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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839.

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vollem überströmenden Gefühl. Das mußte ihm gefallen, er
lächelte mich an und sagte: "Bleiben Sie hier, lieber Freund,
nachher hab' ich vielleicht Zeit, Ihnen zu sagen, was ich
hiezu denke," er deutete auf den Brief, den er sodann ein-
steckte, und wandte sich wieder zu der Gesellschaft. -- Er bot
einer jungen Dame den Arm, andere Herr'n bemühten sich
um andere Schönen, es fand sich, was sich paßte, und man
wall'te dem rosenumblüh'ten Hügel zu.

Ich schlich hinterher, ohne Jemanden beschwerlich zu fal-
len, denn keine Seele bekümmerte sich weiter um mich. Die
Gesellschaft war sehr aufgeräumt, es ward getändelt und
gescherzt, man sprach zuweilen von leichtsinnigen Dingen
wichtig, von wichtigen öfters leichtsinnig, und gemächlich
erging besonders der Witz über abwesende Freunde und deren
Verhältnisse. Ich war da zu fremd, um von alle dem Vieles
zu verstehen, zu bekümmert und in mich gekehrt, um den Sinn
auf solche Räthsel zu haben.

Wir hatten den Rosenhain erreicht. Die schöne Fanny,
wie es schien, die Herrin des Tages, wollte aus Eigensinn
einen blühenden Zweig selbst brechen, sie verletzte sich an einem
Dorn, und wie von den dunkeln Rosen, floß Purpur auf ihre
zarte Hand. Dieses Ereigniß brachte die ganze Gesellschaft in
Bewegung. Es wurde Englisch Pflaster gesucht. Ein stiller,
dünner, hag'rer, länglichter, ältlicher Mann, der neben mit
ging, und den ich noch nicht bemerkt hatte, steckte sogleich die
Hand in die knapp anliegende Schooßtasche seines altfränki-
schen, grautaffentnen Rockes, brachte eine kleine Brieftasche
daraus hervor, öffnete sie, und reichte der Dame mit devoter
Verbeugung das Verlangte. Sie empfing es ohne Aufmerk-
samkeit für den Geber und ohne Dank, die Wunde ward ver-
bunden, und man ging weiter den Hügel hinan, von dessen
Rücken man die weite Aussicht über das grüne Labyrinth des
Parkes nach dem unermeßlichen Ocean genießen wollte.

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vollem überſtrömenden Gefühl. Das mußte ihm gefallen, er
lächelte mich an und ſagte: »Bleiben Sie hier, lieber Freund,
nachher hab’ ich vielleicht Zeit, Ihnen zu ſagen, was ich
hiezu denke,« er deutete auf den Brief, den er ſodann ein-
ſteckte, und wandte ſich wieder zu der Geſellſchaft. — Er bot
einer jungen Dame den Arm, andere Herr’n bemühten ſich
um andere Schönen, es fand ſich, was ſich paßte, und man
wall’te dem roſenumblüh’ten Hügel zu.

Ich ſchlich hinterher, ohne Jemanden beſchwerlich zu fal-
len, denn keine Seele bekümmerte ſich weiter um mich. Die
Geſellſchaft war ſehr aufgeräumt, es ward getändelt und
geſcherzt, man ſprach zuweilen von leichtſinnigen Dingen
wichtig, von wichtigen öfters leichtſinnig, und gemächlich
erging beſonders der Witz über abweſende Freunde und deren
Verhältniſſe. Ich war da zu fremd, um von alle dem Vieles
zu verſtehen, zu bekümmert und in mich gekehrt, um den Sinn
auf ſolche Räthſel zu haben.

Wir hatten den Roſenhain erreicht. Die ſchöne Fanny,
wie es ſchien, die Herrin des Tages, wollte aus Eigenſinn
einen blühenden Zweig ſelbſt brechen, ſie verletzte ſich an einem
Dorn, und wie von den dunkeln Roſen, floß Purpur auf ihre
zarte Hand. Dieſes Ereigniß brachte die ganze Geſellſchaft in
Bewegung. Es wurde Engliſch Pflaſter geſucht. Ein ſtiller,
dünner, hag’rer, länglichter, ältlicher Mann, der neben mit
ging, und den ich noch nicht bemerkt hatte, ſteckte ſogleich die
Hand in die knapp anliegende Schooßtaſche ſeines altfränki-
ſchen, grautaffentnen Rockes, brachte eine kleine Brieftaſche
daraus hervor, öffnete ſie, und reichte der Dame mit devoter
Verbeugung das Verlangte. Sie empfing es ohne Aufmerk-
ſamkeit für den Geber und ohne Dank, die Wunde ward ver-
bunden, und man ging weiter den Hügel hinan, von deſſen
Rücken man die weite Ausſicht über das grüne Labyrinth des
Parkes nach dem unermeßlichen Ocean genießen wollte.

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1839, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/Yw_7531_1/21>, abgerufen am 21.11.2024.