Schubert, Paul: Mortui resurgentes & cantantes. Görlitz, 1616.Christliche Leichpredigt/ pheten Ezech. cap. 24. ein vernünfftig Weib nennet/ entrathenmuste/ vnd als ein einsames Turteltäublein dem andern stets nachgirren vnd nachseufftzen muß: Vnd ist diß hertzleid so groß Basilius.vnd schmertzlich/ das es auch der alte Lehrer Basilius dikhotomian/ vnd eine solche spaltung nennet/ da einem gleich das Hertz im Leibe in zwey stück zerrissen oder zerspalten wird: Dannher auch zu Latein die Widwer vnd Widwen Vidui, Viduae, quasi divisi, divisae heissen: Das sie als nemlich durch den zeitlichen todt von einander müssen gerissen vnd zurtrennet sein: Vnd thut diß hertzleid fromen Gottseligen Leuten offt so wehe: Das es wol Herodotus lib. 3.heisset/ wie dort Psammenitus der gefangene vnd trawrige König in Egyptenlandt sagte: Domestica mala majora sunt lachrimis: Das man offte auch eines nicht weinen oder jrgend einen Zähren lassen kan/ Wie Hieronymus von einer frommen Gottseligen Matron zeuget/ welche er Melaneam nennet/ die verlohr auff einen Tag jren hertzlieben Eheherren/ sampt zwei- en Söhnen/ noch hat sie keinen Thränen lassen oder weinen können: Denn dolores minores loqvuntur, sed majores stupent: Vnd bleibet offt ein solch schmertz im hertzen stecken/ vnd kan nicht herauß: Wenn aber die Natur einen durchschlag durch die Augen macht/ das man weinen vnd thränen lassen kan/ so heisset es denn: Expletur lachrimis egeritur dolor: Vnd dün- cken solche Leute offte nicht anders: Denn sie wolten jhr hertz im leibe gar außschütten/ vnd sich gantz zu tode weinen. Zwar was leichtsinnige hertzen sind/ die achten offte den temal
Chriſtliche Leichpredigt/ pheten Ezech. cap. 24. ein vernuͤnfftig Weib nennet/ entrathenmuſte/ vnd als ein einſames Turteltaͤublein dem andern ſtets nachgirren vnd nachſeufftzen muß: Vñ iſt diß hertzleid ſo groß Baſilius.vnd ſchmertzlich/ das es auch der alte Lehrer Baſilius διχοτομίαν/ vnd eine ſolche ſpaltung nennet/ da einem gleich das Hertz im Leibe in zwey ſtuͤck zerriſſen oder zerſpalten wird: Dañher auch zu Latein die Widwer vnd Widwen Vidui, Viduæ, quaſi diviſi, diviſæ heiſſen: Das ſie als nemlich durch den zeitlichen todt von einander muͤſſen geriſſen vñ zurtrennet ſein: Vnd thut diß hertzleid fromen Gottſeligen Leuten offt ſo wehe: Das es wol Herodotus lib. 3.heiſſet/ wie dort Pſammenitus der gefangene vnd trawrige Koͤnig in Egyptenlandt ſagte: Domeſtica mala majora ſunt lachrimis: Das man offte auch eines nicht weinen oder jrgend einen Zaͤhren laſſen kan/ Wie Hieronymus von einer frommen Gottſeligen Matron zeuget/ welche er Melaneam nennet/ die verlohr auff einen Tag jren hertzlieben Eheherren/ ſampt zwei- en Soͤhnen/ noch hat ſie keinen Thraͤnen laſſen oder weinen koͤnnen: Denn dolores minores loqvũtur, ſed majores ſtupent: Vnd bleibet offt ein ſolch ſchmertz im hertzen ſtecken/ vnd kan nicht herauß: Wenn aber die Natur einen durchſchlag durch die Augen macht/ das man weinen vnd thraͤnen laſſen kan/ ſo heiſſet es denn: Expletur lachrimis egeriturꝙ́ dolor: Vnd duͤn- cken ſolche Leute offte nicht anders: Denn ſie wolten jhr hertz im leibe gar außſchuͤtten/ vnd ſich gantz zu tode weinen. Zwar was leichtſinnige hertzen ſind/ die achten offte den temal
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Chriſtliche Leichpredigt/
pheten Ezech. cap. 24. ein vernuͤnfftig Weib nennet/ entrathen
muſte/ vnd als ein einſames Turteltaͤublein dem andern ſtets
nachgirren vnd nachſeufftzen muß: Vñ iſt diß hertzleid ſo groß
vnd ſchmertzlich/ das es auch der alte Lehrer Baſilius διχοτομίαν/
vnd eine ſolche ſpaltung nennet/ da einem gleich das Hertz im
Leibe in zwey ſtuͤck zerriſſen oder zerſpalten wird: Dañher auch
zu Latein die Widwer vnd Widwen Vidui, Viduæ, quaſi diviſi,
diviſæ heiſſen: Das ſie als nemlich durch den zeitlichen todt
von einander muͤſſen geriſſen vñ zurtrennet ſein: Vnd thut diß
hertzleid fromen Gottſeligen Leuten offt ſo wehe: Das es wol
heiſſet/ wie dort Pſammenitus der gefangene vnd trawrige
Koͤnig in Egyptenlandt ſagte: Domeſtica mala majora ſunt
lachrimis: Das man offte auch eines nicht weinen oder jrgend
einen Zaͤhren laſſen kan/ Wie Hieronymus von einer frommen
Gottſeligen Matron zeuget/ welche er Melaneam nennet/ die
verlohr auff einen Tag jren hertzlieben Eheherren/ ſampt zwei-
en Soͤhnen/ noch hat ſie keinen Thraͤnen laſſen oder weinen
koͤnnen: Denn dolores minores loqvũtur, ſed majores ſtupent:
Vnd bleibet offt ein ſolch ſchmertz im hertzen ſtecken/ vnd kan
nicht herauß: Wenn aber die Natur einen durchſchlag durch
die Augen macht/ das man weinen vnd thraͤnen laſſen kan/ ſo
heiſſet es denn: Expletur lachrimis egeriturꝙ́ dolor: Vnd duͤn-
cken ſolche Leute offte nicht anders: Denn ſie wolten jhr hertz
im leibe gar außſchuͤtten/ vnd ſich gantz zu tode weinen.
Baſilius.
Herodotus lib. 3.
Zwar was leichtſinnige hertzen ſind/ die achten offte den
toͤdlichen Abgang jhrer Ehegatten nicht hoch: Vnd iſt jhnen
nicht anders/ als wenn jhnen ein Rindt im Stalle vmbgefallen
were: Aber wer es recht zu hertzen nimbt/ vnd verſtehet/ was
an einem trewen vnd liebreichen Ehegatten gelegen/ vnd was
vor eine herrliche vnd vortreffliche gabe Gottes ein from vnd
vernuͤnfftig Weib ſey/ der leſt es jhm gewiß auch zu hertzen ge-
hen: Vnd kan es ohne beſondere ſchmertz vnd hertzleidt nicht
vergeſſen. Denn wer kan vnd wil doch ſagen: Wie an einem
oder dem andern ortt eine andere Ehe gerathen moͤchte: Sin-
temal
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Zitationshilfe: | Schubert, Paul: Mortui resurgentes & cantantes. Görlitz, 1616, S. [20]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/524575/20>, abgerufen am 06.07.2024. |