Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Seidel, Samuel: Schlaf wohl!. 2. Aufl. Lauban, 1733.

Bild:
<< vorherige Seite
Hier schien auch meine Brust mit ihrem Wunsch erhört.
Mein Absehn schien erfüllt, der Zweiffel ward gestöhrt,
Und niemand konnte leicht was tadelhafftes lesen;
Es wäre denn der Neid, des Glückes Alp, gewesen.
Ein Wörtgen machte mich von allem Kummer qvitt.
Die Eltern sagten Ja! und Theodore mit, (b)
Und Theodore sprach, von Lieb und Treu befraget,
Was itzt mein Mund erklärt, hat auch das Hertz gesaget.
So gleich gerieth mein Geist für Freuden ausser sich.
Mein Engel! Ach wie hoch, wie hoch erfreutst Du mich!
Wie lichte loderten die brünstig-keuschen Flammen,
Wie schmeltzten sie bey uns die Hertzen selbst zusammen!
Wir liebten uns; doch wie? Nur bloß um uns allein,
Entfernt von Eitelkeit, bey der man insgemein
Die Hertzen mehr verkaufft, als tugendhafft vertauschet,
Biß mit der Hand voll Wind die Liebe selbst verrauschet.
Was fandest Du um mich, das Deiner würdig war?
Nichts, als ein gutes Hertz, mein Reichthum gantz und gar;
Und dennoch konnte das die Gunst zu mir belohnen,
Und dennoch galt Dir dis weit über Millionen.
Was fandest Du/ Mein Licht, doch sonst für Glück bey mir?
Nichts, als die zärtlichste, die brünstigste Begier,
Dir stets gefälliger, Dir mehr beliebt zu werden;
Und dennoch hieß ich stets Dein liebstes Glück auf Erden.
Mein Seidel, war Dein Wort: Du kennst mein Hertz noch nicht,
Und was es Dir verheißt, und sich von Dir verspricht.
Jch liebe Dich, wie mich, und, daß ich nichts verhöhle,
Jch bin mit Dir ein Hertz; ein Hertz und eine Seele.
Zudem, was fehlt denn wohl an meinem Liebes-Loos?
Dem Bräutigam im Arm; den Eltern auf dem Schooß!
Jst das nicht schön genug? Wie will der Wunsch verderben?
So lebt sichs angenehm, so läßt sichs süsse sterben!
O sterben! fiel ich ein: dis muß nach mir geschehn.
Die Vorsicht lasse mich Dein Scheiden ja nicht sehn;
Wohl
(b) Und zwar den 3 Mertz des itzigen 1733 Jahres.
Hier ſchien auch meine Bruſt mit ihrem Wunſch erhoͤrt.
Mein Abſehn ſchien erfuͤllt, der Zweiffel ward geſtoͤhrt,
Und niemand konnte leicht was tadelhafftes leſen;
Es waͤre denn der Neid, des Gluͤckes Alp, geweſen.
Ein Woͤrtgen machte mich von allem Kummer qvitt.
Die Eltern ſagten Ja! und Theodore mit, (b)
Und Theodore ſprach, von Lieb und Treu befraget,
Was itzt mein Mund erklaͤrt, hat auch das Hertz geſaget.
So gleich gerieth mein Geiſt fuͤr Freuden auſſer ſich.
Mein Engel! Ach wie hoch, wie hoch erfreutſt Du mich!
Wie lichte loderten die bruͤnſtig-keuſchen Flammen,
Wie ſchmeltzten ſie bey uns die Hertzen ſelbſt zuſammen!
Wir liebten uns; doch wie? Nur bloß um uns allein,
Entfernt von Eitelkeit, bey der man insgemein
Die Hertzen mehr verkaufft, als tugendhafft vertauſchet,
Biß mit der Hand voll Wind die Liebe ſelbſt verrauſchet.
Was fandeſt Du um mich, das Deiner wuͤrdig war?
Nichts, als ein gutes Hertz, mein Reichthum gantz und gar;
Und dennoch konnte das die Gunſt zu mir belohnen,
Und dennoch galt Dir dis weit uͤber Millionen.
Was fandeſt Du/ Mein Licht, doch ſonſt fuͤr Gluͤck bey mir?
Nichts, als die zaͤrtlichſte, die bruͤnſtigſte Begier,
Dir ſtets gefaͤlliger, Dir mehr beliebt zu werden;
Und dennoch hieß ich ſtets Dein liebſtes Gluͤck auf Erden.
Mein Seidel, war Dein Wort: Du kennſt mein Hertz noch nicht,
Und was es Dir verheißt, und ſich von Dir verſpricht.
Jch liebe Dich, wie mich, und, daß ich nichts verhoͤhle,
Jch bin mit Dir ein Hertz; ein Hertz und eine Seele.
Zudem, was fehlt denn wohl an meinem Liebes-Loos?
Dem Braͤutigam im Arm; den Eltern auf dem Schooß!
Jſt das nicht ſchoͤn genug? Wie will der Wunſch verderben?
So lebt ſichs angenehm, ſo laͤßt ſichs ſuͤſſe ſterben!
O ſterben! fiel ich ein: dis muß nach mir geſchehn.
Die Vorſicht laſſe mich Dein Scheiden ja nicht ſehn;
Wohl
(b) Und zwar den 3 Mertz des itzigen 1733 Jahres.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsEpicedia" n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0008" n="[8]"/>
          <l>Hier &#x017F;chien auch meine Bru&#x017F;t mit ihrem Wun&#x017F;ch erho&#x0364;rt.</l><lb/>
          <l>Mein Ab&#x017F;ehn &#x017F;chien erfu&#x0364;llt, der Zweiffel ward ge&#x017F;to&#x0364;hrt,</l><lb/>
          <l>Und niemand konnte leicht was tadelhafftes le&#x017F;en;</l><lb/>
          <l>Es wa&#x0364;re denn der Neid, des Glu&#x0364;ckes Alp, gewe&#x017F;en.</l><lb/>
          <l>Ein Wo&#x0364;rtgen machte mich von allem Kummer qvitt.</l><lb/>
          <l>Die <hi rendition="#fr">Eltern</hi> &#x017F;agten Ja! und <hi rendition="#fr">Theodore</hi> mit, <note place="foot" n="(b)">Und zwar den 3 Mertz des itzigen 1733 Jahres.</note></l><lb/>
          <l>Und <hi rendition="#fr">Theodore</hi> &#x017F;prach, von Lieb und Treu befraget,</l><lb/>
          <l>Was itzt mein Mund erkla&#x0364;rt, hat auch das Hertz ge&#x017F;aget.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>So gleich gerieth mein Gei&#x017F;t fu&#x0364;r Freuden au&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ich.</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">Mein Engel!</hi> Ach wie hoch, wie hoch erfreut&#x017F;t Du mich!</l><lb/>
          <l>Wie lichte loderten die bru&#x0364;n&#x017F;tig-keu&#x017F;chen Flammen,</l><lb/>
          <l>Wie &#x017F;chmeltzten &#x017F;ie bey uns die Hertzen &#x017F;elb&#x017F;t zu&#x017F;ammen!</l><lb/>
          <l>Wir liebten uns; doch wie? Nur bloß um uns allein,</l><lb/>
          <l>Entfernt von Eitelkeit, bey der man insgemein</l><lb/>
          <l>Die Hertzen mehr verkaufft, als tugendhafft vertau&#x017F;chet,</l><lb/>
          <l>Biß mit der Hand voll Wind die Liebe &#x017F;elb&#x017F;t verrau&#x017F;chet.</l><lb/>
          <l>Was fande&#x017F;t Du um mich, das Deiner wu&#x0364;rdig war?</l><lb/>
          <l>Nichts, als ein gutes Hertz, mein Reichthum gantz und gar;</l><lb/>
          <l>Und dennoch konnte das die Gun&#x017F;t zu mir belohnen,</l><lb/>
          <l>Und dennoch galt Dir dis weit u&#x0364;ber Millionen.</l><lb/>
          <l>Was fande&#x017F;t Du/ Mein <hi rendition="#fr">Licht,</hi> doch &#x017F;on&#x017F;t fu&#x0364;r Glu&#x0364;ck bey mir?</l><lb/>
          <l>Nichts, als die za&#x0364;rtlich&#x017F;te, die bru&#x0364;n&#x017F;tig&#x017F;te Begier,</l><lb/>
          <l>Dir &#x017F;tets gefa&#x0364;lliger, Dir mehr beliebt zu werden;</l><lb/>
          <l>Und dennoch hieß ich &#x017F;tets Dein lieb&#x017F;tes Glu&#x0364;ck auf Erden.</l><lb/>
          <l>Mein Seidel, war Dein Wort: Du kenn&#x017F;t mein Hertz noch nicht,</l><lb/>
          <l>Und was es Dir verheißt, und &#x017F;ich von Dir ver&#x017F;pricht.</l><lb/>
          <l>Jch liebe Dich, wie mich, und, daß ich nichts verho&#x0364;hle,</l><lb/>
          <l>Jch bin mit Dir ein Hertz; ein Hertz und eine Seele.</l><lb/>
          <l>Zudem, was fehlt denn wohl an meinem Liebes-Loos?</l><lb/>
          <l>Dem Bra&#x0364;utigam im Arm; den Eltern auf dem Schooß!</l><lb/>
          <l>J&#x017F;t das nicht &#x017F;cho&#x0364;n genug? Wie will der Wun&#x017F;ch verderben?</l><lb/>
          <l>So lebt &#x017F;ichs angenehm, &#x017F;o la&#x0364;ßt &#x017F;ichs &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;terben!</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>O &#x017F;terben! fiel ich ein: dis muß nach mir ge&#x017F;chehn.</l><lb/>
          <l>Die Vor&#x017F;icht la&#x017F;&#x017F;e mich Dein Scheiden ja nicht &#x017F;ehn;</l><lb/>
          <fw type="catch" place="bottom">Wohl</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[8]/0008] Hier ſchien auch meine Bruſt mit ihrem Wunſch erhoͤrt. Mein Abſehn ſchien erfuͤllt, der Zweiffel ward geſtoͤhrt, Und niemand konnte leicht was tadelhafftes leſen; Es waͤre denn der Neid, des Gluͤckes Alp, geweſen. Ein Woͤrtgen machte mich von allem Kummer qvitt. Die Eltern ſagten Ja! und Theodore mit, (b) Und Theodore ſprach, von Lieb und Treu befraget, Was itzt mein Mund erklaͤrt, hat auch das Hertz geſaget. So gleich gerieth mein Geiſt fuͤr Freuden auſſer ſich. Mein Engel! Ach wie hoch, wie hoch erfreutſt Du mich! Wie lichte loderten die bruͤnſtig-keuſchen Flammen, Wie ſchmeltzten ſie bey uns die Hertzen ſelbſt zuſammen! Wir liebten uns; doch wie? Nur bloß um uns allein, Entfernt von Eitelkeit, bey der man insgemein Die Hertzen mehr verkaufft, als tugendhafft vertauſchet, Biß mit der Hand voll Wind die Liebe ſelbſt verrauſchet. Was fandeſt Du um mich, das Deiner wuͤrdig war? Nichts, als ein gutes Hertz, mein Reichthum gantz und gar; Und dennoch konnte das die Gunſt zu mir belohnen, Und dennoch galt Dir dis weit uͤber Millionen. Was fandeſt Du/ Mein Licht, doch ſonſt fuͤr Gluͤck bey mir? Nichts, als die zaͤrtlichſte, die bruͤnſtigſte Begier, Dir ſtets gefaͤlliger, Dir mehr beliebt zu werden; Und dennoch hieß ich ſtets Dein liebſtes Gluͤck auf Erden. Mein Seidel, war Dein Wort: Du kennſt mein Hertz noch nicht, Und was es Dir verheißt, und ſich von Dir verſpricht. Jch liebe Dich, wie mich, und, daß ich nichts verhoͤhle, Jch bin mit Dir ein Hertz; ein Hertz und eine Seele. Zudem, was fehlt denn wohl an meinem Liebes-Loos? Dem Braͤutigam im Arm; den Eltern auf dem Schooß! Jſt das nicht ſchoͤn genug? Wie will der Wunſch verderben? So lebt ſichs angenehm, ſo laͤßt ſichs ſuͤſſe ſterben! O ſterben! fiel ich ein: dis muß nach mir geſchehn. Die Vorſicht laſſe mich Dein Scheiden ja nicht ſehn; Wohl (b) Und zwar den 3 Mertz des itzigen 1733 Jahres.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/542452
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/542452/8
Zitationshilfe: Seidel, Samuel: Schlaf wohl!. 2. Aufl. Lauban, 1733, S. [8]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/542452/8>, abgerufen am 24.11.2024.