Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839.zitternd wie ein Verbrecher, aus dem Hause. Erst auf einem Erspare mir, lieber Freund, die schmerzliche Wiederho- Ich ertrug es länger nicht. Salzige Ströme brachen aus Ich brachte die Nacht schlaflos zu. Am andern Tage war zitternd wie ein Verbrecher, aus dem Hauſe. Erſt auf einem Erſpare mir, lieber Freund, die ſchmerzliche Wiederho- Ich ertrug es länger nicht. Salzige Ströme brachen aus Ich brachte die Nacht ſchlaflos zu. Am andern Tage war <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0032" n="14"/> zitternd wie ein Verbrecher, aus dem Hauſe. Erſt auf einem<lb/> entlegenen Platz trat ich aus dem Schatten der Häuſer, in<lb/> deren Schutz ich ſoweit gekommen war, an das Mondeslicht<lb/> hervor, gefaßt, mein Schickſal aus dem Munde der Vorüber-<lb/> gehenden zu vernehmen.</p><lb/> <p>Erſpare mir, lieber Freund, die ſchmerzliche Wiederho-<lb/> lung alles deſſen, was ich erdulden mußte. Die Frauen bezeug-<lb/> ten oft das tiefſte Mitleid, das ich ihnen einflößte; Aeußerun-<lb/> gen, die mir die Seele nicht minder durchbohrten, als der<lb/> Hohn der Jugend und die hochmüthige Verachtung der Män-<lb/> ner, beſonders ſolcher dicken, wohlbeleibten, die ſelbſt einen<lb/> breiten Schatten warfen. Ein ſchönes, holdes Mädchen, die,<lb/> wie es ſchien, ihre Eltern begleitete, indem dieſe bedächtig<lb/> nur vor ihre Füße ſahen, wandte von ungefähr ihr leuchten-<lb/> des Auge auf mich; ſie erſchrak ſichtbarlich, da ſie meine Schat-<lb/> tenloſigkeit bemerkte, verhüllte ihr ſchönes Antlitz in ihren<lb/> Schleier, ließ den Kopf ſinken, und ging lautlos vorüber.</p><lb/> <p>Ich ertrug es länger nicht. Salzige Ströme brachen aus<lb/> meinen Augen, und mit durchſchnittenem Herzen zog ich mich<lb/> ſchwankend in’s Dunkel zurück. Ich mußte mich an den Häu-<lb/> ſern halten, um meine Schritte zu ſichern, und erreichte lang-<lb/> ſam und ſpät meine Wohnung.</p><lb/> <p>Ich brachte die Nacht ſchlaflos zu. Am andern Tage war<lb/> meine erſte Sorge, nach dem Manne im grauen Rocke überall<lb/> ſuchen zu laſſen. Vielleicht ſollte es mir gelingen, ihn wieder<lb/> zu finden, und wie glücklich! wenn ihn, wie mich, der thö-<lb/> richte Handel gereuen ſollte. Ich ließ <hi rendition="#g">Bendel</hi> vor mich kom-<lb/> men, er ſchien Gewandtheit und Geſchick zu beſitzen, — ich<lb/> ſchilderte ihm genau den Mann, in deſſen Beſitz ein Schatz<lb/> ſich befand, ohne den mir das Leben nur eine Qual ſei. Ich<lb/> ſagte ihm die Zeit, den Ort, wo ich ihn geſehen; beſchrieb<lb/> ihm Alle, die zugegen geweſen, und fügte dieſes Zeichen noch<lb/> hinzu: er ſolle ſich nach einem Dollond’ſchen Fernrohr, nach<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [14/0032]
zitternd wie ein Verbrecher, aus dem Hauſe. Erſt auf einem
entlegenen Platz trat ich aus dem Schatten der Häuſer, in
deren Schutz ich ſoweit gekommen war, an das Mondeslicht
hervor, gefaßt, mein Schickſal aus dem Munde der Vorüber-
gehenden zu vernehmen.
Erſpare mir, lieber Freund, die ſchmerzliche Wiederho-
lung alles deſſen, was ich erdulden mußte. Die Frauen bezeug-
ten oft das tiefſte Mitleid, das ich ihnen einflößte; Aeußerun-
gen, die mir die Seele nicht minder durchbohrten, als der
Hohn der Jugend und die hochmüthige Verachtung der Män-
ner, beſonders ſolcher dicken, wohlbeleibten, die ſelbſt einen
breiten Schatten warfen. Ein ſchönes, holdes Mädchen, die,
wie es ſchien, ihre Eltern begleitete, indem dieſe bedächtig
nur vor ihre Füße ſahen, wandte von ungefähr ihr leuchten-
des Auge auf mich; ſie erſchrak ſichtbarlich, da ſie meine Schat-
tenloſigkeit bemerkte, verhüllte ihr ſchönes Antlitz in ihren
Schleier, ließ den Kopf ſinken, und ging lautlos vorüber.
Ich ertrug es länger nicht. Salzige Ströme brachen aus
meinen Augen, und mit durchſchnittenem Herzen zog ich mich
ſchwankend in’s Dunkel zurück. Ich mußte mich an den Häu-
ſern halten, um meine Schritte zu ſichern, und erreichte lang-
ſam und ſpät meine Wohnung.
Ich brachte die Nacht ſchlaflos zu. Am andern Tage war
meine erſte Sorge, nach dem Manne im grauen Rocke überall
ſuchen zu laſſen. Vielleicht ſollte es mir gelingen, ihn wieder
zu finden, und wie glücklich! wenn ihn, wie mich, der thö-
richte Handel gereuen ſollte. Ich ließ Bendel vor mich kom-
men, er ſchien Gewandtheit und Geſchick zu beſitzen, — ich
ſchilderte ihm genau den Mann, in deſſen Beſitz ein Schatz
ſich befand, ohne den mir das Leben nur eine Qual ſei. Ich
ſagte ihm die Zeit, den Ort, wo ich ihn geſehen; beſchrieb
ihm Alle, die zugegen geweſen, und fügte dieſes Zeichen noch
hinzu: er ſolle ſich nach einem Dollond’ſchen Fernrohr, nach
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