Arnold, Johannes: Die Bittere Klage über den Erschlagenen in meinem Volck. Pirna, 1713.über den Erschlagenen in meinem Volck. ordentliche und eheliche Liebe/ als den höchsten Grad derselben/ zum Vor-aus/ und lasse sie ordentlicher Weise in seinem Werth/ liebe aber dennoch Jonathan extraordinarie, oder ausserordentlicher Weise/ weit mehr/ als ein Bräutigam seine Braut/ ein Ehemann sein Weib/ eine Mutter ihr Kind/ und habe eine gantz sonder- und wunderbare Liebe gegen ihn gehabt/ welche aber nicht allein aus Trieb der Natur/ sondern durch wunderbare Wür- ckung GOttes des werthen Heil. Geistes herkomme. Wollen solche Mey- nung aus dem Grund-Texte/ und sonderlich aus dem Wörtlein [cwishootwaakahtwaaswataastaaswaatwoo] admirabilis fuit, es ist wunderbar gewesen/ erwiesen; denn dieses Wort/ sagen sie/ bedeute aliqvid altum & absconditum, ita, ut nec viribus hu- manis perfici, nec ratione penetrari possit, & propterea admiratione dignum; das ist etwas Hohes und Verborgenes/ welches weder durch menschliche Kräffte könne verrichtet/ noch mit der Vernunfft verstanden werden/ und sey dahero eine Wunderns-würdige Sache. (vid Sebastian. Schmid. Comment. h. l. Leigh. Critic. Sacr. sub voce [kahswatwaastwaa][] p. m. 320.) Und diese sonder- und wunderbare Liebe bewog David zur bittern Klage über seinen Freund Jonathan. Und was meynet ihr wohl/ lieben Zuhörer/ was die Ursachen seyn/ die a) Unsere auffrichtige und liebreiche Liebe und Freundschafft b) Der aus seinem plötzlichen Todte erstandene grosser Schaden. a) Ach! er war auch unser Bruder/ an dem wir viel Freude und Won- b) Zu welcher auffrichtigen Liebe noch kommt der grosse Schaden/ den wie D
uͤber den Erſchlagenen in meinem Volck. ordentliche und eheliche Liebe/ als den hoͤchſten Grad derſelben/ zum Vor-aus/ und laſſe ſie ordentlicher Weiſe in ſeinem Werth/ liebe aber dennoch Jonathan extraordinariè, oder auſſerordentlicher Weiſe/ weit mehr/ als ein Braͤutigam ſeine Braut/ ein Ehemann ſein Weib/ eine Mutter ihr Kind/ und habe eine gantz ſonder- und wunderbare Liebe gegen ihn gehabt/ welche aber nicht allein aus Trieb der Natur/ ſondern durch wunderbare Wuͤr- ckung GOttes des werthen Heil. Geiſtes herkomme. Wollen ſolche Mey- nung aus dem Grund-Texte/ und ſonderlich aus dem Woͤrtlein [ᒕᔔᑤᒈᑣᔀᑖᔈᑖᔄᑠ] admirabilis fuit, es iſt wunderbar geweſen/ erwieſen; denn dieſes Wort/ ſagen ſie/ bedeute aliqvid altum & abſconditum, ita, ut nec viribus hu- manis perfici, nec ratione penetrari poſſit, & propterea admiratione dignum; das iſt etwas Hohes und Verborgenes/ welches weder durch menſchliche Kraͤffte koͤnne verrichtet/ noch mit der Vernunfft verſtanden werden/ und ſey dahero eine Wunderns-wuͤrdige Sache. (vid Sebaſtian. Schmid. Comment. h. l. Leigh. Critic. Sacr. ſub voce [ᒈᔀᑤᔈᑤ][] p. m. 320.) Und dieſe ſonder- und wunderbare Liebe bewog David zur bittern Klage uͤber ſeinen Freund Jonathan. Und was meynet ihr wohl/ lieben Zuhoͤrer/ was die Urſachen ſeyn/ die α) Unſere auffrichtige und liebreiche Liebe und Freundſchafft β) Der aus ſeinem ploͤtzlichen Todte erſtandene groſſer Schaden. α) Ach! er war auch unſer Bruder/ an dem wir viel Freude und Won- β) Zu welcher auffrichtigen Liebe noch kommt der groſſe Schaden/ den wie D
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uͤber den Erſchlagenen in meinem Volck.
ordentliche und eheliche Liebe/ als den hoͤchſten Grad derſelben/ zum Vor-
aus/ und laſſe ſie ordentlicher Weiſe in ſeinem Werth/ liebe aber dennoch
Jonathan extraordinariè, oder auſſerordentlicher Weiſe/ weit mehr/ als ein
Braͤutigam ſeine Braut/ ein Ehemann ſein Weib/ eine Mutter ihr Kind/
und habe eine gantz ſonder- und wunderbare Liebe gegen ihn gehabt/ welche
aber nicht allein aus Trieb der Natur/ ſondern durch wunderbare Wuͤr-
ckung GOttes des werthen Heil. Geiſtes herkomme. Wollen ſolche Mey-
nung aus dem Grund-Texte/ und ſonderlich aus dem Woͤrtlein ᒕᔔᑤᒈᑣᔀᑖᔈᑖᔄᑠ
admirabilis fuit, es iſt wunderbar geweſen/ erwieſen; denn dieſes Wort/
ſagen ſie/ bedeute aliqvid altum & abſconditum, ita, ut nec viribus hu-
manis perfici, nec ratione penetrari poſſit, & propterea admiratione
dignum; das iſt etwas Hohes und Verborgenes/ welches weder durch
menſchliche Kraͤffte koͤnne verrichtet/ noch mit der Vernunfft verſtanden
werden/ und ſey dahero eine Wunderns-wuͤrdige Sache. (vid Sebaſtian.
Schmid. Comment. h. l. Leigh. Critic. Sacr. ſub voce ᒈᔀᑤᔈᑤ p. m. 320.)
Und dieſe ſonder- und wunderbare Liebe bewog David zur bittern Klage
uͤber ſeinen Freund Jonathan.
Und was meynet ihr wohl/ lieben Zuhoͤrer/ was die Urſachen ſeyn/ die
uns zu unſer bittern Klage uͤber den Erſchlagenen in meinem Volck bewe-
gen? Nichts anders/ als
α) Unſere auffrichtige und liebreiche Liebe und Freundſchafft
gegen denſelben/ und
β) Der aus ſeinem ploͤtzlichen Todte erſtandene groſſer Schaden.
α) Ach! er war auch unſer Bruder/ an dem wir viel Freude und Won-
ne hatten. Er war ein treuer Ehe-Gatte/ der ſein Weib liebete/ als ſich
ſelbſten; und von ihr hertzlich geliebet wurde; Ein liebreicher Vater/ der
die Seinigen ſonderbar liebte/ und ſie ehrlich zu verſorgen trachtete; auch
von ihnen kindlich verehret wurde; Ein Sohn/ an dem ſeine Schwieger-
Eltern einen Troſt im Alter hatten/ und an ſtatt des Steckens und Sta-
bes/ deſſen ſie ſich troͤſten wolten/ zu gebrauchen dachten; Ein treuer Jo-
nathan ſeinen Bruͤdern/ Freunden und Anverwandten/ denen ſeine Liebe
gantz ſonderbar war. Weshalben auch bey allen eine deſto bittere Klage
uͤber deſſen Verluſt angeſtellet wird/ je lieber wir ihn gehabt/ und auff-
richtiger gemeynet.
β) Zu welcher auffrichtigen Liebe noch kommt der groſſe Schaden/ den
wir alle durch ſeinen ploͤtzlichen Todt erlitten; denn die betruͤbte Wittwe
hat ihre Roſe/ die Sonne ihres Hauſes/ und ihren treuen Hirten/ der ſie
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Zitationshilfe: | Arnold, Johannes: Die Bittere Klage über den Erschlagenen in meinem Volck. Pirna, 1713, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/392439/25>, abgerufen am 27.07.2024. |