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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839.

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Schatten -- und kurz, Sie zeigen mir Ihren Schatten, oder
geben mir meine Entlassung."

Bendel, bleich und zitternd, aber besonnener als ich,
machte mir ein Zeichen, ich nahm zu dem Alles beschwichti-
genden Golde meine Zuflucht, -- auch das hatte seine Macht
verloren -- er warf's mir vor die Füße: "von einem Schat-
tenlosen nehme ich nichts an." Er kehrte mir den Rücken und
ging, den Hut auf dem Kopf, ein Liedchen pfeifend, langsam
aus dem Zimmer. Ich stand mit Bendel da wie versteint,
gedanken- und regungslos ihm nachsehend.

Schwer aufseufzend und den Tod im Herzen, schickt' ich
mich endlich an, mein Wort zu lösen, und, wie ein Verbre-
cher vor seinen Richtern, in dem Förstergarten zu erscheinen.
Ich stieg in der dunklen Laube ab, welche nach mir benannt
war, und wo sie mich auch diesmal erwarten mußten. Die
Mutter kam mir sorgenfrei und freudig entgegen. Mina saß
da, bleich und schön, wie der erste Schnee, der manchmal im
Herbste die letzten Blumen küßt, und gleich in bitt'res Wasser
zerfließen wird. Der Forstmeister, ein geschriebenes Blatt in
der Hand, ging heftig auf und ab, und schien Vieles in sich
zu unterdrücken, was, mit fliegender Röthe und Blässe wech-
selnd, sich auf seinem sonst unbeweglichen Gesichte malte. Er
kam auf mich zu, als ich hereintrat, und verlangte mit oft
unterbrochenen Worten, mich allein zu sprechen. Der Gang,
auf den er mich, ihm zu folgen, einlud, führte nach einem
freien, besonnten Theile des Gartens -- ich ließ mich stumm
auf einen Sitz nieder, und es erfolgte ein langes Schweigen,
das selbst die gute Mutter nicht zu unterbrechen wagte.

Der Forstmeister stürmte immer noch ungleichen Schrittes
die Laube auf und ab, er stand mit einem Mal vor mir still,
blickte in's Papier, das er hielt, und fragte mich mit prüfen-
dem Blick: "Sollte Ihnen, Herr Graf, ein gewisser Peter
Schlemihl
wirklich nicht unbekannt sein?" Ich schwieg --

Schatten — und kurz, Sie zeigen mir Ihren Schatten, oder
geben mir meine Entlaſſung.«

Bendel, bleich und zitternd, aber beſonnener als ich,
machte mir ein Zeichen, ich nahm zu dem Alles beſchwichti-
genden Golde meine Zuflucht, — auch das hatte ſeine Macht
verloren — er warf’s mir vor die Füße: »von einem Schat-
tenloſen nehme ich nichts an.« Er kehrte mir den Rücken und
ging, den Hut auf dem Kopf, ein Liedchen pfeifend, langſam
aus dem Zimmer. Ich ſtand mit Bendel da wie verſteint,
gedanken- und regungslos ihm nachſehend.

Schwer aufſeufzend und den Tod im Herzen, ſchickt’ ich
mich endlich an, mein Wort zu löſen, und, wie ein Verbre-
cher vor ſeinen Richtern, in dem Förſtergarten zu erſcheinen.
Ich ſtieg in der dunklen Laube ab, welche nach mir benannt
war, und wo ſie mich auch diesmal erwarten mußten. Die
Mutter kam mir ſorgenfrei und freudig entgegen. Mina ſaß
da, bleich und ſchön, wie der erſte Schnee, der manchmal im
Herbſte die letzten Blumen küßt, und gleich in bitt’res Waſſer
zerfließen wird. Der Forſtmeiſter, ein geſchriebenes Blatt in
der Hand, ging heftig auf und ab, und ſchien Vieles in ſich
zu unterdrücken, was, mit fliegender Röthe und Bläſſe wech-
ſelnd, ſich auf ſeinem ſonſt unbeweglichen Geſichte malte. Er
kam auf mich zu, als ich hereintrat, und verlangte mit oft
unterbrochenen Worten, mich allein zu ſprechen. Der Gang,
auf den er mich, ihm zu folgen, einlud, führte nach einem
freien, beſonnten Theile des Gartens — ich ließ mich ſtumm
auf einen Sitz nieder, und es erfolgte ein langes Schweigen,
das ſelbſt die gute Mutter nicht zu unterbrechen wagte.

Der Forſtmeiſter ſtürmte immer noch ungleichen Schrittes
die Laube auf und ab, er ſtand mit einem Mal vor mir ſtill,
blickte in’s Papier, das er hielt, und fragte mich mit prüfen-
dem Blick: »Sollte Ihnen, Herr Graf, ein gewiſſer Peter
Schlemihl
wirklich nicht unbekannt ſein?« Ich ſchwieg —

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[36/0054] Schatten — und kurz, Sie zeigen mir Ihren Schatten, oder geben mir meine Entlaſſung.« Bendel, bleich und zitternd, aber beſonnener als ich, machte mir ein Zeichen, ich nahm zu dem Alles beſchwichti- genden Golde meine Zuflucht, — auch das hatte ſeine Macht verloren — er warf’s mir vor die Füße: »von einem Schat- tenloſen nehme ich nichts an.« Er kehrte mir den Rücken und ging, den Hut auf dem Kopf, ein Liedchen pfeifend, langſam aus dem Zimmer. Ich ſtand mit Bendel da wie verſteint, gedanken- und regungslos ihm nachſehend. Schwer aufſeufzend und den Tod im Herzen, ſchickt’ ich mich endlich an, mein Wort zu löſen, und, wie ein Verbre- cher vor ſeinen Richtern, in dem Förſtergarten zu erſcheinen. Ich ſtieg in der dunklen Laube ab, welche nach mir benannt war, und wo ſie mich auch diesmal erwarten mußten. Die Mutter kam mir ſorgenfrei und freudig entgegen. Mina ſaß da, bleich und ſchön, wie der erſte Schnee, der manchmal im Herbſte die letzten Blumen küßt, und gleich in bitt’res Waſſer zerfließen wird. Der Forſtmeiſter, ein geſchriebenes Blatt in der Hand, ging heftig auf und ab, und ſchien Vieles in ſich zu unterdrücken, was, mit fliegender Röthe und Bläſſe wech- ſelnd, ſich auf ſeinem ſonſt unbeweglichen Geſichte malte. Er kam auf mich zu, als ich hereintrat, und verlangte mit oft unterbrochenen Worten, mich allein zu ſprechen. Der Gang, auf den er mich, ihm zu folgen, einlud, führte nach einem freien, beſonnten Theile des Gartens — ich ließ mich ſtumm auf einen Sitz nieder, und es erfolgte ein langes Schweigen, das ſelbſt die gute Mutter nicht zu unterbrechen wagte. Der Forſtmeiſter ſtürmte immer noch ungleichen Schrittes die Laube auf und ab, er ſtand mit einem Mal vor mir ſtill, blickte in’s Papier, das er hielt, und fragte mich mit prüfen- dem Blick: »Sollte Ihnen, Herr Graf, ein gewiſſer Peter Schlemihl wirklich nicht unbekannt ſein?« Ich ſchwieg —

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/Yw_7531_1/54>, abgerufen am 22.11.2024.