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Böttner, Konrad: I. N. J. Der Nach Gottes Willen seelig entschlaffenen Gott und Tugend ergebenen Jungfer. Lauban, [1733].

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Zärtliche Sammt-Christen erschrecken, wenn man trübe Wolcken
an dem Kirchen-Himmel gewahr wird. Religion, sagen sie, hin Re-
ligion her, spricht man schwartz, ich spreche kohl-schwartz, ehe ich mich
ädern und rädern lasse. Die Treue steckt nicht von Natur in uns, nach
der Treue muß man ringen, die Treue ist da nicht, wo man sich nicht
selber absaget. Es hat Kälber zu Dan und Bethel. Der klügste kan
sich vergaffen an dem, wodurch man um die Gemeinschafft mit Christo
gebracht wird. Sich halten zu Christo kostete Stephanum das Leben.
Stephanus behertzigte, Christus bedeute mehr als das Leben bedeutet.
Er wanckte nicht, es mochte aussehen wie es wolte. Das war getreu
biß in den Tod.

Jung gefreyt, hat niemanden gereut. Die Seelige hätte jung
gefreyt, wäre Jhr dazu von GOTT Frist gelassen worden. An statt
dessen hat Sie jung sterben müssen. Der solte das Leben am ersten ver-
lieren, der es am längsten genossen hat. Solche Schlüsse sind Schlüs-
se der Vernunfft: nach der Regel aber schaltet und waltet GOTT
nicht. Wil er, daß du verwechseln solst das vergängliche mit dem un-
vergänglichen, er haut zu mit der Axt des Todes, die Jugend ist es
nicht, die er sich hindern läßt. Jn das schickte sich unsere Seelige vor-
trefflich, als derer beständige Losung war: Wie GOTT wil, ist mein
Ziel.
Soll ich sterben, da bin ich, genung ich sterbe Christo, dem dem
getreu biß in den Tod. Es war in Jhr ein grosses Licht, es war in
Jhr gründliche Erkenntniß. Sie wußte, es wäre nur eine Leiter, an
der man empor klettero, nur eine Thüre, durch welche man gehe zum
Anschauen GOttes, Christus; zu dem hielte Sie sich demnach mit be-
harrlicher Treue.

Jch habe schon gesagt, sich zu Christo halten ist nöthig dem, der
nicht wil in den Pfuhl der Finsterniß. Wer zugegen ist, der prüfe sich
doch, ob er sich hält zu dem, dem er in der Tauffe gehuldiget hat.
Pfützen des ungöttlichen Wesens, zu denen hältst du dich, in die wagst
du dich, ist dir nicht bange? Du reitzest GOtt zum Zorne, wird der
Zorn ergrimmen, er wird dich auffressen. Du lässest dir das Abend-
mahl reichen; es ist, ob wäre in dir Aechzen und Lechzen nach Christo.
Bald ist es, ob wärest du ihm gram worden, wie jener Philister sag-
te zu Simson von dem Weibe, das er gehabt hatte, und mit dem man

ihm

Zaͤrtliche Sammt-Chriſten erſchrecken, wenn man truͤbe Wolcken
an dem Kirchen-Himmel gewahr wird. Religion, ſagen ſie, hin Re-
ligion her, ſpricht man ſchwartz, ich ſpreche kohl-ſchwartz, ehe ich mich
aͤdern und raͤdern laſſe. Die Treue ſteckt nicht von Natur in uns, nach
der Treue muß man ringen, die Treue iſt da nicht, wo man ſich nicht
ſelber abſaget. Es hat Kaͤlber zu Dan und Bethel. Der kluͤgſte kan
ſich vergaffen an dem, wodurch man um die Gemeinſchafft mit Chriſto
gebracht wird. Sich halten zu Chriſto koſtete Stephanum das Leben.
Stephanus behertzigte, Chriſtus bedeute mehr als das Leben bedeutet.
Er wanckte nicht, es mochte ausſehen wie es wolte. Das war getreu
biß in den Tod.

Jung gefreyt, hat niemanden gereut. Die Seelige haͤtte jung
gefreyt, waͤre Jhr dazu von GOTT Friſt gelaſſen worden. An ſtatt
deſſen hat Sie jung ſterben muͤſſen. Der ſolte das Leben am erſten ver-
lieren, der es am laͤngſten genoſſen hat. Solche Schluͤſſe ſind Schluͤſ-
ſe der Vernunfft: nach der Regel aber ſchaltet und waltet GOTT
nicht. Wil er, daß du verwechſeln ſolſt das vergaͤngliche mit dem un-
vergaͤnglichen, er haut zu mit der Axt des Todes, die Jugend iſt es
nicht, die er ſich hindern laͤßt. Jn das ſchickte ſich unſere Seelige vor-
trefflich, als derer beſtaͤndige Loſung war: Wie GOTT wil, iſt mein
Ziel.
Soll ich ſterben, da bin ich, genung ich ſterbe Chriſto, dem dem
getreu biß in den Tod. Es war in Jhr ein groſſes Licht, es war in
Jhr gruͤndliche Erkenntniß. Sie wußte, es waͤre nur eine Leiter, an
der man empor klettero, nur eine Thuͤre, durch welche man gehe zum
Anſchauen GOttes, Chriſtus; zu dem hielte Sie ſich demnach mit be-
harrlicher Treue.

Jch habe ſchon geſagt, ſich zu Chriſto halten iſt noͤthig dem, der
nicht wil in den Pfuhl der Finſterniß. Wer zugegen iſt, der pruͤfe ſich
doch, ob er ſich haͤlt zu dem, dem er in der Tauffe gehuldiget hat.
Pfuͤtzen des ungoͤttlichen Weſens, zu denen haͤltſt du dich, in die wagſt
du dich, iſt dir nicht bange? Du reitzeſt GOtt zum Zorne, wird der
Zorn ergrimmen, er wird dich auffreſſen. Du laͤſſeſt dir das Abend-
mahl reichen; es iſt, ob waͤre in dir Aechzen und Lechzen nach Chriſto.
Bald iſt es, ob waͤreſt du ihm gram worden, wie jener Philiſter ſag-
te zu Simſon von dem Weibe, das er gehabt hatte, und mit dem man

ihm
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[10/0010] Zaͤrtliche Sammt-Chriſten erſchrecken, wenn man truͤbe Wolcken an dem Kirchen-Himmel gewahr wird. Religion, ſagen ſie, hin Re- ligion her, ſpricht man ſchwartz, ich ſpreche kohl-ſchwartz, ehe ich mich aͤdern und raͤdern laſſe. Die Treue ſteckt nicht von Natur in uns, nach der Treue muß man ringen, die Treue iſt da nicht, wo man ſich nicht ſelber abſaget. Es hat Kaͤlber zu Dan und Bethel. Der kluͤgſte kan ſich vergaffen an dem, wodurch man um die Gemeinſchafft mit Chriſto gebracht wird. Sich halten zu Chriſto koſtete Stephanum das Leben. Stephanus behertzigte, Chriſtus bedeute mehr als das Leben bedeutet. Er wanckte nicht, es mochte ausſehen wie es wolte. Das war getreu biß in den Tod. Jung gefreyt, hat niemanden gereut. Die Seelige haͤtte jung gefreyt, waͤre Jhr dazu von GOTT Friſt gelaſſen worden. An ſtatt deſſen hat Sie jung ſterben muͤſſen. Der ſolte das Leben am erſten ver- lieren, der es am laͤngſten genoſſen hat. Solche Schluͤſſe ſind Schluͤſ- ſe der Vernunfft: nach der Regel aber ſchaltet und waltet GOTT nicht. Wil er, daß du verwechſeln ſolſt das vergaͤngliche mit dem un- vergaͤnglichen, er haut zu mit der Axt des Todes, die Jugend iſt es nicht, die er ſich hindern laͤßt. Jn das ſchickte ſich unſere Seelige vor- trefflich, als derer beſtaͤndige Loſung war: Wie GOTT wil, iſt mein Ziel. Soll ich ſterben, da bin ich, genung ich ſterbe Chriſto, dem dem getreu biß in den Tod. Es war in Jhr ein groſſes Licht, es war in Jhr gruͤndliche Erkenntniß. Sie wußte, es waͤre nur eine Leiter, an der man empor klettero, nur eine Thuͤre, durch welche man gehe zum Anſchauen GOttes, Chriſtus; zu dem hielte Sie ſich demnach mit be- harrlicher Treue. Jch habe ſchon geſagt, ſich zu Chriſto halten iſt noͤthig dem, der nicht wil in den Pfuhl der Finſterniß. Wer zugegen iſt, der pruͤfe ſich doch, ob er ſich haͤlt zu dem, dem er in der Tauffe gehuldiget hat. Pfuͤtzen des ungoͤttlichen Weſens, zu denen haͤltſt du dich, in die wagſt du dich, iſt dir nicht bange? Du reitzeſt GOtt zum Zorne, wird der Zorn ergrimmen, er wird dich auffreſſen. Du laͤſſeſt dir das Abend- mahl reichen; es iſt, ob waͤre in dir Aechzen und Lechzen nach Chriſto. Bald iſt es, ob waͤreſt du ihm gram worden, wie jener Philiſter ſag- te zu Simſon von dem Weibe, das er gehabt hatte, und mit dem man ihm

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Zitationshilfe: Böttner, Konrad: I. N. J. Der Nach Gottes Willen seelig entschlaffenen Gott und Tugend ergebenen Jungfer. Lauban, [1733], S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/542451/10>, abgerufen am 24.11.2024.