vnnd es were keine Gefahr vorhanden. Hingegen hatte der Marquis de Fossez alles fleissig bestelt / die ankommende Gäste der gebühr zu empfangen. Er hatte sechs hundert von den besten Soldaten auß der Statt ins Schloß kommen lassen / vnnd hinder den Brustwehren eine starcke Anzahl Soldaten gestelt / welche brennende Lonten verborgen hielten. Dem Ingenieur ward befohlen / auff das Thor / durch welches der Feind solte einfallen / achtung zu geben / das Gegitter nider zu lassen / vnnd die Fallbrücke auffzuziehen / so bald es jhm würde befohlen werden. Das Geschütz auff dem Schloß / welches mit Nägel vnnd Ketten geladen war / wurd auff den weg / durch welche deß Hertzogen von Rohan Volck muste herziehen / gerichtet. In der Statt waren alle Quartiren mit Kriegsvolck besetzt / vnnd auff den Gassen / sonderlich gegen dem Schloß Barricaden gemacht / damit keiner auß dem Schloß in die Statt durchbrechen kondte. Der von Bretigny, welcher den Vorzug hatte / kam mit funfftzig Mann auff die Fallbrück / vnnd dieweil er das Thor zum Schloß offenfand / trang er hinein: die andern fünfftzig folgten hernach / vnnd waren schon auff der Brücken: Aber der Ingenieur, als er so viel Volcks sahe / welches angezogen kam / vnnd sich besorgte / wann er lànger solte zusehen / er möchte der Brücken vnnd deß Thors nicht mehr Meister seyn / erwartete deß Befehlsnicht / sondern schnitt alsbald die Strick der Brücken ab / also daß die so darauff stunden / in den Graben fielen. Weiln er sich nun damit zu sehr geeylet / seynd von deß Hertzogen von Rohans Volck nicht so viel geblieben / als Marquis de Fossez gemeynt hatte. Man schoß zwar auß dem Schloß dapffer mit Musqueten vnnd groben Stücken: aber es sind in allem nicht vber neun vnnd achtzig Mann geblieben / darunder gleichwol neun vnnd dreissig Befelchshaber gewesen: darneben sind auff die dreyzehen vom Adel gefangen worden. Der Marquis hatte seine Rechnung gemacht / er wolte auff die vier tausendt erlegen / vnnd darzu den von Rohan ertapen: aber es hat jhm gefehlet. Dann der von Rohan / als er gesehen / daß der von Mellé jhn betrogen hette / wiche als- <TEI> <text> <body> <div> <div> <pb facs="#f1423" n="1276"/> <p>Darauff ließ der von Rohan seinen Rath vnnd alle Obersten vnnd Befelchshaber versamlen / die er bath / sie wolten jhm zu gut halten / daß er jhnen biß daherseinen Anschlag auff das Schloß Mompelier nicht hette zu erkennen geben / sintemal sie wol wüsten / daß man grosse Anschläge verschweigen müste. Es were nichts / was er von der Ankunfft der Engelländer / vnnd Belägerung der Statt Corconne, außgeben hette: Aber er hette etwas bessers für / nemblich deß Schlosses zu Mompelier sich zu bemächtigen / dardurch er die Statt leichtlich in seinen Gewalt bringen wolte. Diese Nacht / wie er hoffte / würde jhm mehr Glücks bringen / dann er sein lebenlang gehabt / vnnd sie zu grosser Herrlichkeit erhebe. Als er solches geredt / zeygte er jhnen obgemeldten Capitain vnnd Soldaten / welche den Anschlag gar gewiß vnnd leicht machten. Jhnen fielen alle Obersten vnnd Befelchshaber bey / einen auß genommen / mit Nahmen Gondin, welcher / als er hörte / daß der von Mellé sie einlassen solte / sprach / es weren nun zwantzig Jahr / daß er jhn kennete / vnnd wüste / daß er ein Orth / derjhm vertrawet worden / nimmermehr verrathen würde / auch pflegten die / so vber gantze Regimenten das Commando haben / die Wacht nicht zu bestellen. Aber der Capitain / der in dem Schloß gewesen war / bethewerte / daß an dem von Mellé nicht zu zweiffeln were / vnnd der Soldat Cadet schwur darauff / daß sein Herr es mit dem von Rohan gut meynete / vnnd jhm das Schloß liffern wolte. Auch wuste ers selber nicht besser / dann der von Mellé hatte jn in dem wohn gelassen / vnnd sich gegen jhm keines wegs vermercken lassen / daß er den von Rohan anführen vnd betriegen wolte / damit wann er etwa scharpf examinirt / vnnd auff die Folterbanck gelegt würde / er den Handel / mit welchem sein Herr vmbgieng / nicht offenbahrte. Man hatte gute Auffsicht auff alle Reden vnnd Geberden deß Soldaten / vnnd kondte man keine Verrätherey an jhm spüren. Er sagte / sein Herr hette jhn nicht dahin gesandt / jhn in das Verderben zu bringen: er were zu frieden / daß man jhn solte auffhenckẽ / wann es kein rechte Sache were.</p> <p>Hierauff resolvierte sich der von Rohan / es in Gottes Nahmen zu wagen: vnnd als er an der Brücken Iuuenalis, welche nur fünffhundert Schritt von Mompelier gelegen / mit seinem Heer angelangt / ließ er erstlich das Gebett thun / darnach stelte er sein Volck in Ordnung. Es wolte ein jeder der erste seyn: der Vorzug ward dem von Bretigny gegonnet / welchem hundert geharrnischte Männer / deren einjeder eine Pistol vnnd eine Hellepart hatte / zugeben worden. Dem Freyherrn von Aubais ward befohlen / daß er jhm folgen solte / vnnd hatte derselbe eine gleiche Anzahl gewaffneter Soldaten: nach jhm waren andere hundert verordnet / die jhn secundiren solten: endlich marchirte das gantze vbrige Kriegsvolck. In dieser Ordnung kamen sie vor die Statt / in welcher alles so still war / daß etliche alsobald einen Argwohn schöpffen: Vnder andern war einer von den vornehmsten Obersten / welcher zum Hertzogen von Rohan sagte: diß grosse stillschweigen were jhm sehr verdächtig. Dann es nicht wol zu vermuthen / daß die Besatzung in der Statt / welche auß wolversuchten vnnd außerlesenen Soldaten bestünde / solte so hart schlaffen / vnnd keine Ronde oder Schiltwacht haben / welche das Geräusch deß ankommenden Volcks nicht solten hören / vnd ruffen / Wer da? Dieweil sonderlich die Hund dapffer belleten. Aber der von Rohan antwortete / dieweil sie so nahe bey der Braut weren / müsten sie zum wenigsten jhr einen Kuß geben / vnnd es were keine Gefahr vorhanden. Hingegen hatte der Marquis de Fossez alles fleissig bestelt / die ankommende Gäste der gebühr zu empfangen. Er hatte sechs hundert von den besten Soldaten auß der Statt ins Schloß kommen lassen / vnnd hinder den Brustwehren eine starcke Anzahl Soldaten gestelt / welche brennende Lonten verborgen hielten. Dem Ingenieur ward befohlen / auff das Thor / durch welches der Feind solte einfallen / achtung zu geben / das Gegitter nider zu lassen / vnnd die Fallbrücke auffzuziehen / so bald es jhm würde befohlen werden. Das Geschütz auff dem Schloß / welches mit Nägel vnnd Ketten geladen war / wurd auff den weg / durch welche deß Hertzogen von Rohan Volck muste herziehen / gerichtet. In der Statt waren alle Quartiren mit Kriegsvolck besetzt / vnnd auff den Gassen / sonderlich gegen dem Schloß Barricaden gemacht / damit keiner auß dem Schloß in die Statt durchbrechen kondte.</p> <p>Der von Bretigny, welcher den Vorzug hatte / kam mit funfftzig Mann auff die Fallbrück / vnnd dieweil er das Thor zum Schloß offenfand / trang er hinein: die andern fünfftzig folgten hernach / vnnd waren schon auff der Brücken: Aber der Ingenieur, als er so viel Volcks sahe / welches angezogen kam / vnnd sich besorgte / wann er lànger solte zusehen / er möchte der Brücken vnnd deß Thors nicht mehr Meister seyn / erwartete deß Befehlsnicht / sondern schnitt alsbald die Strick der Brücken ab / also daß die so darauff stunden / in den Graben fielen. Weiln er sich nun damit zu sehr geeylet / seynd von deß Hertzogen von Rohans Volck nicht so viel geblieben / als Marquis de Fossez gemeynt hatte. Man schoß zwar auß dem Schloß dapffer mit Musqueten vnnd groben Stücken: aber es sind in allem nicht vber neun vnnd achtzig Mann geblieben / darunder gleichwol neun vnnd dreissig Befelchshaber gewesen: darneben sind auff die dreyzehen vom Adel gefangen worden. Der Marquis hatte seine Rechnung gemacht / er wolte auff die vier tausendt erlegen / vnnd darzu den von Rohan ertapen: aber es hat jhm gefehlet. Dann der von Rohan / als er gesehen / daß der von Mellé jhn betrogen hette / wiche als- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1276/1423]
Darauff ließ der von Rohan seinen Rath vnnd alle Obersten vnnd Befelchshaber versamlen / die er bath / sie wolten jhm zu gut halten / daß er jhnen biß daherseinen Anschlag auff das Schloß Mompelier nicht hette zu erkennen geben / sintemal sie wol wüsten / daß man grosse Anschläge verschweigen müste. Es were nichts / was er von der Ankunfft der Engelländer / vnnd Belägerung der Statt Corconne, außgeben hette: Aber er hette etwas bessers für / nemblich deß Schlosses zu Mompelier sich zu bemächtigen / dardurch er die Statt leichtlich in seinen Gewalt bringen wolte. Diese Nacht / wie er hoffte / würde jhm mehr Glücks bringen / dann er sein lebenlang gehabt / vnnd sie zu grosser Herrlichkeit erhebe. Als er solches geredt / zeygte er jhnen obgemeldten Capitain vnnd Soldaten / welche den Anschlag gar gewiß vnnd leicht machten. Jhnen fielen alle Obersten vnnd Befelchshaber bey / einen auß genommen / mit Nahmen Gondin, welcher / als er hörte / daß der von Mellé sie einlassen solte / sprach / es weren nun zwantzig Jahr / daß er jhn kennete / vnnd wüste / daß er ein Orth / derjhm vertrawet worden / nimmermehr verrathen würde / auch pflegten die / so vber gantze Regimenten das Commando haben / die Wacht nicht zu bestellen. Aber der Capitain / der in dem Schloß gewesen war / bethewerte / daß an dem von Mellé nicht zu zweiffeln were / vnnd der Soldat Cadet schwur darauff / daß sein Herr es mit dem von Rohan gut meynete / vnnd jhm das Schloß liffern wolte. Auch wuste ers selber nicht besser / dann der von Mellé hatte jn in dem wohn gelassen / vnnd sich gegen jhm keines wegs vermercken lassen / daß er den von Rohan anführen vnd betriegen wolte / damit wann er etwa scharpf examinirt / vnnd auff die Folterbanck gelegt würde / er den Handel / mit welchem sein Herr vmbgieng / nicht offenbahrte. Man hatte gute Auffsicht auff alle Reden vnnd Geberden deß Soldaten / vnnd kondte man keine Verrätherey an jhm spüren. Er sagte / sein Herr hette jhn nicht dahin gesandt / jhn in das Verderben zu bringen: er were zu frieden / daß man jhn solte auffhenckẽ / wann es kein rechte Sache were.
Hierauff resolvierte sich der von Rohan / es in Gottes Nahmen zu wagen: vnnd als er an der Brücken Iuuenalis, welche nur fünffhundert Schritt von Mompelier gelegen / mit seinem Heer angelangt / ließ er erstlich das Gebett thun / darnach stelte er sein Volck in Ordnung. Es wolte ein jeder der erste seyn: der Vorzug ward dem von Bretigny gegonnet / welchem hundert geharrnischte Männer / deren einjeder eine Pistol vnnd eine Hellepart hatte / zugeben worden. Dem Freyherrn von Aubais ward befohlen / daß er jhm folgen solte / vnnd hatte derselbe eine gleiche Anzahl gewaffneter Soldaten: nach jhm waren andere hundert verordnet / die jhn secundiren solten: endlich marchirte das gantze vbrige Kriegsvolck. In dieser Ordnung kamen sie vor die Statt / in welcher alles so still war / daß etliche alsobald einen Argwohn schöpffen: Vnder andern war einer von den vornehmsten Obersten / welcher zum Hertzogen von Rohan sagte: diß grosse stillschweigen were jhm sehr verdächtig. Dann es nicht wol zu vermuthen / daß die Besatzung in der Statt / welche auß wolversuchten vnnd außerlesenen Soldaten bestünde / solte so hart schlaffen / vnnd keine Ronde oder Schiltwacht haben / welche das Geräusch deß ankommenden Volcks nicht solten hören / vnd ruffen / Wer da? Dieweil sonderlich die Hund dapffer belleten. Aber der von Rohan antwortete / dieweil sie so nahe bey der Braut weren / müsten sie zum wenigsten jhr einen Kuß geben / vnnd es were keine Gefahr vorhanden. Hingegen hatte der Marquis de Fossez alles fleissig bestelt / die ankommende Gäste der gebühr zu empfangen. Er hatte sechs hundert von den besten Soldaten auß der Statt ins Schloß kommen lassen / vnnd hinder den Brustwehren eine starcke Anzahl Soldaten gestelt / welche brennende Lonten verborgen hielten. Dem Ingenieur ward befohlen / auff das Thor / durch welches der Feind solte einfallen / achtung zu geben / das Gegitter nider zu lassen / vnnd die Fallbrücke auffzuziehen / so bald es jhm würde befohlen werden. Das Geschütz auff dem Schloß / welches mit Nägel vnnd Ketten geladen war / wurd auff den weg / durch welche deß Hertzogen von Rohan Volck muste herziehen / gerichtet. In der Statt waren alle Quartiren mit Kriegsvolck besetzt / vnnd auff den Gassen / sonderlich gegen dem Schloß Barricaden gemacht / damit keiner auß dem Schloß in die Statt durchbrechen kondte.
Der von Bretigny, welcher den Vorzug hatte / kam mit funfftzig Mann auff die Fallbrück / vnnd dieweil er das Thor zum Schloß offenfand / trang er hinein: die andern fünfftzig folgten hernach / vnnd waren schon auff der Brücken: Aber der Ingenieur, als er so viel Volcks sahe / welches angezogen kam / vnnd sich besorgte / wann er lànger solte zusehen / er möchte der Brücken vnnd deß Thors nicht mehr Meister seyn / erwartete deß Befehlsnicht / sondern schnitt alsbald die Strick der Brücken ab / also daß die so darauff stunden / in den Graben fielen. Weiln er sich nun damit zu sehr geeylet / seynd von deß Hertzogen von Rohans Volck nicht so viel geblieben / als Marquis de Fossez gemeynt hatte. Man schoß zwar auß dem Schloß dapffer mit Musqueten vnnd groben Stücken: aber es sind in allem nicht vber neun vnnd achtzig Mann geblieben / darunder gleichwol neun vnnd dreissig Befelchshaber gewesen: darneben sind auff die dreyzehen vom Adel gefangen worden. Der Marquis hatte seine Rechnung gemacht / er wolte auff die vier tausendt erlegen / vnnd darzu den von Rohan ertapen: aber es hat jhm gefehlet. Dann der von Rohan / als er gesehen / daß der von Mellé jhn betrogen hette / wiche als-
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Zitationshilfe: | Abelin, Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche/ und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten. Frankfurt (Main), 1635, S. 1276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/abelinus_theatrum_1635/1423>, abgerufen am 01.07.2024. |